Arfeld. . Tobias Beitzel (21) aus Arfeld nimmt an Poetry Slams im ganzen Land teil. Oft hat er eine politische Botschaft in seinen Texten.

Er schreibt über soziale Ungerechtigkeit, Rassismus im Alltag, das Kneipensterben. Oft sind es politische Themen. Themen, die ihn berühren. Zu denen er Stellung nehmen möchte. „Es sind Dinge, die mich persönlich aufregen. Sonst könnte ich sie nicht so auf die Bühne bringen“, erklärt Tobias Beitzel. Der 21-Jährige aus Arfeld absolviert derzeit ein Duales Studium, studiert dafür an der Universität Mannheim „Internationales Business Management“ und arbeitet abwechselnd bei dem Raumländer Unternehmen Bikar Metalle. Tobias ist aber auch ein Slam-Poet; ein Wortakrobat, der seine selbst geschriebenen Geschichten auf der Bühne präsentiert. „Mal ernst, mal komisch, mal kritisch, aber immer von Herzen“, sagt Tobias von sich selbst.

Der Anfang

Das erste Mal Poetry Slam war für Tobias auch gleichzeitig der erste Auftritt als Künstler. „Davor hatte ich mir einige Youtube-Videos von Slammern angeschaut, zum Beispiel von Lars Ruppel“, erzählt Tobias. Er schaute sich ab, wie man das Publikum am besten anspricht, wie man Überraschungseffekte erzeugt und wie alltägliche Themen in spannende Worte gefasst werden können.

Tobias verfasst seinen ersten Text – „Er weiß, dass es nichts bringen würde“ – noch in Prosa. Beim U20-„Wortwächter Slam“ in Gummersbach stellt er den Text vor, sein Blick ist noch sehr fixiert auf den Zettel in seiner Hand. Er zittert leicht. „Ich war ziemlich aufgeregt damals“, gesteht Tobias. Aufgeregt sei er heute noch. Nur mit jedem Auftritt wächst auch die Routine, mit jeder Publikumsbegegnung wächst das Selbstvertrauen weiter.

Die Motivation

„Ich bin jemand, der nicht gut die Klappe halten kann – und auf der Bühne hört mir sogar jemand zu“, sagt Tobias. Schon als Kind in der Schule hat er die Anderen gerne unterhalten, sie zum Lachen gebracht. Diesem Talent gibt er mit seinen Slam-Auftritten jetzt eine Bühne. Aber mehr noch: Er hat etwas zu sagen. „Ich finde überhaupt nicht, dass junge Menschen heutzutage unpolitisch sind“, sagt Tobias. Sie nutzen nur andere Kanäle – wie zum Beispiel die Kunst. Als sich zur Bundestagswahl 2017 mehrere Politiker parteiübergreifend mit dem Slogan „Leistung muss sich wieder lohnen“ brüsten, bringt das Tobias zum Nachdenken. Was versteht ein demokratischer Staat überhaupt unter Leistung? „Meine Bruder arbeitet zum Beispiel als Kinderkrankenpfleger und leistet sehr viel in der medizinischen Versorgung. Aber: Er wird nie Profit generieren. Ist es deswegen fair, ihn schlechter zu bezahlen?“

Tobias bringt seine Gedanken auf Papier und später auf die Bühne – unter dem Titel „Leistung muss sich wieder lohnen“.

Das Publikum

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Eine Faustformel für erfolgreiche Slam-Texte gibt es nicht. „Es kommt immer auf das Publikum und dessen Alltagsrealität an“, meint Tobias. Ein kritischer Blick auf die Leistungsgesellschaft löse zum Beispiel bei Vertretern der Wirtschaft nicht unbedingt jubelnden Beifall aus. Es komme auch vor, dass Tobias zwei Texte für einen Slam-Abend vorbereite, die vor ihm auftretenden Künstler aber schon ein ähnliches Thema aufgegriffen haben. „Dann wechsel ich auch noch mal spontan.“ Aktuell habe er acht Texte im Repertoire, die bühnenfertig seien.

Die Unterstützung

Vier bis sechs Mal im Monat steht Tobias auf der Slam-Bühne, fährt dafür zum Teil mehrere hundert Kilometer durch NRW oder Hessen. „Siegen ist aber sowas wie mein Home-Slam geworden“, verrät Tobias. Der Initiator des Siegener Poetry-Slams, Andreas Klein, sei für ihn eine Art Mentor. Er habe ihn regelmäßig Auftritte verschafft und ihn bei anderen Veranstaltern empfohlen. Der Poetry Slam an sich habe sich zwar in Siegen etabliert, allerdings gebe es im gesamten Kreisgebiet so gut wie keine „großen“ Poeten. „Das kommt jetzt erst so ganz langsam“, meint Tobias.

Die Verbundenheit

Natürlich sei es ein tolles Gefühl, vor einem großen Publikum zu stehen. So wie beim Best of Poetry Slam Mitte Januar im Siegener Apollo-Theater vor 600 Menschen. „Wirklich aufgeregt bin ich aber, wenn ich vor 30 Leuten oder weniger auftrete. Da ist eine ganz andere Nähe gegeben“, sagt Tobias. Eine besondere Verbundenheit zwischen Künstler und Publikum. Poetry Slams seien schließlich auch in Kneipen entstanden. Deswegen funktioniere dieses Format auch abseits von Großstädten.

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