Erndtebrück/Netphen. Nach dem Tod eines Fußgängers bei Womelsdorf (Gemeinde Erndtebrück) kündigt der Kreis eine Experten-Runde an. Bauliche Lösungen für mehr Sicherheit sind aber schwierig
- Große Trauer: Kerze zum Gedenken und eine letzte Nachricht von Freunden an der Unfallstelle
- Ordnungsbehörde des Kreises will sich intensiv mit dem Ort des Geschehens auseinandersetzen
- Landesbetrieb Straßen: Geh- und Radweg neben der Fahrbahn würde mehr Sicherheit bringen
Das Entsetzen und die Trauer sind groß. Eine Kerze und eine letzte Nachricht von Freunden – sie sind die einzigen Zeugnisse einer dramatischen Nacht auf der Landstraße 720, wo der 22-jährige Netphener Nils E. gestorben ist. Der junge Mann hat viele Freunde in Wittgenstein. In Bad Berleburg hat er im Juli diesen Jahres sein Fachabitur Technik am Berufskolleg Wittgenstein gemacht. Für seinen Notendurchschnitt von 1,0 erhielt er eine Auszeichnung.
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Am frühen Sonntagmorgen wird er bei einem schweren Verkehrsunfall zwischen Womelsdorf und Birkelbach getötet. Sein Unfall-Tod wirft nun zahlreiche Fragen auf – nicht zuletzt, weil Nils an einer Stelle starb, in deren Nähe es vor sieben Jahren einen fast identischen Unfall gab.
Erste Konsequenzen
Das Unglück vom Wochenende sei auf jeden Fall Fall Anlass für die Unfallkommission, sich intensiv mit dem Unfallort zu beschäftigen, betont Thomas Schneider, Leiter des Ordnungsamtes beim Kreis Siegen-Wittgenstein. Bauliche Veränderungen, die für mehr Sicherheit auf der Landstraße sorgen könnten, seien allerdings schwierig zu realisieren, heißt es beim Landesbetrieb Straßen NRW.
Der Unfall
Der 22-jährige Netphener besucht die Oldie-Night der Zugvögel Wittgenstein in der Birkelbacher Mehrzweckhalle und macht sich am frühen Morgen von dort zu Fuß auf den Weg. Gegen 2.20 Uhr geht er die Landstraße entlang vom Birkelbacher Sportplatz in Richtung Womelsdorf, als ihm das Auto des 34-jährigen Unfallfahrers entgegenkommt. Der Streckenabschnitt, in dem der Unfall passiert, liegt außerhalb der Ortschaft und besteht aus einer engen, unübersichtlichen Kurve ohne Fußgängerweg und ohne Beleuchtung. Es gilt Tempo 50. Zum Unfallzeitpunkt verschlechtert Nieselregen die Sicht.
Der 22-Jährige trägt an diesem Abend eine dunkle Jeans, ein schwarzes T-Shirt und eine schwarze Jacke. Er geht aber auf der richtigen Straßenseite – also dem Verkehr entgegen. Warum er das Auto des 34-jährigen Mannes nicht sieht, wird nicht geklärt werden können.
Die Ersthelfer
Vier junge Frauen aus Wittgenstein sind als erste an der Unfallstelle. Sie kümmern sich um den Verletzten, bis der Rettungswagen aus der wenige hundert Meter entfernten Rettungswache Womelsdorf eintrifft. Trotz sofort eingeleiteter Reanimationsmaßnahmen durch die Ersthelfer stirbt der 22-Jährige an der Unfallstelle. Der Autofahrer erleidet einen Schock. Auch die Ersthelferinnen werden von Notfallseelsorgern betreut.
Festnahme an der Unfallstelle
In der Nacht muss die Polizei an der Unfallstelle eine 31-jährigen Mann aus Wittgenstein wegen Widerstand und Gewalt gegen Polizeibeamte in Gewahrsam nehmen.
Wie die Polizei auf Anfrage mitteilt, war der 31-Jährige stark alkoholisiert. Auf dem Heimweg wollte er zu Fuß an der Unfallstelle auf der L 720 vorbei.
Die Polizei bat den Mann, einen anderen Weg zu nehmen, und erläuterten dem 31-Jährigen, dass sich ein schwerer Unfall ereignet habe. Davon unbeeindruckt versuchte der Betrunkene erneut, die Unfallstelle zu passieren. Als ein Beamter daraufhin einen Platzverweis aussprach, wurde der Mann nicht nur verbal ausfällig, sondern schlug auch nach dem Polizisten.
Der Unfall vor sieben Jahren
Rückblende: Bei einem ganz ähnlichen Verkehrsunfall kurz nach Weihnachten 2010 im weiteren Verlauf der L 720 zwischen Womelsdorf und Erndtebrück wird an einem frühen Sonntagmorgen gegen 3.45 Uhr ein 23-jähriger Fußgänger von einem Taxi angefahren – und lebensgefährlich verletzt.
Bauliche Lösungen
Um auf einer Landstraße wie der von Birkelbach über Womelsdorf nach Erndtebrück mehr Sicherheit für Fußgänger zu erreichen, würden üblicherweise zunächst kombinierte Geh- und Radwege neben der Fahrbahn geprüft, so Eberhard Zimmerschied vom Landesbetrieb Straßen. Allerdings seien diese in der Regel unbeleuchtet – und: Sie „brauchen Platz, den man vor Ort aber oft nicht hat“. Grundsätzlich denkbar ist in solchen Fällen auch eine Verlängerung vorhandener Bürgersteige – wie etwa an der L 553 in Schwarzenau geschehen, um für Schulkinder den Weg zur Haltestelle sicherer zu machen.
Die Landstraße müsste nachweislich oft von Fußgängern genutzt werden, so Zimmerschied, um baulich überhaupt etwas verändern zu können. Der Anstoß dazu müsse von der Kommune kommen, so der Landesbetrieb, in diesem Fall also von der Gemeinde Erndtebrück. Und bis dann Konkretes geplant und gebaut werde, könne es noch Monate dauern. Im Erndtebrücker Rathaus möchte man erst einmal abwarten, zu welchem Ergebnis die Unfallkommission kommt.
Tipp für Fußgänger
Eberhard Zimmerschied vom Landesbetrieb, der auch in der Unfallkommission des Kreises sitzt, rät Fußgängern bei Nacht vor allem zu reflektierender Kleidung, um sich selbst zu schützen.
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