Belecke. . Die dunkelschweren Regenwolken, die gestern über den Infineon-Gebäuden zu kleben schienen, hatten fast schon symbolischen Charakter: Über dem Unternehmen hat sich ein Sturm zusammengebraut.
Grund sind die gescheiterten Verhandlungen mit der IG Metall über eine Weiterführung des Standortsicherungskonzeptes. Mit einem „Ergänzungstarifvertrag“, der 2008 zwischen der Gewerkschaft und Infineon ausgehandelt worden war, wurde eine Investitionssumme von 120 Millionen Euro ausgehandelt. Betriebsbedingte Kündigungen waren nur mit Zustimmung des Betriebsrates möglich. Gleichzeitig verpflichteten sich alle Mitarbeiter zu drei Stunden nichtbezahlter Mehrarbeit pro Woche.
Zukunftsentwicklungsvertrag
Einen ähnlichen Vertrag wollte Infineon im Sommer für weitere fünf Jahre abschließen; nun aber mit einem Investitionsvolumen von 240 Millionen Euro. Das war der IG Metall nicht ausreichend. „Dem Unternehmen geht es ausgezeichnet“, urteilt Wolfgang Werth von der IG Metall, die ihrerseits einen „Zukunftsentwicklungsvertrag“ ausgearbeitet und der Betriebsleitung vorgestellt hat.
Zu konkreten Verhandlungen über dieses Positionspapier ist es nicht mehr gekommen, denn im Herbst hat Infineon seinen Verhandlungsvorschlag drastisch korrigiert: Statt der in Aussicht gestellten 240 Millionen Euro für Investitionen sah der neue Vorschlag „nur“ 120 Millionen Euro vor.
„Wir waren im Sommer sicherlich zu optimistisch“, erklärt Unternehmenssprecher Jörg Malzon-Jessen. Die Rahmenbedingungen und die Entwicklungen auf dem Weltmarkt hätten sich in den letzten Monaten dramatisch verändert. Zur Erinnerung: Seit Oktober sind deutlich über 1000 Infineon-Mitarbeiter in Kurzarbeit.
Mitarbeiter informieren
Heute will Infineon die Mitarbeiter über die Gründe für die Reduzierung der Investitionen und den aktuellen Stand der Verhandlungen mit der IG Metall informieren: „Wir wollen uns direkt gegenüber unseren Mitarbeitern erklären und nicht über die Medien informieren“, bittet Malzon-Jessen um Verständnis für eine gewisse Zurückhaltung. Zu den Vorwürfen der IG Metall sagt er: „Die sind haltlos und einem vernünftigen Ablauf wenig dienlich.“
Für Wolfgang Werth ist entscheidend, „dass das Sonderopfer, welches die Mitarbeiter über vier Jahre in Form von drei Stunden wöchentlicher Mehrarbeit“ gebracht haben, vom Tisch ist. Ohnehin sei es nicht nachvollziehbar, warum ein Unternehmen, das Kurzarbeit beantragt habe, seine Mitarbeiter gleichzeitig zu drei Stunden unbezahlter Mehrarbeit verpflichte: „Eine logische Antwort ist die Betriebsleitung schuldig geblieben.“
Dass durch das (vorläufige) Ende des Standortsicherungskonzeptes nun Entlassungen drohen, glaubt der Gewerkschafter nicht: „Mit solchen Drohungen will man uns nun den schwarzen Peter zuschieben. Wenn man erkennt, dass sich wirtschaftliche Rahmenbedingungen gegenüber der Antragstellung grundlegend geändert haben, sollte eine Betriebsleitung den Mumm haben, den Antrag auf Tarifabweichung zurückzunehmen und nicht die Schuld bei anderen abladen.“
Erste Reaktionen auf die angespannte wirtschaftliche Lage wird es nach Informationen unserer Zeitung allerdings schon in Kürze bei Infineon Bipolar geben: Dort stehen 50 von 380 Arbeitsplätzen zur Disposition.