Warstein / Arnsberg. . An einer Blutvergiftung ist der 52-jährige Warsteiner gestorben, der am 30. November von einem Balkon aus fast sieben Meter Höhe gestürzt war. Vor dem Schwurgericht des Landgerichts Arnsberg wurde am zweiten Verhandlungstag gegen einen 40-jährigen Warsteiner der rechtsmedizinische Gutachter gehört.
An einer Sepsis, also einer Blutvergiftung, ist der 52-jährige Warsteiner gestorben, der am 30. November von einem Balkon aus fast sieben Meter Höhe gestürzt ist und sich dabei lebensgefährliche Verletzungen zugezogen hatte. Vor dem Schwurgericht des Landgerichts Arnsberg wurde am zweiten Verhandlungstag gegen einen 40-jährigen Warsteiner der rechtsmedizinische Gutachter gehört.
Der berichtete, dass er das Opfer am Tag nach der Tat das erste Mal begutachtet habe; dieser habe sich im künstlichen Koma befunden und habe Zeichen „hochenergetischer Gewalteinwirkung“ aufgewiesen: Neben zahlreichen Brüchen an Ober- und Unterschenkeln, Schlüsselbein, Hals- und Brustwirbeln seien „Textilabdruckmuster“ entdeckt worden – der Stoff der Kleidung zeichnete sich durch den starken Aufpralldruck auf der Haut des Opfers ab.
Zahlreiche Trümmerbrüche
Bei der Obduktion am 20. Dezember seien dann Zeichen eines Sturzes aus großer Höhe offenbar geworden, zahlreiche Trümmerbrüche und die innere Sepsis, der der Sturz zu Grunde liege und wohl zum Tode führte. Griffe an den Beinen des Opfers seien nicht zu erkennen gewesen – aber das sei auch nicht unbedingt zu erwarten gewesen.
Der Warsteiner sei bei seinem Sturz wohl mit einem Körperteil mit Beton-Pflanzensteinen in Kontakt gekommen; vermutlich mit den Beinen, was die Brüche dort erkläre.
Keinen Fortschritt brachte hingegen die Vernehmung einer 43-jährigen Verkäuferin: Als Verlobte des Angeklagten machte sie von ihrem Zeugnis-Verweigerungsrecht Gebrauch.
"Zwei Pullen Bier"
Und auch ein 55-jähriger Bekannter des Angeklagten trug nicht zur Aufhellung der Tat bei: „Ich habe da überhaupt nichts mitbekommen“, beteuerte er gegenüber dem Vorsitzenden Richter Erdmann. Er habe mit dem Rücken zum Fenster gesessen. Allzu sehr alkoholisiert („Zwei Pullen Bier“) sei er nicht gewesen, trotzdem habe er die Diskussion um den Hund, die Ursache eines Streits und der späteren Tat war, nicht mitbekommen. Er habe allein gesessen und sich an der Diskussion nicht beteiligt. Er konnte sich nur daran erinnern, dass an dem Nachmittag fünf Männer und drei Frauen in der Wohnung an der Heinrich-Heine-Straße gewesen seien.
Nach der Tat, auf dem Nachhauseweg, habe er den Angeklagten getroffen; dieser sei mit in seine Wohnung gegangen, wo die Polizei den 40-Jährigen später festgenommen hat. Die Vorfälle des Abends seien später kein Thema mehr im Bekanntenkreis gewesen, so der Zeuge, der sich mit einem erhobenen Daumen in Richtung Angeklagten verabschiedete.
Als gar nicht bei der Tat anwesender Zeuge entpuppte sich ein 46-jähriger Maurer, der durch seine Aussage bei der Polizei eine Ladung zur Verhandlung erhalten hatte. Er gab gegenüber dem Gericht an, er habe zum dem Treffen gehen wollen, „bin dann aber doch zu Hause geblieben.“ Er habe der Polizei nur erzählt, was ihm andere geschildert hätten. Die Verteidigerin rätselte daher nur, weshalb dann das Vernehmung-Protokoll in der Ich-Form verfasst wurde.
Mit dem Rücken zum Balkon gesessen
Ebenfalls mit dem Rücken zum Balkon, von dem der 52-Jährige gestürzt worden war, saß ein 66-jähriger Rentner. Der Angeklagte habe zu seinem Opfer gesagt: „Gehen wir auf den Balkon.“ Da habe niemand etwas befürchtet. Eine der Frauen habe dann das Geschehen gesehen und „jetzt hat er ihn vom Balkon geschmissen“ gerufen. Der 66-Jährige sei ins Erdgeschoss gelaufen und wollte die Polizei rufen, doch da sei schon das Blaulicht zu sehen gewesen. Zusammen mit einem Polizisten habe er das Opfer gefunden.
„Hat Ihnen jemand gesagt, dass Sie keine Aussage machen sollen?“, forschte Richter Erdmann nach. „Ich habe die Beteiligten seit Wochen nicht gesehen“, entgegnete der Zeuge. Er berichtete vom Streit um den Hund, wie der Angeklagte vom späteren Opfer 50 Euro verlangte – und bekam. Nach einer Viertelstunde habe der Angeklagte den 52-Jährigen aufgefordert, mit auf den Balkon zu kommen: „Da hat ja keiner mit gerechnet, was dann passiert.“ Nach der Tat sei der Angeklagte nicht aufgeregt gewesen: „Er war die Ruhe selbst, als ob nichts passiert wäre.“
Wurde der Angeklagte bezüglich seiner Aussage doch bedroht? Die Polizei dokumentierte nach der Vernehmung, dass der Zeuge den Angeklagten anzeigen wollte. Daran konnte er sich nun aber nicht mehr erinnern, ebenso an einen Telefonkontakt nach der Tat („Der war doch in Untersuchungshaft, der konnte mich doch gar nicht anrufen!“). Die Staatsanwältin, die an dem Tag in Warstein anwesend war, erinnerte sich hingegen an den damals geäußerten Vorwurf.
Wischspuren am Handlauf des Balkons
Polizisten der Kripo Dortmund, die die Situation in der Wohnung und auf dem Balkon nachgestellt hatten, berichteten, dass Bewegungen auf dem Balkon trotz der Dunkelheit zu sehen gewesen sein müssen. Gefunden wurden am Handlauf des Balkons Wischspuren und drei Stellen mit Abdrücken, die aber nicht verwertbar waren.
Zwei Zeugen, die nicht erschienen, wurden mit je 300 Euro Ordnungsgeld belegt; sie sollen am nächsten Verhandlungstag vorgeführt werden. Bis dahin soll auch klar sein, ob der Angeklagte, der wieder keinen Beitrag zur Aufklärung leistete, sich einlassen wird.
Der Anwalt der Nebenklage zeigte auf, dass auch eine Verurteilung wegen Mordes im Raum stehen könnte, da das Merkmal der Heimtücke erfüllt sein könnte, schließlich sei das Opfer „arg - und wehrlos“ gewesen. Der Angeklagte habe das Opfer „in Räumlichkeiten gebracht, wo er ihn mühelos über den Balkon werfen konnte.“ Das Gericht hat darüber noch nicht entschieden.