Sundern. Auf einer Infoveranstaltung zum INSEK diskutieren Bürger und Experten über die Zukunft Sunderns. Impulsvorträge in Realschule
„Wer von Ihnen ist der Meinung, dass alles gut ist und in Sunderns Innenstadt nichts verändert werden soll?“ Mit dieser leicht provokanten und höchst rhetorischen Frage leitet Stadtplaner Marc Lucas Schulten von Schulten Stadt und Raumentwicklung seinen Vortrag zum INSEK in der Röhrstadt ein.
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Etwa 50 bis 60 Personen sind am Montagabend in die Aula der städtischen Realschule gekommen. Nach einigem Grummeln und kritischen Äußerungen aus der Bürgerschaft (wir berichteten) hatte sich die Verwaltung, allen voran Bürgermeister Klaus-Rainer Willeke, dazu entschlossen, in einer Abendveranstaltung noch einmal ausgiebig über den Sachverhalt, die Hintergründe und Pläne zur Innenstadtentwicklung Sunderns zu informieren.
Verwaltungsspitze selbstkritisch
Willeke nimmt die Kritik aus Teilen der Bürgerschaft dann auch zum Anlass, um selbstkritisch zu reflektieren. „Wir hätten eine solche Infoveranstaltung wie heute Abend viel früher abhalten sollen. Das war ein Fehler von uns.“
Zurück zum Vortrag von Diplom-Ingenieur Marc Schulten. Der Dortmunder Stadtplaner macht schnell deutlich, dass die künftige Umgestaltung der Innenstadt maßgeblich von dem INSEK-Verfahren abhängig ist. „Ohne INSEK gibt es keine Fördermittel von Bund und Land. Das kann man kritisieren oder gut finden, letztlich ist es die Vorgabe des Gesetzgebers. Die Stadtentwicklung Sunderns ist sehr teuer und für die Verwaltung aus eigenen Mitteln in der gedachten Form kaum zu schultern.“
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Grundsätzlich beinhalte das INSEK in Sundern die Strategiethemen Öffentliche Räume, Wohnen, Mobilität, Handel, Freizeit und Tourismus. Man habe daraus eine Gesamtstrategie mit 40 Maßnahmen für einen Fokusraum entwickelt. Bei dem Fokusraum handelt es sich um den südlichen Kernbereich zwischen dem Levi-Klein-Platz und dem Franz-Josef-Tigges-Platz, der zu einem Erlebnis- und Begegnungsort werden soll.
Neben der Konzentration auf den Fokusraum sieht Schulten noch fünf weitere Handlungsräume, drei übergeordnete Maßnahmen und sieben flankierende Maßnahmen. „Für den Zeitraum 2024 bis 2030 lautet der Programmvorschlag die Konzentration auf zwölf Maßnahmen“, so Schulten.
Dazu gehören die Umgestaltung des Bahnhofsareal, des nördlichen Innenstadtbereichs und die Neugestaltung des Bereichs rund um das Rathaus. Auch für die Stadtein- und ausgänge sieht er Handlungsbedarf.
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„Wer von außerhalb nach Sundern reinfährt, weiß im Grunde gar nicht, wo die Innenstadt beginnt und wo sie wieder endet“, kritisiert der Diplom-Ingenieur.
Zweifelsfrei müsse der Fokus aber zunächst auf dem direkten Innenstadtbereich liegen. „Unsere Idee ist das Öffnen der Röhr für die Menschen, um hier einen Spielbereich für Familien mit Kindern zu etablieren.“ Auf die Nachfrage, wie man mit dem Thema Hochwasserschutz umgehe, antwortet Marc Schulten, dass dies nach Abgabe der Unterlagen für das INSEK-Verfahren von den zuständigen Dienststellen umgehend überprüft werden müsse. Das sei ein wichtiger Faktor, der bei der Stadtplanung für den gesamten Röhrverlauf zu berücksichtigen sei.
Bei aller sorgfältiger Planung und der rechtzeitigen Abgabe der Unterlagen zum Stichtag 31. Oktober 2023 ist laut Schulten „die Aufnahme Sunderns in das Förderprogramm nicht garantiert.“ Alle Konzepte seien grundsätzlich immer vom guten Willen des Landes und des Bundes abhängig. „Eine Strategie ist noch kein gebauter Platz“, mahnt Schulten.
Frage nach einer Alternative
Auf Nachfrage aus dem Publikum, was passiere, wenn der Antrag abgewiesen werde und ob es dann einen Plan B geben würde, antwortet Bürgermeister Klaus-Rainer Willeke: „Es gibt keinen Plan B, wenn es keine Fördermittel geben sollte. Dann haben wir ein Problem. Zum einen rechnen wir in den kommenden Jahren nicht mit steigenden Gewerbesteuereinnahmen. Das haben wir bei ersten Gesprächen mit Vertreterinnen und Vertretern der heimischen Wirtschaft heraushören können. Zum anderen werden wir in den kommenden Jahren noch weitere wichtige, große Projekte vorantreiben müssen. Das betrifft den Neubau für die Technischen Dienste ebenso wie die neue Feuerwehrzentrale oder auch die Sanierung der Realschule. Hierfür müssen wir auch Gelder bereitstellen.“
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Deshalb gehe es nun aktuell beim INSEK um das allgemeine Stellen von Weichen für die Zukunft. „Wir sind hier nicht an einem Punkt, wo man konkret darüber nachdenkt, ob einzelne Parkplätze wegfallen oder nicht“, erklärt Willeke auch mit Blick auf die Kritik, die zuletzt durch die Mitglieder der Bürgerinitiative Innenstadtentwicklung geäußert wurde.
Antiquiertes Denken
Neben Redebeitrag von Stadtplaner Marc Schulten gibt es an diesem Abend auch noch einen weiteren Impulsvortrag von Frank Rehme. Mit seiner Firma Vitail entwirft der Wahl-Düsseldorfer Handels- und Stadtkonzepte. „Um in Zukunft konkurrenzfähiger zu sein und die Menschen wieder in den urbanen Raum zu locken, muss man ihnen Besuchsanlässe bieten“, glaubt Rehme. In vielen Fällen denke der Handel noch wie in den 1980er und 90er Jahren. Doch heutzutage müsse man andere Schwerpunkte setzen“, behauptet er.
Der Handelsexperte stellt die These auf, dass nachlassender Handel in den Innenstädten nicht allein auf den Aufstieg von Amazon und Co. zurückzuführen sei. Leicht provokant formuliert er: „Die Innenstadt muss den Besuchenden gefallen, damit sie dort Zeit verbringen und Geld ausgeben. Die Wünsche von Bürgermeister und Händlern sind nachrangig zu betrachten.“ Gleichzeitig fordert Rehme Immobilienbesitzer dazu auf, an einem Strang zu ziehen und umzudenken. Steige die Aufenthalts- und Freizeitqualität, würden auch wieder mehr Menschen in die Innenstädte pilgern.
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Die von ihm aufgeführten Positivbeispiele aus Paris, Kopenhagen, Berlin und Wien dürften in der Umsetzung in Sundern allerdings schwierig werden, weshalb es im Publikum durchaus berechtigtes Kopfschütteln und Ausrufe des Zweifels gibt.
Im Anschluss an die beiden Vorträge und den Redebeitrag von Bürgermeister Willeke besteht noch die Zeit für tiefergreifende Fragen aus dem Plenum, von dem auch etliche Besucherinnen und Besucher Gebrauch machen. Erfreulich aus Sicht der Organisatoren des Abends ist auch der Umstand, dass sich in der Aula auch einige jüngere Mitbürgerinnen und Mitbürger befinden, die den Einlassungen der Protagonisten folgen und durchaus auch kritische Nachfragen stellen.
Neues Infoportal online
Die Stadt Sundern hat eine Informations- und Beteiligungsplattform ins Leben gerufen. Dort finden Interessierte auch ausführliche Infos zum INSEK-Verfahren. Unter https://adhocracy.plus/stadt-sundern/ ist das Portal online abrufbar