Hövel/Arnsberg. Der Raserprozess zieht sich weiter: Jetzt will die Verteidigung einen Experten von Google hören, die Staatsanwaltschaft will Daten von Porsche.
Die Aussage eines guten Bekannten des angeklagten Porsche-Fahrers aus Soest im so genannten Raser-Prozess, der seit Mai vor dem Arnsberger Schwurgericht verhandelt wird, stand im Zentrum des 18. Prozesstages am Mittwoch.
Dabei gab ein Tischler aus Lippstadt an, den roten Porsche des Angeklagten mit Soester Kennzeichen am 1. August 2018 gegen 20 Uhr auf der Straße „Zum Sorpedamm“ gesehen zu haben. In der gut einstündigen Vernehmung des Zeugen, die von Anträgen der Staatsanwaltschaft unterbrochen wurde, wurden die Zweifel am Wahrheitsgehalt der Aussage immer größer. Drei Mal hatte Staatsanwalt Klaus Neulken den Antrag gestellt, die Aussage des Lippstädters wörtlich protokollieren zu lassen, um ein späteres Verfahren wegen Falschaussage darauf aufbauen zu können. Aber drei Mal wurde der stets weiter ergänzte Antrag der Staatsanwaltschaft vom Vorsitzenden Richter abgelehnt.
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Ausführlich hatte der Zeuge der Verteidigung zuvor geschildert, wie er sich am Unfalltag mit dem Angeklagten, den er durch einen Zufall seit 2016 kenne, bei „Mittwochs am Sorpesee“ locker verabredet habe. Zum Treffen kam es dann aber nicht: Auf dem Weg zu seinem geparkten Auto will der Zeuge dann einen roten Porsche Targa gesehen haben, in dem er den Fahrer aber nicht genau erkennen konnte.
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Handyfoto vom Wunsch-Porsche
Auf Nachfrage durch das Gericht gab der Zeuge an, er sei davon ausgegangen, dass es der Porsche des
Angeklagten sei. Auf einem Foto, das er schon geraume Zeit zuvor auf sein Handy geschickt bekommen habe, sei so ein Fahrzeug als Wunsch-Auto des Angeklagten zu sehen gewesen. Die Aussage bekam vor Gericht eine besondere Brisanz, weil sie im Gegensatz zum bisherigen Prozessverlauf steht. Immer noch ist die Frage nicht geklärt, ob der Angeklagte tatsächlich zum fraglichen Zeitpunkt an der Unfallstelle gewesen sein kann oder nicht. Der Unfall wurde der Rettungsleitstelle um 20.19 Uhr gemeldet, die Entfernung von der Sorpe zum Unfallort ist entsprechend lang. Fast beiläufig hatte der Zeuge auch erwähnt, dass er den angeklagten Porsche-Fahrer als einen „umsichtigen“ Fahrer kennen gelernt habe.
Das sei ihm bei einer gemeinsamen Fahrt nach München, die noch mit einem anderen Pkw des Angeklagten absolviert worden sein soll, aufgefallen. Während sich der Zeuge an einige Details nicht mehr erinnern konnte, hinterließ der Gesamteindruck der Aussage offensichtlich aber Zweifel bei der Staatsanwaltschaft. Die beantragte vergeblich die wörtliche Protokollierung, um eine vermutete Falschaussage auch belegen zu können .
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Verteidiger protestiert
Protest gegen die Befragung des Zeugen kam dann von Seiten der Verteidigung. Rechtsanwalt Cramer warf dem Gericht vor, keine ordnungsgemäße Befragung des Zeugen vorgenommen zu haben. Im weiteren Verlauf des verkürzten Prozesstages stellte der Anwalt des Porsche-Fahrers zudem den Antrag, den Sitzungsvertreter der Staatsanwaltschaft, Klaus Neulken, auszutauschen. Cramer bemängelte die fehlenden Objektivität des Staatsanwaltes in dem Verfahren und forderte eine Umsetzung. Darüber, so Vorsitzender Richter Teipel, könne das Gericht aber nicht entscheiden.
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Unter Wahrung der vom Gericht Ende November gesetzten Frist für weitere Beweisanträge, stellen die Anwälte der Verteidigung gemeinsam weitere sieben Beweisanträge. Unter anderem soll ein Vertreter der Firma Google zum Spiel „Pokémon-Go“ aus Kalifornien befragt werden. Zudem will die Verteidigung auch noch mal einzelne Zeugenaussagen bezüglich ihres Wahrheitsgehaltes überprüfen. Konkret geht es um den Blickwinkel aus einem Opel-Transporter, in dem eine Zeugin gesessen hatte.
Richter bittet um Versachlichung
Mit Weihnachtswünschen und der Hoffnung auf eine Versachlichung der Anträge und Beiträge zum Verfahren schloss der Richter die Verhandlung. Im Januar wird weiter verhandelt. Ob es dann aber zum Urteil kommt, blieb in der Verhandlung am Mittwoch offen.