Siegen. . Sie ist und bleibt ein Klassiker: „Die Fledermaus“ von Johann Strauss – jedenfalls die Musik. Hervorragende Sängerinnen und Sänger hatte das Theater Hagen auf die kurze Reise nach Siegen geschickt; und selten hat man so satten Operetten-Sound aus dem Orchestergraben gehört,

Die Ohrenmenschen im voll besetzten Apollosaal durften also vollauf zufrieden sein. Die Augenmenschen hingegen waren wohl nicht durchweg einverstanden mit dem, was der Regisseur Thomas Weber-Schallauer aus der klassischen Operette gemacht hatte. Der erste Akt war alles in allem noch konform mit den Vorstellungen, die der operettenkundige Besucher mit ins Theater brachte: eine großbürgerliche Wohnstube mit einer Fress- und Knutschecke und ein munteres Geplänkel zwischen den beteiligten Personen, das auch schon mal etwas derber wurde. Aber wir schreiben schließlich nicht mehr 1874, als das Werk in Wien uraufgeführt wurde.

Tendenzen zur Klamotte

Etwas heftiger wurde es dann im zweiten Akt, der in einer richtigen Adelshütte spielen soll. Die verwandelten der Regisseur und die für die Ausstattung zeichnende Sandra Lind in eine Mischung aus Varieté und Schönheitsfarm mit einem deutlichen Zug zur Psychoklinik. Das konnte einem wohl einleuchten; denn auch das Original kratzt ja erheblich am Image der Festgesellschaft, die dort stattfindet. Aber eben nicht so dicht bei Veralberung und Klamotte. Irgendwie sollte es zwischen Musik und Bühnengeschehen immer noch eine Passung geben; und die Musik ist nun einfach nicht grob.

Imponierende Gesangsleistungen

Aber es gab in diesem zweiten Akt auch wunderbare Komik, beispielsweise die Trinkszene mit dem gespielten Förderband, und imponierende Gesangsleistungen wie Adeles „Mein Herr Marquis“ (Maria Klier) oder Rosalindes „Klänge der Heimat“ (Stefanie Smits). Und die drei männlichen Hauptdarsteller Eisenstein (Fritz Steinbacher), Gefängnisdirektor Frank (Rainer Zaun) und Dr. Falke (Raymond Ayers) mussten sich dahinter keinesfalls verstecken und trugen auch viel zum Vergnügen des Publikums bei. Und nicht zu vergessen den Prinzen Orlofsky (Kristine Larissa Funkhauser), der in ständig wechselnden Identitäten für weitere Verwirrung sorgte.

Warum dann im dritten Akt der komödiantisch großartige Frosch (Werner Hahn) ausgerechnet eine lange Österreich-Hitler-Gefolgstreue-Nummer abziehen musste (quasi im Kielwasser von Elfriede Jelineks „Nestbeschmutzung“), ist schwer erfindlich. Die Aufführung war eh schon nicht gerade kurz. Und so hätte man sich vielleicht auch einen anhaltenderen Applaus vorstellen können. Aber die Leute wollten nach Hause.