Philharmonisches Orchester Hagen spielt Brahms und Jon Lord
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Hagen. . Das Flötenkonzert von Jon Lord und das berühmte Violinkonzert von Johannes Brahms: Die Hagener Philharmoniker erkunden mit wunderbaren Solistinnen musikalische Seelen-Landschaften.
Dass Jon Lord eines Tages im Sinfoniekonzert von zwei großen Brahms-Werken umrahmt wird, hätte in den „Smoke on the Water“-Tagen des Hardrockers niemand geglaubt. Der britische Musiker ist in dieser Spielzeit Komponist für Hagen und hat das Publikum bereits mit mehreren Stücken regelrecht bezaubert. Jetzt stand seine Suite für Solo-Flöte, Klavier und Streichorchester „To Notice Such Things“ auf dem Spielplan der Hagener Philharmoniker.
Wie so viele Opera von Jon Lord hat auch dieses einen biographischen Hintergrund, es wurde im Gedenken an einen verstorbenen Freund geschrieben. Der 71-jährige Komponist ist ein Magier der Klangbilder, der Stimmungen und Gefühle hautnah beschwören kann. Die Hagener Soloflötistin Annette Kern erweist sich als wunderbare Anwältin des Werks. Ihre Flöte singt voller Leidenschaft über den Orchesterpart, verschlingt sich in zarten Dialogen mit dem Klavier (Malte Kühn) und erzählt am Schluss in einer großen Kadenz mit vielen Glissandi, wie sich die Seele von den irdischen Dingen löst, bevor sie sich jubelnd mit dem Orchester in einer Volksliedmelodie emporschwingt.
Voller Leidenschaft
Kein Huster war zu hören, mucksmäuschenstill genoss das Publikum die Interpretation dieses wunderbaren Flötenkonzertes. Jon Lord, der nach einer Krebserkrankung auf dem Weg der Besserung ist, will am 6. Juli auf jeden Fall nach Hagen kommen und bei einem Konzert mit den Philharmonikern selbst an der Hammondorgel spielen.
Johannes Brahms’ „Variationen über ein Thema von Joseph Haydn“ bilden dagegen einen eher holprigen Auftakt zu diesem herrlichen Programm. Denn Kapellmeister Bernhard Steiner gelingt es nicht, das Klangbild so zu formen, dass melodieführende und begleitende Stimmen in der richtigen Balance zueinander finden. Brahms integriert den Haydn'schen St. Antoni-Choral mit seiner Freiluft-Bläserbesetzung in lustvoller Verschränkung von Holz, Blech und Streichern in den großen Orchestersatz. Das muss ein Dirigent hörbar machen, sonst bleiben auch die Phrasen unartikuliert und die Wiedergabe insgesamt viel zu spannungsarm und langweilig.
Stradivari von 1717
Brahms’ Violinkonzert allerdings passt wunderbar zu Lords traumverloren-melancholischem Klanguniversum. Die Geigerin Viviane Hagner geht dieses berühmte Opus mit einer sehr persönlichen Handschrift an. Der Ton, den sie ihrer Stradivari „Sasserno“ von 1717 entlockt, mutet zunächst erstaunlich klein an für ein derart gewaltiges romantisches Konzert. Doch dann verliert der Zuhörer sich in der Wärme, der Sensibilität und der Kultiviertheit dieses Spiels, das gerade in der Kadenz des ersten Satzes eine berückende Pianokultur beweist.
Bernhard Steiner sucht einen romantisch inspirierten breiten Klang und dirigiert die Hagener Philharmoniker zurückhaltend, ganz auf das Soloinstrument konzentriert. Im langsamen Satz mit seinem Oboensolo schwebt die Geige himmlisch zart über den Holzbläsern, um dann im Finale vor ungarischem Feuer zu brennen. Das Publikum will danach gar nicht mehr aufhören zu applaudieren, also gibt’s als Zugabe, so Viviane Hagner, „einen kleinen Bach zum Nachhausegehen und Einschlafen.“
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