Siegen. Der 28 Jahre alte Mann, der am Mittwoch die Stadt Siegen in Atem gehalten hatte, war bis unters Dach seiner Wohnung bewaffnet. Die Polizei hat weitere Einzelheiten vom Einsatz in der Charlottenstraße genannt. SEK-Kommandos überwältigten den Verdächtigen. Das Motiv bleibt offen.
Nur ein Waffennarr und Waffenschieber oder möglicherweise ein gestörter Mann mit Vernichtungswillen? Was den 28-jährigen Siegener umtrieb, der am Mittwoch mit automatischen Waffen um sich geschossen hat, blieb am Donnerstag noch im Dunkeln. Klar ist nur, dass der Mann auf einem Waffenarsenal saß.
Bei der Durchsuchung seiner Wohnung förderten die SEK-Kräfte drei automatische Sturmgewehre AK47 (Kalaschnikows), ein Maschinengewehr, eine Maschinenpistole, fünf Pistolen, zwei Revolver, eine scharfe Handgranate, 250 Gramm Schwarzpulver sowie Tausende Schuss Munition zu Tage. „Alle Waffen waren durchgeladen“, erklärte Siegens Polizeisprecher Georg Baum. Auch die beiden Dienstwaffen, die zwei Beamten mit vorgehaltener Pistole abgenommen wurden, fanden sich dort.
Bei Festnahme am Arbeitsplatz plötzlich Pistole gezogen
Der 28-Jährige hatte am Mittwochmorgen auf zwei Polizisten geschossen, die ihn an seinem Arbeitsplatz in einer Recycling-Firma aufsuchten. Sie waren gekommen, um den Mann im Rahmen von Ermittlungen mit auf die Wache zu nehmen, weil eine Packung beschlagnahmter Patronen ihm gehören sollte. „Die Polizei hat hier sehr gut reagiert“, sagte Christoph Neuser, der Chef des mutmaßlichen Täters. Der Geschäftsführer war zur Tatzeit ebenfalls im Eingangsbereich des Unternehmens, als der Verdächtige die Pistole zog und auf die Kriminalbeamten richtete.
Die Polizisten gingen sofort in Deckung und versuchten, den 28-Jährigen zu beruhigen. Christoph Neuser brachte sich und eine junge Frau mit einem Kind nach draußen. Die beiden suchten Schutz hinter einer Hausecke. „Plötzlich kamen die Polizisten rückwärts heraus“, berichtete Neuser. Zuvor hatte der bewaffnete Mann sie gezwungen, ihre Dienstwaffen abzugeben. „Als die Beamten sich ausgewiesen hatten, zog er unvermittelt eine scharfe Pistole aus seiner Jacke“, erklärte Polizeisprecher Georg Baum.
Keine Angaben zur Tat und zum Waffenbesitz
Der mutmaßliche Täter verschwand nach Hause, um dort weitere Waffen zu holen und anschließend unterzutauchen. Doch als er aus dem Hauseingang treten wollte, warteten schon Beamte auf ihn. Der Gesuchte feuerte eine Salve aus dem Sturmgewehr in die Luft und zog sich in seine Wohnung zurück.Die Polizei sperrte das Areal und forderte Verstärkung an. Plötzlich erschien der 28-Jährige auf dem Balkon und gab wieder eine Schusssalve ab.
Erst gegen 18.20 Uhr brachten Spezialeinsatzkräfte der Polizei den Mann zur Strecke. Er gab freiwillig auf. Die Mordkommission Hagen kam hinzu. Noch in der Nacht wurde der Verdächtige im Beisein des Staatsanwalts vernommen. Der 28-jährige mutmaßliche Schütze habe bislang keine Angaben zur Tat gemacht, sagte ein Sprecher der Staatsanwaltschaft. Was er mit den Waffen vorhatte, bleibt vorerst unklar. Ein Haftrichter schickte ihn in Untersuchungshaft.
Wegen des Verdachts eines versuchten Tötungsdeliktes ermittelt die Staatsanwaltschaft. Bei der Recycling-Firma in Siegen war der 28-Jährige erst seit dem 2. April im Verkauf angestellt. Zuvor habe er dort als Aushilfe gearbeitet und sich - nach Mitarbeiteraussagen - vorbildlich verhalten, sowohl Kunden als auch Kollegen gegenüber.