Siegen. Die Drohung von Siegberg Immobilien, das Karstadtgebäude zu verkaufen, kommt vor allem als Warnschuss an. Die Uni zeigt sich „offen für Gespräche“.
„Das wird am Ende nicht so dramatisch sein, wie es sich gestern angehört hat.“ Siegens Bürgermeister Steffen Mues will Universität und Siegberg Immobilien an einen Tisch bringen, um das Karstadt-Projekt zu retten. Reinhard Quast, Geschäftsführer der Eigentümergesellschaft, hatte am Donnerstag im Stadtentwicklungsausschuss angekündigt, dass Siegberg Immobilien den Verkauf des ehemaligen Warenhauses betreiben wird, wenn am Jahresende das Planungs- und Nutzungsrecht der Uni ausläuft, das ihr die Siegberg Immobilien für zwei Jahre gegen Bezahlung eingeräumt hat. „Das war völlig überraschend“, sagt Steffen Mues im Gespräch mit dieser Zeitung, „damit hat niemand gerechnet. Die Stadt war über diese Entwicklung in keiner Weise informiert.“
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Siegberg Immobilien ist eine von der Baufirma Quast, einem weiteren Unternehmer sowie dem Siegerlandfonds der Sparkasse getragene Gesellschaft. Sie hatte das Kaufhausgebäude schon lange vor der Karstadt-Schließung vom amerikanisch-niederländischen Highstreet-Konsortium erworben. Sehr bald nach der Schließung des Kaufhauses zeichnete sich ein neues Nutzungskonzept für die auf drei Etagen verteilten 10.000 Quadratmeter ab: im Kern ein „Tagungszentrum“ der Uni, die bereits 2020 im umgebauten Obergeschoss ein Hörsaalzentrum in Betrieb genommen hat, in den Außenbereichen mit Schaufenster-Option Einzelhandel und Gastronomie. Reinhard Quast berichtete von interessierten Mietern, „auch ich kenne Namen“, bestätigt Bürgermeister Mues.
Universität Siegen will mit Siegberg Immobilien über Zeitplan reden
Die Universität hat die Planung für das Tagungszentrum - wie so viele andere Pläne für die Innenstadt-Campus - aufgegeben. In „Reallaboren“, so erfuhr es Siegberg Immobilien, soll bis Ende 2025 ein neues Konzept erarbeitet werden. So lange will der Eigentümer nicht warten. Der Gesellschaft gehe das Geld aus, hatte Reinhard Quast mitgeteilt. Bürgermeister Mues sieht für das Karstadt-Projekt nicht etwaige Finanzierungsprobleme der Uni im Vordergrund, die durch ausbleibende Landes-Millionen bewirkt werden, auch nicht die rückläufigen Studierendenzahlen. Es gehe vor allem um den Zeitplan, sagt Mues: „Über die Zeitschiene müssen wir noch mal intensiv miteinander sprechen. Ich wusste nicht, dass es diesen Dissens gibt. Die Universität hat großes Interesse an dem Projekt.“
Das bestätigt am Freitagmittag auch Uni-Sprecher André Zeppenfeld: „Die Universität wünscht sich die beste und langfristig tragfähige Lösung für Siegen. Die Universität steht nach wie vor voll hinter dem Konzept, in der Karstadt-Immobilie eine Mischung aus Einzelhandel, Gastronomie, Kultur und Bildung anzubieten“, heißt es in dem Statement, das auf die Quast-Forderung eingeht, die Uni möge „Gas geben“, wenn sie das Vorhaben retten wolle: „Mit Blick auf eine möglichst zeitnahe Umsetzung ist die Universität offen für Gespräche mit dem Eigentümer.“
Im schlimmsten Fall bleibt für lange Jahre eine Ruine mitten in der Kölner Straße in Siegen
Ihr bleibt wohl auch nichts anderes übrig. Sollte es zu einem Eigentümerwechsel kommen, so fürchtet Bürgermeister Mues, „braucht die Universität nicht mehr weiter zu planen.“ Was aber dann mit dem über 50 Jahren alten, durchweg sanierungsreifen Gebäude passiert, mag sich der Bürgermeister nicht ausmalen: Schlimmstenfalls über Jahre nichts, weil ja mit dem Obergeschoss die Uni als Miteigentümer im Boot bleibt und auch noch das landeseigene Parkhaus dranhängt: „Da tummeln sich diverse Glücksritter.“ Für Kölner Straße und Oberstadt wäre eine solche Ruine keineswegs förderlich. „Da hätte ich Sorge“, sagt Mues.
Lange dauern wird es so oder so, bis ins Karstadt-Gebäude wieder Leben einzieht: Siegberg Immobilien wird das Konzept der Uni mit dem Bedarf der anderen neuen, gewerblichen Mieter verbinden müssen, dann die Gesamtplanung für den Umbau des Gebäudes erstellen lassen und die Bauanträge stellen, bevor mit dem Bau begonnen werden kann. Zwei bis drei Jahre werde das alles noch brauchen, schätzte Reinhard Quast im Stadtentwicklungsausschuss. Ob die Stadt im schlimmsten Fall das Gebäude selbst kaufen würde? Mues: „Ich würde niemals Nein sagen, wenn alle anderen Stricke reißen. Das ist auch immer eine Frage des Gesamtkonzepts.“ Die Belastung mit einer zusätzlichen Immobilie sei für die städtischen Finanzen aber keineswegs die beste Lösung. „Das wäre eine Notsituation.“ Aber entscheiden könne darüber nur der Rat.
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