Burbach. Christoph Ewers (CDU) ist Bürgermeister von Burbach, studierter Forstwissenschaftler und spricht für kommunalen Waldbesitzer vernichtendes Urteil

In die Diskussion um einen Nationalpark im Kreis Siegen-Wittgenstein hat sich Burbachs Bürgermeister Christoph Ewers eingeschaltet. Ewers ist Vizepräsident des Deutschen Forstwirtschaftsrates – und findet, „dass wir genügend Wald-Nationalparke in Deutschland haben“. Seine Positionierung kommt pünktlich zur zur Abstimmung im Kreistag am Freitag, 15. März. Er gibt damit auch seinen Parteifreunden und -freundinnen in der CDU-Kreistagsfraktion einen Ratschlag.

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Nationalparke seien wertvoller Bestandteil des nationalen Naturerbes. Sie trügen zum Artenschutz und der Biodiversität bei und lieferten wichtige Erkenntnisse für Wissenschaft und Forschung, schreibt Ewers. „Die bestehenden Nationalparke zeigen auch, dass in manchen besonders strukturschwachen Regionen wirtschaftliche Vorteile durch Regionalmarketing entstehen können.“

In NRW hat das Umweltministerium keine nachvollziehbare Vorstellung darüber, was eigentlich geschützt werden soll.
Christoph Ewers, Bürgermeister und Forst-Funktionär

Nationalpark „egal wo“

Es sei aber nicht zielführend, diesen Status „schon fast inflationär anstreben wollen“. Man müsse sich die Frage stellen, „ob zwischen Kellerwald und Eifel ein weiterer Nationalpark entstehen muss“. Christoph Ewers, der auch Vorsitzender des Verbandes der kommunalen Waldbesitzer („Kommunalwald NRW“) ist: „In NRW hat das Umweltministerium außerdem offenbar auch keine nachvollziehbare Vorstellung darüber, was eigentlich geschützt werden soll. Es geht nicht um bestimmte Naturräume, es geht nicht um bestimmte Waldgesellschaften, es geht offenbar nur um den Stempel ‚Nationalpark‘, egal wo.“

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Ein kritischer Punkt beim Schutzstatus Nationalpark sei die Einstellung der Bewirtschaftung des Waldes. „Wer romantisierend Stilllegung als Allheilmittel für die Erhaltung und Förderung der Biodiversität fordert, verkennt die Herausforderungen, der sich die Waldbewirtschaftung durch Klimawandel und berechtigte gesellschaftliche Anforderungen zu stellen hat“, schreibt Christoph Ewers, der selbst studierte Forstwissenschaftler ist, im NRW-Umweltministerium und verschiedenen Forstämtern gearbeitet hat.

Holznutzung in Deutschland untersagen, Holz aus dem Ausland importieren?

Nicht der stillgelegte Wald, sondern eine multifunktionale Forstwirtschaft, die die Veränderung des Klimawandels berücksichtigt, die wissenschaftlich basiert ist und dabei auch die wichtige Nutzung des Holzes als klimaschonenden Baustoff der Zukunft anerkennt, müsse das Leitbild zukünftiger Waldwirtschaft sein. Die Holznutzung, die hierzulande unter höchsten Umwelt- und Arbeitsschutzstandards erfolge, zunehmend zu untersagen „und dann das für klimaschonendes Bauen im Holzimportland Deutschland dringend benötigte Holz aus anderen Ländern unter teilweise katastrophalen Bedingungen zu produzieren, kann keine Lösung für den globalen Schutz von Klima und Natur sein“.

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Zukunftsfähiger Wald wächst nicht von allein

Zudem stünden die Wälder vor gewaltigen Herausforderungen: Der klimaangepasste Waldumbau und die Wiederbewaldung von Kahlflächen werde noch für Jahrzehnte eine Mammutaufgabe bleiben, von deren Umsetzung letztlich die gesamte Gesellschaft profitiere. Nur zukunftsfähige Wälder könnten nachhaltig zum Klimaschutz beitragen, die biologische Vielfalt bewahren, Erholung, Rohstoff und Energie bereitstellen. „Solche Wälder entstehen durch aktives Handeln. Nur auf Selbstheilungskräfte der Natur zu vertrauen, wäre blauäugig und verfehlt“, schreibt Ewers. Die Wälder würden dann sehenden Auges einem erhöhten Risiko ausgesetzt.

Wir brauchen ein Forstamt und keine Nationalparkverwaltung.
Christoph Ewers, Bürgermeister und Forst-Funktionär

Der schon vor Jahrzehnten begonnene Umbau der Wälder hin zu stabilen, klimaresilienten Mischwäldern aus geeigneten Baumarten müsse fortgeführt und forciert werden. „Wir brauchen die geschickte waldbauliche Lenkung, um den klimagerechten Waldumbau voranzutreiben. Wenn wir uns auf das Nichtstun in den Wäldern beschränken, opfern wir ihre Multifunktionalität“, warnt Christoph Ewers. Bewirtschaftete Wälder seien in Sachen Klimaschutz und damit auch beim Erhalt der Biodiversität effektiver als stillgelegte Wälder. „Gerade in Siegen-Wittgenstein, dem waldreichsten Kreis in Deutschland, sollte der Staatswald ein Musterbeispiel für dieses Leitbild multifunktionaler, klimaangepasster Waldbewirtschaftung sein“, fordert Christoph Ewers.

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Der Landesbetrieb Wald und Holz NRW sollte im Staatswald zeigen, wie die Herausforderungen einer zukünftigen Waldbewirtschaftung gemeistert werden können. Der Staatswald in Siegen.Wittgenstein stehe bereits unter verschiedenem gesetzlichen Schutz. Eines zusätzlichen Stempels „Nationalpark“ bedürfe es nicht – er würde eher schaden als nutzen. „Wir brauchen ein Forstamt und keine Nationalparkverwaltung.“

Wer soll das eigentlich alles umsetzen und wer soll das finanzieren?
Christoph Ewers, Bürgermeister und Forst-Funktionär

Naturschutz kommt an seine Grenzen

In Deutschland gebe es fast keinen Wald mehr, der nicht bereits unter einem gesetzlichen Schutz steht, stellt Christoph Ewers fest: „Hier kommt auch der verantwortliche Naturschutz schon jetzt an seine Grenzen. Denn wir haben in Deutschland regional durch Richtlinien und Vorgaben so stark die Daumenschrauben angezogen und uns mit verpflichtenden Maßnahmen und Arbeitspaketen überreguliert, dass man sich nüchtern betrachtet, fragen muss: Wer soll das eigentlich alles umsetzen und wer soll das finanzieren?“ Es gebe bereits jetzt mehr stillgelegte Flächen, als in den offiziellen Statistiken aufgeführt werden. Viele Kleinprivatwälder, viel Wälder an Steilhängen und in anderen nicht oder schlecht erschließbaren Bereichen würden seit Jahrzehnten nicht genutzt und nähmen flächenmäßig zu, weil eine Bewirtschaftung ohnehin nicht wirtschaftlich sei.

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Die Waldpolitik müsse diese Zusammenhänge erkennen und die gesellschaftliche Bedeutung einer nachhaltigen regionalen Holznutzung anerkennen, fordert Christoph Ewers. Konservative Naturschutzansätze seien angesichts der Dynamik des Klimawandels überholt und nicht zielführend.

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