Kreuztal. Ein Beschluss für den Neubau eines Klassentrakts anstelle der abgebrannten Stadthalle reicht den Unterstützern der Petition nicht.

„Dynamisch“ nennt CDU-Fraktionschef Philipp Krause die übers Wochenende entstandene politische Lage in Kreuztal. Gemeint ist: Bis zur Ratssitzung am Donnerstag, 14. März, kann noch viel passieren. So gut wie sicher ist allerdings, dass CDU, Grüne, FDP und UWG nicht darauf bestehen werden, die abgebrannte Stadthalle als Bürgerforum auf dem Parkplatz Stählerwiese wieder aufzubauen. „Wir werden die Bevölkerung nicht vor den Kopf stoßen“, sagt Philipp Krause im Gespräch mit dieser Zeitung.

Sollte der Rat am Donnerstag allerdings nur den Schulanbau auf dem Stadthallen-Grundstück beschließen, wird die Auseinandersetzung nicht vorbei sein. „Dann werde ich sofort ein Bürgerbegehren pro Kombinationslösung starten“, kündigt Robin Fortagne an, also für den Bau von Stadthalle und Schulerweiterung in einem gemeinsamen Gebäude auf dem jetzigen Stadthallen-Grundstück. „Kreuztal braucht die Stadthalle“, sagt Fortagne im Gespräch mit dieser Zeitung. Die von ihm erst am Samstag initiierte Online-Petition „Nein zum Bürgerforum Stählerwiese“ hat bereits fast 1700 Unterzeichner; Bürgermeister Walter Kiß wird die Unterschriften am Donnerstag vor Beginn der Ratssitzung entgegennehmen.

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Wir werden die Bevölkerung nicht vor den Kopf stoßen.
Philipp Krause, CDU

Das sagen die Kreuztaler Fraktionen zu den Stadthalle-Plänen

Die Heftigkeit der öffentlichen Debatte über ihren Antrag hat zumindest einen Teil der Fraktionen offenkundig überrascht. „Unerträglich“ nennt Philipp Krause die Wortwahl und Tonfall vor allem von Äußerungen in verschiedenen Facebook-Foren, „niedrigstes Niveau auf verletzende Art“. Die Fraktionen hätten sich dazu entschieden, ihren Antrag im Vorfeld zu veröffentlichen und nicht erst in der Sitzung zu stellen, „damit er öffentlich diskutiert werden kann.“ Die CDU-Fraktion sei „nie für diesen Standort gewesen“, erinnert Philipp Krause, seine Fraktion habe vielmehr stets Alternativen zur Stählerwiese verlangt, die erstmals in einer Vorlage der Verwaltung auftauchte. „Uns lag vor allem an der Schule.“ Gymnasium und Gesamtschule sollten schnellstmöglich einen Erweiterungsbau bekommen, nicht, wie 2019 beschlossen, auf dem Dach in Leichtbauweise, sondern als zweigeschossigen Anbau an der Stelle der Stadthalle.

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Grünen-Fraktionsvorsitzende Anna Wetz äußert sich am Dienstag ähnlich: „Wir wollen nicht mit der Brechstange vorgehen. Unsere Priorität liegt auf dem Schulbau.“ Nach wie vor halte ihre Fraktion die „Kombinationslösung“, Bürgerforum und Schulerweiterung in einem gemeinsamen Gebäude auf dem Platz der „alten“ Stadthalle vorzunehmen, „nicht für glücklich“. Über die Art der Auseinandersetzung sei sie „schockiert. Es wird gerade sehr unfair gespielt.“ Was jetzt passiert? „Wir sind in Gesprächen.“ Die FDP-Fraktion wird, wie CDU, Grüne und UWG, am Donnerstag im Rat nur noch einen „klaren, funktionsfähigen Schulanbau“ am bisherigen Standort der Stadthalle beantragen. Der Neubau einer Stadthalle auf dem Parkplatz Stählerwiese werde nicht weiterverfolgt, sagte Fraktionschef Frank W. Frisch dieser Zeitung am Mittwoch. Für einen Neubau von Bürgerforum/Stadthalle müsse nun ein neuer Standort gesucht werden, „sicher nur im Einvernehmen mit den Bürgern“. Der von SPD und Bürgermeister favorisierten Kombinationslösung werde die FDP nicht zustimmen.

Ich setze darauf, dass es zu einer Verständigung kommt.
Michael Kolodzig, SPD

„Ich setze darauf, dass es zu einer Verständigung kommt“, sagt SPD-Fraktionschef Michael Kolodzig, „man muss miteinander reden. Das hat in früheren Jahren auch gut funktioniert.“ Die „Kombinationslösung“ des Planungsbüros Stoppacher sei ein möglicher Kompromiss. Nur einen Schulanbau zu beschließen, sei keine Lösung. „Das Bürgerforum ist notwendig. Wir wollen zumindest mit beidem anfangen.“

Auch im Detail gehen die Meinungen auseinander: Was Bauzeiten und Kosten angeht, hält die CDU die Studien für Solitär- und Kombinationslösung nicht für vergleichbar. Das Argument, bei zwei Neubauten werde mehr zusätzliche Fläche versiegelt, zieht für Philipp Krause auch nicht: Der bisher versiegelte Parkplatz Stählerwiese werde entsiegelt, neue Parkplätze könnten auch wassergebunden oder mit Rasengittersteinen angelegt werden. Die SPD wiederum zweifelt, dass der Solitär-Schulbau wesentlich schneller fertig würde als die Kombination. In Container umziehen müsse die Schule nun sowieso, sagt Michael Kolodzig.

Das kann am Donnerstag im Kreuztaler Rat passieren

Vor der Ratssitzung am Donnerstag, 14. März, wird Robin Fortagne, der die mittlerweile von mehr als 1400 Unterzeichnern unterstützte Online-Petition auf change.org („Nein zum Bürgerforum Stählerwiese“) initiiert hat, Unterschriften übergeben. Was dann passiert, könnte auch von sich aktuell ergebenden Mehrheitsverhältnissen abhängen. SPD und Bürgermeister haben 18 Stimmen, die vier anderen Fraktionen 25. Dort wird allerdings mindestens ein erkranktes Ratsmitglied fehlen. Sollten zum Beispiel dann noch zwei der drei FDP-Stadtverordneten aus dem Vier-Fraktionen-Bündnis ausscheren, wären auf der anderen Seite schon 20 – es könnte also knapp werden. Das ist eine Auswahl der sich nun abzeichnenden Optionen:

Möglichkeit 1: Im Rat findet sich eine Mehrheit für die Kombinationslösung von Stadthalle und Schulerweiterung. Dann stünde das Gebäude – laut Zeitplan des Planungsbüros – im Sommer 2030. Eine Ratsmehrheit für diesen von der SPD vertretenen Vorschlag des Bürgermeisters ist aber zumindest am Dienstag nicht absehbar.

Möglichkeit 2: Die vier Fraktionen CDU, Grüne, FDP und UWG beantragen zwar nicht mehr den Bau eines Bürgerforums auf dem Parkplatz Stählerwiese, setzen aber den Bau der Schulerweiterung auf dem Ruinen-Grundstück der Stadthalle durch. In diesem Fall wäre der Standort des künftigen Bürgerforum offen. Bisher genannte Alternativen (Parkplatz Roonstraße, Bender-Gelände Ferndorf) wurden verworfen, werden dann aber womöglich wieder aufgegriffen werden müssen. Das Risiko: Irgendwann zu einem späteren Zeitpunkt braucht es einen neuen Baubeschluss, den sich die Stadt aber womöglich dann finanziell nicht mehr leisten kann.

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Möglichkeit 3: Der Rat entscheidet gar nichts, um Zeit für Beratungen zu gewinnen. Leidtragende in diesem Fall wären Gymnasium und Gesamtschule, die entsprechend länger auf Container ausweichen müssten. 2026 hat das Gymnasium statt acht Jahrgängen wieder neun.

Möglichkeit 4: Die Ratsfraktionen einigen sich kurzfristig auf einen Kompromiss, etwa eine Kombinationslösung im Schulzentrum mit einer „Stadthalle Light“, die weniger Kultur- und Veranstaltungsstätte und mehr Schulaula ist – als die die Stadthalle in den 1980er Jahren auch konzipiert worden ist.