Siegen. Acht Prozent mehr ab August. Auch die Busfahrer bekommen diesmal davon etwas ab. Zahlen muss die höheren Preise aber längst nicht jeder.
Bus- und Bahnfahren wird ab August deutlich teurer. Die Verkehrsunternehmen in Siegen-Wittgenstein und Olpe, die in der Verkehrsgemeinschaft Westfalen-Süd (VGWS) zusammenarbeiten, erhöhen die Fahrpreise im Schnitt um acht Prozent. Zu spüren bekommen das allerdings nur Fahrgäste, die Einzel-, Mehrfach- oder Wochenkarten benutzen. Nur einige Kurzstrecken-Monatstickets (die im Abo und die ab 9 Uhr) bleiben billiger als das Deutschland-Ticket, das bis zum Jahresende weiterhin 49 Euro kostet. Teurer ist also auch in Westfalen-Süd nach wie vor kein Stamm-Fahrgast unterwegs.
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Für das Kurzstrecken-Ticket werden künftig 2,20 Euro statt zwei Euro verlangt, die Preisstufe 1 wird von 2,80 auf drei Euro erhöht, die Preisstufe 2 von 4,40 auf 4,80 Euro. Die Preise für die 4er-Tickets werden von 7,10 auf 7,80 Euro (Kurzstrecke), von 9,90 auf 10,70 Euro (Preisstufe 1) und 15,80 auf 17,10 Euro (Preisstufe 2) erhöht.
Wer den höheren Fahrpreis eigentlich zahlt
1,8 Millionen Euro im Jahr mehr und damit insgesamt knapp 34 Millionen kommen 2024/25 auf die Konten der Bus- und Bahnunternehmen, nicht ganz acht Prozent mehr, weil mit Umsteigern auf billigere Tickets und Aussteigern aus dem öffentlichen Nahverkehr gerechnet wird. Die Erhöhung um acht Prozent ist das Maximum. Zum einen, weil der Westfalen-Tarif nur um 6,4 Prozent erhöht wird – die Fahrkarten über die längeren Distanzen würden sonst billiger als die regionalen Tickets. Zum anderen, weil sonst der Haushalt des Kreises und damit die Steuerzahler bluten müssten. Denn die Fahrgäste zahlen so oder so nur höchstens 49 Euro.
Die Differenz zum tatsächlichen Fahrpreis übernimmt die öffentliche Hand. Den Ausgleich für das Deutschlandticket bezahlt der Staat, der aber nur bei einer Preiserhöhung bis zu acht Prozent mitgeht. Kostet also die 100-Euro-Monatskarte künftig 108 Euro, schießt der Staat 59 statt 51 Euro zu. Würde die Monatskarte aber 110 Euro kosten, müsste der Kreis die zusätzlichen zwei Euro vom eigenen Konto an die Verkehrsbetriebe überweisen.
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Warum es kein „Deutschlandticket sozial“ gibt
Ins Leere geht somit die Forderung, die Klaus-Peter Wilhelm (UWG) stellt, als der Wirtschafts- und Verkehrsausschuss des Kreistags sich mit dem Thema befasst: Kosten müssten durch Fahrpreise abgedeckt werden, „dass der Kreis damit belastet wird, ist nicht zu verstehen“. In einem anderen Fall wird die Mehrbelastung verhindert: Das „Deutschlandticket sozial“ wird in Siegen-Wittgenstein und Olpe nicht eingeführt. Es hätte für die berechtigten Fahrgäste 39 Euro gekostet, die zehn Euro Differenz wären von den Kreisen zu übernehmen.
Sorge des Zweckverbandes Personennahverkehr (ZWS): Die rund 1500 Fahrgäste, die von der regionalen Mobilitätscard („Sozialticket“, 29,90 Euro) zum Deutschlandticket (49 Euro) abgewandert sind, kommen wieder zurück - und dann reicht das Budget nicht mehr. „Das Land stellt nicht einen Cent mehr zur Verfügung“, erklärt ZWS-Geschäftsführer Stefan Wied.
Vor allem aber sprechen praktische Erwägungen gegen das Deutschlandticket sozial, erklärt Stefan Wied: Das Ticket gibt es nur digital und im Abo, was Smartphone und Bonitätsprüfung durch die Schufa voraussetzt, gerade für die Berechtigten mit geringem Einkommen eine oft nicht überwindbare Hürde. „Einige Kunden haben das Deutschlandticket relativ schnell wieder zurückgegeben“, berichtet Stefan Wied. Die derzeit von rund 3500 Fahrgästen genutzte Mobilitätscard (ab August 32,30 Euro), die nur im ZWS-Gebiet gilt, gibt es auf Papier, wird monatlich bezahlt und berechtigt zudem noch zur kostenlosen Mitnahme von Fahrrad und bis zu vier Personen.
Wie Busfahrer zum Bleiben bewegt werden
Geld nachlegen muss der Kreis trotzdem: 55.000 Euro für den „Höchsttarif“, neben dem Deutschlandticket das andere Finanzierungsungetüm für den Nahverkehr speziell in Siegen-Wittgenstein und Olpe. Damit die Fahrpreise nicht mit den Kosten ins Unbezahlbare steigen, wurde schon 2021 ein Höchsttarif festgesetzt. Hier übernimmt der Kreis die Differenz zu den tatsächlichen Kosten. 11,5 Millionen Euro stehen dafür in diesem Jahr im Haushalt bereit.
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Und die reichen nicht aus. Denn die Busse sind schon lange nur mit gekürzten Fahrplänen unterwegs, weil es an Busfahrern fehlt. Das liegt auch daran, dass der Beruf in den beiden südwestfälischen Kreisen besonders unattraktiv sind. Das Entgelt nach dem Tarif für das private Omnibusgewerbe liegt - je nach Dienstalter - zwischen 20 und 45 Prozent unter dem Entgelt nach dem Nahverkehrstarif für den öffentlichen Dienst.
Nur noch eine Minderheit der Busfahrer bei den Verkehrsbetrieben Westfalen-Süd (VWS) ist schon seit der Zeit im Dienst, als die VWS noch den Kreisen gehörten, und wird nach den alten Konditionen bezahlt. Für die anderen hat das Unternehmen den Stundenlohn bereits im September um drei Euro erhöht. Als Ergebnis der laufenden Tarifverhandlungen wird im privaten Omnibusgewerbe eine Steigerung um 22 Prozent gegenüber 2023 erwartet. Die in diesem Jahr anfallenden Mehrkosten von rund zwei Millionen Euro trägt der Zweckverband Personennahverkehr (ZWS), bis auf 55.000 Euro aus der Kreiskasse.
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Der Wirtschafts- und Verkehrsausschuss macht das - bei vielen Stimmenthaltungen - mit. „Ich hoffe, dass wir die Fahrer hier halten können“, sagt Martin Achatzi (CDU). Mit gutem Grund, erwidert ZWS-Geschäftsführer Stefan Wied. Tatsächlich seien Busfahrer nach Altenkirchen, Gummersbach und Lüdenscheid gewechselt, wo kommunale Verkehrsunternehmen nach den Konditionen des öffentlichen Dienstes bezahlen.
Jetzt, wo privater und öffentlicher Tarif angeglichen werden, „sind einige schon zurückgekommen“, berichtet Stefan Wied, „wir hoffen auf eine deutliche Stabilisierung des Fahrplans.“ Joachim Boller (Grüne) fragt nach: Ob denn dann auch der Nahverkehrsplan, der Grundlage für die Konzessionen an das Busunternehmen ist, wieder eingehalten werde. Die Antwort des ZWS-Geschäftsführers ist ernüchternd: „Das sehe ich im Moment nicht.“ Voraussetzung dafür sei, so die Vorlage der Verwaltung, „dass zusätzlich Fahrpersonale im europäischen Ausland akquiriert werden können“.
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