Siegen. Die Konkurrenz um junge Menschen wächst. Das merkt auch die Uni Siegen – genauso wie das Rahmede-Desaster und die gesperrte Siegstrecke.
Weniger als 15.000 Studierende sind zum Start des Wintersemesters an der Universität Siegen eingeschrieben: 14.852. Vor einem Jahr waren es noch 16.397 – 1545 Menschen oder 9,4 Prozent weniger. Man sei „zufrieden“, sagt Prof. Alexandra Nonnenmacher, zuständige Prorektorin für Bildung – diese Entwicklung war absehbar, insofern sei der Rückgang nicht verwunderlich. Der liege weniger daran, dass weniger Erstsemester an die Uni Siegen kommen, sondern an einer Mischung aus landes- und bundesweiten Trends – und nicht zuletzt wohl auch dem Deutschlandticket.
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2019, im letzten „normalen“ Wintersemester vor der Corona-Pandemie, hatte Rektor Prof. Holger Burckhart noch prognostiziert, dass sich die Studierendenzahlen bis 2025 bei 15- bis 16.000 einpendeln würden. Zuvor hatte die Uni über längere Zeit hinweg pro Jahr etwa 1000 Studierende mehr aufgenommen, als sie eigentlich Kapazität hat. 1761 Erstsemester beginnen nun ihr Studium in Siegen (2022: 1849, minus 4,8 Prozent) sowie knapp 1000 weitere Personen, die zuvor an einer anderen Hochschule oder ein anderes Fach studiert haben. 60,5 Prozent aller neuen Studierenden sind weiblich.
Uni Siegen muss mit anderen Unis um immer weniger junge Menschen „konkurrieren“
Ein wesentlicher Grund für den deutlichen Rückgang sei die demografische Entwicklung generell, so Prof. Nonnenmacher: Insgesamt gebe es in den „Jahrgangskohorten“ heute weniger junge Menschen – also auch weniger, die ein Studium aufnehmen möchten. „Die Zahl der Schulabgänger wird noch weiter sinken“, sagt die Prorektorin. Dieser Trend betreffe nicht nur Siegen oder NRW. Neben den Universitäten untereinander „konkurrieren“ auch Fachhochschulen und regionale Unternehmen um die Schulabsolventen – die Industrie- und Handelskammer (IHK) Siegen verzeichnete demnach in diesem Jahr 4,6 Prozent mehr Lehrverträge. Man arbeite mit der IHK zusammen an gemeinsamen Konzepten, um vor Ort eben nicht in Konkurrenz zueinander zu treten, betont Alexandra Nonnenmacher. Hochschulen in den Metropolen hätten, anders als „ländlichere“ Unis wie Siegen, weniger Rückgänge. Und wenn hier ein attraktiver Studiengang geöffnet werde, habe das eben Auswirkungen auf andere Hochschulen.
Auch der Verkehr dürfte ein nicht zu vernachlässigender Faktor sein. Durchaus auch wegen der in Rahmede unterbrochenen A 45, vor allem aber zuletzt wegen der schon wieder gesperrten Siegstrecke zwischen Siegen und Köln – knapp 2000 Studierende würden demnach im Rheinland wohnen. „Das macht uns zu schaffen“, sagt Philipp Schmidt, Leiter des Referats Studierendenservice. 2022 war die Strecke bereits – planmäßig – monatelang gesperrt, zuletzt wieder.
Viele Studierende melden sich an der Uni Siegen nicht zurück – Gesamtzahl sinkt
Und: Mit dem Deutschlandticket gibt es nun eine „legale“ Alternative für die sogenannten „Ticketstudierenden“. Bislang gab es keine einfache und preisgünstige Fahrkarte, mit der man in ganz NRW mit allen Nahverkehrsmitteln fahren konnte. Viele Menschen schrieben sich daher an Unis ein (oder blieben eingeschrieben) und erhielten gegen den Semesterbeitrag das Ticket. Dass es nun das Deutschlandticket gibt, merken die Hochschulen. „Auffällig ist, dass sich viele Studierende nicht zurückgemeldet haben, dadurch ist die Gesamtzahl stärker gesunken als die Zahl der Neueinschreiber“, so Nonnenmacher.
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Positiv bewerten die Verantwortlichen die hohe Nachfrage nach einem dringend benötigten Studium: Grundschullehramt. 278 Personen beginnen den „Bachelor Lehramt Grundschule“ – „unser neuer Star“, ein großer Erfolg, sagt Philipp Schmidt: 60 zusätzliche Plätze des immer schon stark nachgefragten Fachs wurden in Siegen neu geschaffen, „30 Prozent mehr ist ein mutiger Schritt“. Und gesellschaftlich geboten: „Die Region und das Land brauchen diese Lehrkräfte.“ Die Steigerung komme nicht von ungefähr, sagt Prorektorin Nonnenmacher: „Wir sind im Lehramt richtig, richtig gut.“ Ebenfalls beliebt: Soziale Arbeit (266 Studienanfänger), Betriebswirtschaftslehre (159), Digital Biomedical and Health Sciences (88) und Deutsches und Europäisches Wirtschaftsrecht (83).