Junkernhees. In Junkernhees wird zwischen Schloss und künftigem Umspannwerk nach Altlasten gebohrt. Die Bürgerinitiative bereitet die Fahrt nach Leipzig vor
Das Bundesverwaltungsgericht verhandelt am Mittwoch, 8. Mai, über die Klagen von Grundstückseigentümern und der Stadt Kreuztal gegen den Planfeststellungsbeschluss für die Amprion-Höchstspannungsleitung durch das Heestal. „Wir wollen gern mit vielen Leuten daran teilnehmen“, sagt Ansgar Klein, Sprecher der Bürgerinitiative Junkernhees, die nun beginnt, die Anreise zu koordinieren: „Wir möchten in Leipzig ein Zeichen setzen.“
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Am Montag wurde in Junkernhees gebohrt. Die Rammbohrungen dienten, wie die Vertreter der Bürgerinitiative erfuhren, der Baugrunderkundung von zwei Grundstücken zwischen Schloss Junkernhees und dem Bauplatz des umstrittenen Umspannwerks. „Für uns sind das bauvorbereitende Maßnahmen“, meint Ansgar Klein, der sich erneut nach der im Planfeststellungsbeschluss angeordneten „ökologischen Baubegleitung“ –abgekürzt „ÖBB“ – erkundigte. Amprion bestätigt auf Anfrage dieser Zeitung: „Derzeit finden dort Bodenuntersuchungen auf Altlasten für das Projekt Kruckel-Dauersberg statt. Die Arbeiten sind mit dem Eigentümer des Grundstückes abgestimmt.“
Wie die Suche beginnt
„Gemäß Planfeststellungsbeschluss sind die Tätigkeiten im Rahmen der ÖBB, wie Begehungen, Besprechungen und Vereinbarungen nachvollziehbar zu dokumentieren“, schrieb Silke Klein im November an den Netzbetreiber Amprion und die mit der Baubegleitung beauftragte Firma Sweco, „da ich bisher noch immer keine Reaktion erhalten habe, muss ich davon ausgehen, dass keine ökologische Baubegleitung stattgefunden hat.“ In Fellinghausen seien, wie Silke Klein später an die Bezirksregierung berichtet, Aufschüttungen vorgenommen und Holzbohlen verlegt worden: Es könne „nicht ausgeschlossen werden, dass planungsrelevante Arten in Mitleidenschaft gezogen oder vernichtet wurden“. Amprion antwortet einen Monat später und weist die Annahmen der Anwohnerin als „haltlose Unterstellungen“ zurück. „In Anbetracht einer derartigen Rhetorik fordern wir Sie hiermit nachdrücklich auf, derart haltlose Behauptungen und Unterstellungen zu unterlassen und mahnen dringend Ihre Rückkehr zu einer angemessenen Sachlichkeit (...) an.“
Nachdem das Bundesverwaltungsgericht im Mai 2023 einen Eilbeschluss gegen Umspannwerk und Heestal-Trasse abgelehnt hat, konzentriert die Bürgerinitiative ihre Aufmerksamkeit auf die ÖBB in den Bereichen vor allem auf Siegener Stadtgebiet, auf dem die Arbeiten bereits begonnen haben. Bei dem Mailwechsel vom November/Dezember 2023 bleibt es daher nicht. „Diese Aggressivität“, so Silke Klein in ihrer Erwiderung, „sieht für mich so aus, als hätte ich mit meiner Anfrage einen wunden Punkt getroffen und Sie fühlten sich nun in die Enge gedrängt und meinen, verbal zurückschlagen zu müssen.“ Verärgert reagiert Silke Klein auf die Aufforderung, „künftig jeglichen Kontakt ausschließlich mit Amprion“ zu suchen, nicht etwa mit der von Amprion beauftragten Firma Sweco oder der Bezirksregierung: „Ich empfinde es höchst unprofessionell und unverschämt, dass Sie als Angestellter und Repräsentant eines Übertragungsnetzbetreibers derart fordernd aufmerksame Bürger angehen.“
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Was die Bezirksregierung antwortet
Silke Klein fordert erneut die Zusendung der ÖBB-Dokumentation, schließt zwei Wochen später und schließlich im neuen Jahr Erinnerungen an: „Oder gab es doch keine ÖBB?“ Konkret erkundigt sich die Ehefrau des Sprechers der Bürgerinitiative Mitte Januar nach Bauarbeiten im Bereich Meiswinkel und Niederholzklau. Es sei im Planfeststellungsbeschluss geregelt, dass das Vorhaben im Sinne einer ökologischen Baubegleitung von ersten Vorarbeiten bis zum Abschluss der Rekultivierung durch entsprechend ausgebildetes Fachpersonal zu begleiten sei. „Da dieses Gebiet in direkter Nachbarschaft zu meinem Wohnort liegt, bin ich sehr daran interessiert, dass die Bestimmungen des der Maßnahme zugrunde liegenden Planfeststellungsbeschlusses eingehalten werden und die Arbeiten ökologisch begleitet werden.“ Das Schreiben schließt mit der Anforderung der „Dokumentation der ÖBB für den Bereich von Mast 384 bis Mast 380“.
Kurz darauf kommt eine Antwort von der Bezirksregierung: „Die ÖBB kann ihren Verpflichtungen (...) durch vielfältige Mechanismen Rechnung tragen und ist nicht auf die unmittelbare Überwachung vor Ort begrenzt.“ Und: „Auch Tätigkeiten wie die Begehungen, Besprechungen und Vereinbarungen sind als Tätigkeit der ÖBB zu qualifizieren.“ Diese seien „der Planfeststellungsbehörde spätestens in einem abschließenden Bericht nach Beendigung der Baumaßnahme zur Verfügung zu stellen“. Silke Klein fragt zurück: „Was tun Sie, wenn durch die Baumaßnahmen und evtl. unzulänglich durchgeführte ÖBB geschützte Arten oder deren Lebensraum unwiederbringlich zerstört werden?“
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Wie Düsseldorf ins Spiel kommt
Ende Januar wendet sich Silke Klein ein weiteres Mal an Amprion („habe das Gefühl, dass meine Anfrage im Sande verlaufen soll“), schließlich Anfang Februar in einem offenen Brief an die Bezirksregierung; „Hier werden Begründungen gesucht, um zu verteidigen, dass niemand vor Ort war. Warum stellt sich die Bezirksregierung Arnsberg auf die Seite des Vorhabenträgers? Als aufsichtsführende Behörde sind Sie auch Naturschutzbehörde und demnach sollte Ihnen der Schutz der Natur näher am Herzen liegen, als die Ziele von Energiekonzernen.“
Die darauf folgende Mail geht an das Umweltministerium in Düsseldorf. Sie habe „Zweifel an der ordnungsgemäßen Durchführung“ der ÖBB, die Bezirksregierung weigere sich, ihr einen zuständigen Ansprechpartner zu benennen. „In Zeiten des hochbrisanten Artensterbens sollte es doch oberste Priorität einer Naturschutzbehörde sein, Natur- und Umweltschutz zu überwachen und Hinweisen der Bevölkerung nachzugehen, anstatt sich auf die Seite eines Energiekonzerns zu stellen und dessen Handlungen und Vorgehensweisen zu verteidigen.“
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Wie die letzten Versuche aussehen
Schließlich greift Silke Klein die Auskunft auf, dass ein Bericht über die ökologische Baubegleitung „spätestens“ nach Abschluss der Bauarbeiten vorzulegen sein. Dies sei in Niederschelden seit fast anderthalb Jahren der Fall, die Leitung sei seit August 2022 in Betrieb: „Bitte senden Sie mir auch den abschließenden Bericht sowie das Protokoll der Abnahme durch die Naturschutzbehörde zu.“
Und bei Mast 375 unmittelbar in der Nähe von Hof Wurmbach hat Silke Klein intensiv nachgeforscht, nachdem die im November 2022 eine spektakuläre Baugrunduntersuchung vorgenommen worden war. Aus Gesprächsprotokollen erfährt sie von Überprüfungen „auf gegenwärtige Vorkommen“ (geschützter Arten, d. Red.): „Folglich müssen auch Dokumentationen hierüber angefertigt worden sein.“ Weißdorn-, Holunder- und Haselnusssträuchern, die für diese Maßnahmen freigeschnitten worden sein, „stellen den immer geringer werdenden Lebensraum der Haselmaus dar.“
Wie sich die letzte Lücke vor Kreuztal schließt
Es geht um „Protokolle der Kartierungen und Begehungen“, die Silke Klein wiederholt anfordert und nicht zu sehen bekommt. Veröffentlicht wird dagegen am 17. Februar der Planfeststellungsbeschluss für einen weiteren Abschnitt der Höchstspannungsleitung, das Teilstück zwischen Hagen-Garenfeld und Iserlohn-Ochsenkopf, die letzte noch fehlende Genehmigung für die Leitung von Dortmund nach Dauersberg bei Betzdorf. „In dem etwa 2,5 Jahre andauernden Verfahren mit Umweltverträglichkeitsprüfung sind unter Beteiligung der Öffentlichkeit, von Behörden und Verbänden alle Einwendungen, Stellungnahmen und Anregungen sorgfältig geprüft und unter Berücksichtigung der rechtlichen Vorgaben abgewogen worden“, schreibt die Bezirksregierung und stellt das Vorhaben als „wichtigen Baustein der Energiewende“ heraus. Der Spielraum für das immer noch umkämpfte Teilstück zwischen Altenkleusheim und Mudersbach wird kleiner.
Die Bürgerinitiative Junkernhees informiert auf ihrer Seite bi-junkernhees.de
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