Siegen-Wittgenstein. Die Beteiligungsgesellschaft des Kreises darf ihr Geld zusammenhalten. Auch ohne RWE-Aktien macht sie Gewinn – gibt aber nichts mehr davon ab.

Die Betriebs- und Beteiligungsgesellschaft des Kreises (BBG), zu 81 Prozent Eigentümerin des Siegerlandflughafens und zu 100 Prozent der Kreisbahn Siegen-Wittgenstein, muss Geld anlegen. Dabei will sie sich offensichtlich nicht allein auf die Investmentfonds verlassen, in die sie das Geld aus dem vom Kreistag erzwungenen Verkauf der RWE-Aktien investiert hat.

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„Aus steuerrechtlichen Erwägungen“, so die Kreisverwaltung, suche die BBG Parkflächen zur eigenen Bewirtschaftung. „Die Suche nach geeigneten Flächen in Siegen war bisher nicht erfolgreich. Daher ist nach einem Beschluss der Gesellschafterversammlung der Suchradius ausgeweitet worden.“ In einem auch in dieser Zeitung veröffentlichten Immobiliengesuch wird „ein Grundstück zur Errichtung eines öffentlichen Parkplatzes oder ein Grundstück mit bestehender öffentlicher Parkfläche oder eine öffentliche Tiefgarage/ein öffentliches Parkhaus zum Kauf oder zur Verpachtung im Radius 150 km von Siegen“ gesucht.

Kritik am Kreistag

SPD-Bundestagsabgeordnete Luiza Licina-Bode kritisiert die Siegen-Wittgensteiner CDU-Kreistagsfraktion. Sie habe im Kreistag Streichungen vorgelegt, „deren schädliche Folgen für die heimische Industrie nicht zu Ende gedacht wurden“, heißt es einer Pressemitteilung. „Statt einer Entlastung der Kommunen wurden wichtige Schnittstellen zwischen Verwaltung und Wirtschaft gekappt, bereits eingeworbene Fördermittel werden nicht für den Kreis genutzt werden können und die Wirtschafts- und Tourismusförderung aufgegeben. Liebe für die Region sieht anders aus. Damit hat die CDU nach dem Bund auch auf Kreisebene klargestellt, dass ihr die vermeintliche Wirtschaftskompetenz offensichtlich fehlt“, so Luiza Licina-Bode.

Investmentfonds haben 2022 Wert verloren

Schon 2021 habe die Gesellschafterversammlung per Beschluss „die vor Jahren bereits ausgeführte Tätigkeit der Bewirtschaftung von Parkraum für den öffentlichen Verkehr und damit eine unmittelbare Tätigkeit in der Sparte ‚Verkehr‘ wiederaufgenommen“, heißt es im Jahresabschluss 2021, der im September 2022 veröffentlicht wurde. Der Kursrückgang an den Börsen habe sich auf die beiden Spezialinvestmentfonds niedergeschlagen, heißt es im Anhang zum Jahresabschluss 2021. Der Wertverlust habe bis Juni 2022 rund zehn Prozent gegenüber der Bilanz 2021 betragen.

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In dem „Immobiliengesuch“ fordert die BBG einen Mindest-Jahresumsatz des Parkhauses von 35.000 Euro und betont eine „Gewinnerzielungsabsicht“. Das legt nahe, dass die BBG die (höheren) Abschreibungen ihrer Investition mit den (niedrigeren) Erträgen verrechnen und so einen Verlust produzieren will, den sie steuerlich geltend machen kann. Das führt zu einer insgesamt niedrigeren Steuerlast, sodass ein größerer Teil des Gewinns im Unternehmen bleibt. Würde von vornherein kein Gewinn angestrebt, wäre das Parkhaus in den Augen des Finanzamtes „Liebhaberei“, mit der keine Steuerverminderung erlaubt würde.

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Von RWE-Aktien sind rund 90 Millionen Euro übrig

Zwar rechnete die BBG Ende 2021 damit, dass sie 2022 904.000 Euro an den defizitären Siegerlandflughafen überweisen muss und die Kreisbahn 2022 ebenfalls 975.000 Euro erwartet. Dem gegenüber steht allerdings der für 2021 ausgewiesene Bilanzgewinn von rund 35 Millionen Euro. Größter Einzelposten im Vermögen der BBG sind die Finanzanlagen von rund 90 Millionen Euro. Darin enthalten sind die Erlöse aus dem Verkauf der RWE-Aktien, den der Kreistag angesichts eines drastischen Kursverfalls und ausbleibender Dividendenzahlung 2017 veranlasst hatte. Nach heutigem Kurs wären die 3,9 Millionen Aktien fast 125 Millionen Euro wert.

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In früheren Zeiten hatte sich der Kreis Jahr für Jahr Gewinne der BBG überweisen lassen, um seinen Haushalt auszugleichen. Entsprechend geringer konnte die von den Städten und Gemeinden zu zahlende Kreisumlage ausfallen. Erst am Freitag hatte der Kreistag heftig über Sparbeschlüsse gestritten, die unter anderem auch den jährlichen Zuschuss an die Wohlfahrtsverbände betreffen. Dagegen hat die Stadt Siegen im vorigen Jahr mit 420.000 Euro Dividende gerechnet – ein Euro pro Aktie.

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