Siegen. „Nie wieder ist jetzt“: Immer mehr Unterstützer für eine Kundgebung gegen die AfD am Donnerstag in Siegen. Bürgermeister Mues ist ein Hauptredner

Die Berichte über „Geheimpläne“ der AfD zu massenhafter Abschiebung auch deutscher Staatsbürger hat etwas ausgelöst im Land, auch in Siegen. Ein zivilgesellschaftliches Bündnis erhält derzeit breiten Zulauf zu einer Kundgebung gegen die AfD, die am Donnerstag, 25. Januar, stattfinden soll. Die Organisatoren mussten die Teilnehmerzahlen bereits mehrfach deutlich nach oben korrigieren. Mehr als 50 Unterstützer-Gruppen – Gewerkschaften, Parteien, Wohlfahrtsverbände, Initiativen, Kulturinstitutionen – haben sich eine Woche vor der Demonstration „Nie wieder ist Jetzt!“ dem Walter-Krämer-AStA der Universität Siegen als Initiator angeschlossen.

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Eine vierstellige Anzahl Menschen wird am Donnerstag, 25. Januar, 17.30 Uhr auf dem Bismarckplatz in Weidenau erwartet. Die Erfahrung aus anderen Städten zeige, dass es sehr schnell deutlich mehr Protestierende werden könnten, so die Organisatoren. Geplant sind mehrere Redebeiträge – darunter auch viele Personen, die von den Abschiebe-Plänen betroffen wären und die aus Angst vor rassistischen Anfeindungen sehr häufig zögern, öffentlich aufzutreten. Zum Abschluss tritt die Band „The Rogues from County Hell“ auf, bekannt unter anderem vom Siegener Stadtfest. An diesem Donnerstagabend findet in der Bismarckhalle ein Neujahrsempfang der Siegen-Wittgensteiner AfD statt. Man gehe von einem friedlichen Verlauf aus, gleichwohl wird die Polizei mit starken Kräften vor Ort sein und mittels einer „neutralen Zone“ eine direkte Konfrontation verhindern.

Menschen mit Migrationsgeschichte in Siegen: „Ihr seid nicht allein“

Anlässlich der enormen Resonanz auf die Correctiv-Recherche zu dem sogenannten „Geheimplan“ und die folgenden Demonstrationenin zahlreichen deutschen Städten habe sich auch die Siegener Studierendenvertretung entschlossen, für ihre Mitstudierenden einzustehen. Dazu könne man nicht weiter Schweigen, bevor sich ein Klima der Angst weiter ausbreiten könne. Man sehe sich angesichts dieser Ereignisse besonders in der Verantwortung für Kommilitoninnen und Kommilitonen mit Migrationsgeschichte und für internationale Studierende, sagt Louisa Klein vom Siegener AStA. „Sie alle und viele andere Menschen sind von dermenschenverachtenden Politik der AfD bedrohtund wir wollen ihnen die klare Botschaft senden: Ihr seid nicht allein.“

Ich halte es für meine Pflicht, mich auch persönlich gegen rechtsextremistische Bestrebungen einzusetzen, die bewusst unsere freiheitlich, demokratische Ordnung und unser friedliches und tolerantes Zusammenleben bedrohen.
Steffen Mues - Bürgermeister

Ein erster Social-Media-Post des AStA habe eine unerwartete Reichweite erlangt, nach wie vor würden weitere Unterstützer dazukommen, „es ist zum Selbstläufer geworden“, so Louisa Klein. Es gebe jede Menge tatkräftige und auch finanzielle Hilfe. Auch Bürgermeister Steffen Mues kündigt auf Anfrage der Redaktion an, teilzunehmen und auch einer der Hauptredner zu sein: „Ich halte es für meine Pflicht, mich auch persönlich gegen rechtsextremistische Bestrebungen einzusetzen, die bewusst unsere freiheitlich, demokratische Ordnung und unser friedliches und tolerantes Zusammenleben bedrohen.“ Er begrüße und unterstütze die Kundgebung, auch wenn er die politischen Ansichten mancher Unterstützer nicht teile.

Ein solches Zeichen gegen Rechtsextremismus, Rassismus, Hass und Hetze gelte es auch in Siegen zu setzen, betont Jenny Lamb, stellvertretende AStA-Vorsitzende. Das möchte auch die DGB-Gewerkschaftsjugend als Mitveranstalterin. „Wir vertreten junge Beschäftigte, Auszubildende, Schülerinnen und Schüler“, sagt Jugendbildungsreferent Björn Eckert. „Wir stehen für eine bunte und vielfältige Gesellschaft.“ Denn die Politik der AfD richtet sich keineswegs nur gegen „Ausländer“ oder was sie dafür hält; sie sei auch zutiefst unsozial, lehne Unterstützung etwa von benachteiligten Menschen ab – und übrigens auch Subventionen, auch wenn die Partei versuchte, bei den Bauern-Protesten einen anderen Eindruck zu erwecken. „Auf solche Positionen möchten wir stärker den Fokus lenken“, sagt Eckert. Man wolle Hass und Hetze gelebte Solidarität entgegenstellen.

Auch Siegener AfD-Funktionäre mit Kontakten zu extrem Rechten

Dank der Unterstützung hoffen die Verantwortlichen nun, in der Breite der Stadtgesellschaft, über Parteigrenzen hinweg und über den 25. Januar hinaus ein Netzwerk zu knüpfen, das sich nachhaltig engagieren werde. „Wir möchten Kontinuität, keine einmalige Veranstaltung“, sagt Louisa Klein. Denn es schmerze, dass die AfD mit Steuergeldern an der Zersetzung der Demokratie arbeite – nun gelte es, bei aller Unterschiedlichkeit gemeinsam die Wehrhaftigkeit der Demokratie in der Bundesrepublik Deutschland ihren Feinden gegenüber nach vorne zu stellen. Der Appell an die Bevölkerung: „Nicht mit uns! Nie wieder ist jetzt! Kein Platz für Rassismus, Antisemitismus und Faschismus! Wir wollen eine Gesellschaft der Solidarität, keine Gesellschaft des Hasses und der Ausgrenzung!“

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Der Neujahrsempfang der AfD, die Kundgebung davor und währenddessen, sei dabei lediglich ein guter Anlass, „wir hätten die Demo auch ohne diesen Termin gemacht“, bekräftigt Louisa Klein. Die Organisatoren erinnern daran, dass sich die AfD in Siegen und in Siegen-Wittgenstein zwar gern das Mäntelchen des „Rechtskonservativismus“ umhänge – „das ist eine Maske“, sagt Klein und verweist auf zahlreiche Berichte, nach denen auch hiesige AfD-Funktionäre regelmäßige Kontakte zu gesichert Rechtsextremen unterhalten. Unter anderem auch zu einer Teilnehmerin des Treffens, bei dem laut Demonstrationsaufruf „führende AfD Politiker*innen gemeinsam mit der Prominenz der Neuen Rechten, Mitgliedern der Werte-Union und potentiellen Geldgebern“ zugegen waren.