Siegen. Vorwürfe von Michael M. Schwarzer gegen die Kreis-AfD: Sympathie für Reichsbürger-Ideen und Neonazis, Dilettantentum. Der Vorstand kontert.

Der Richtungsstreit innerhalb der AfD Siegen-Wittgenstein spitzt sich weiter zu: Die geschrumpfte Siegener Stadtratsfraktion gegen den im Amt bestätigten Kreisvorstand, Michael M. Schwarzer gegen Roland Steffe, die sich gegenseitig mit Vorwürfen überziehen.

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Insbesondere Schwarzer, der nach eigenen Angaben dem moderateren liberal-konservativen Parteiflügel angehört, wirft der Gegenseite vor, dem radikaleren „Höcke-Flügel“ anzugehören, zunehmend extremistische Positionen zu vertreten. Dazu kommt auch noch der „Namens-Streit“, weil die AfD gleich zweimal im Siegener Rat vertreten ist: Als AfD um Schwarzer und als AfS (Alternative für Siegen) um Steffe.

„Freundliches Gesicht des Nationalsozialismus“ in Siegen beim AfD-Kreisparteitag?

Auslöser für die nächste Eskalationsstufe war der Kreisparteitag der AfD Siegen-Wittgenstein. Die Öffentlichkeit wurde ausgeschlossen – das „konterkariert die Ideale einer Partei, die sich Transparenz und Bürgernähe auf die Fahnen schreibt“, so Michael M. Schwarzer, „das kann ich auch keinem Wähler in Siegen erklären“. In früheren Jahren seien bis zu 100 Parteimitglieder zu solchen Veranstaltungen gekommen, in der „Ära Steffe lediglich noch um die 20“. Sieben Anträge hatte die Stadtratsfraktion gestellt, mit keinem habe sich der Kreisparteitag befasst. „Zweifelhaft“ sei die Versammlung gewesen, der Umgang mit der Presse „dumm und ignorant“, er müsse sich aus einer Vielzahl von Gründen „zutiefst für diesen Kreisverband schämen“. Schließlich habe man sich gegen die Teilnahme an der Veranstaltung entschieden, weil Matthias Helferich als Versammlungsleiter fungieren sollte, für Schwarzer und Co eine „rote Linie“: Der fraktionslose Bundestagsabgeordnete und Parteimitglied steht selbst innerhalb der AfD unter Radikalismusverdacht, bezeichnete sich öffentlich selbst als „das freundliche Gesicht des Nationalsozialismus“, seine Äußerungen reichten allerdings nicht für Sanktionen seitens der AfD.

Man habe sich mit den eingebrachten Satzungsänderungen nicht befasst, „insbesondere auch weil der Antragsteller nicht anwesend war“, teilt Roland Steffe auf Anfrage mit: Nicht die Fraktion habe die Anträge gestellt, sondern Schwarzer persönlich, die er mündlich habe begründen wollen. Die genannten Zahlen zu den Teilnehmerzahlen „entspringen der Fantasie von Herrn Schwarzer“, der es selbst in der Hand habe, sie zu erhöhen, indem er den Parteitag besuche – insbesondere dann, „wenn man mit mehreren Satzungsänderungsanträgen vertreten ist“. Helferich, so Steffe, stehe fest auf dem Boden der freiheitlich-demokratischen Grundordnung, was das AfD-Schiedsgericht ausdrücklich festgestellt habe.

Ausschlussverfahren gegen Siegener Fraktionschef läuft – „von Idealen der AfD entfernt“

Die Siegener AfD-Fraktions-Geschäftsführerin Annette Six betont die eigene liberal-wertkonservative Position, „ohne jedwelche radikale oder gar extremistische Positionen“. Die „selbsternannte AfS“ um Roland Steffe hingegen sei „bestenfalls dazu geeignet, so ziemlich alle gegen die AfD erfundenen Vorurteile zu bestätigen“. Davon distanziere man sich klar und entschieden – wohl ahnend, dass die eigene Position geschwächt ist: Die drei „Abweichler“ von der AfS im Siegener Rat sind alle Mitglieder des alten und neuen AfD-Kreisvorstands. Roland Steffe habe ein Parteiausschlussverfahren gegen Michael M. Schwarzer beantragt, Schwarzer zufolge nicht das erste. Das könne „keinerlei Aussicht auf Erfolg haben“, sei aber ein ernstes Zeichen dafür, „wie weit sich der Kreisverband SiWi von den Idealen der AfD entfernt hat“.

Man werde demnächst wieder unter dem Namen „Alternative für Deutschland“ im Siegener Stadtrat arbeiten, kündigt Roland Steffe an.

Reichsbürger-Ideen, Sympathie für Neonazis – „Parteischädigende Diffamierungen“

Explizit wirft Schwarzer dem Kreisverband um Steffe vor, Reichsbürger-Ideen wohlwollend zu dulden, unverhohlen Sympathie zur rechtsextremen Splitterpartei „3. Weg“ zu pflegen. Dafür gebe es deutliche Hinweise: AfD-Vorstandsmitglieder seien seinerzeit im Parteibüro der Neonazis an der Schlachthausstraße gesehen worden, „da sind bei uns die Alarmglocken angegangen“, sagt Schwarzer. Dem wollte man auf den Grund gehen, Roland Steffe und sein Vize Christian Zaum, Vorsitzender der Kreistagsfraktion, hätten aber verzögert und dagegengearbeitet, worüber der heutige Streit ausgebrochen sei. „Daraus kann man eine gewisse Sympathie zu Neonazis ableiten“, so Schwarzer. Ein weiteres Mitglied der heutigen AfS-Fraktion habe demnach Beiträge mit Reichsbürger-Bezügen geteilt, zur Verschwörungsideologie QAnon, über Angela Merkels jüdische Vorfahren fabuliert. „Auch wenn wir Angela Merkel einiges vorzuwerfen haben: Das war für uns die rote Linie“, sagt Schwarzer.

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„Herr Schwarzer ist für seine Diffamierungen von Parteikollegen in der Öffentlichkeit bekannt“, so Roland Steffe. Ganz offensichtlich habe er seine Ziele in der AfD nicht verwirklichen können, sich selbst ins Aus manövriert und versuche nun, verbrannte Erde zu hinterlassen, indem er Partei und einzelnen Personen schade. Man werte das als „Schwanengesang“. All diese Zuschreibungen „sind nicht nur frei erfunden, sondern parteischädigend“, so Steffe.