Siegen. Das Klinikum Siegen versucht als eine der ersten Krankenhäuser in Deutschland die 4-Tage-Woche. Auch die, die nicht mitmachen, finden‘s gut.
Rund zehn Stunden am Tag arbeiten, dafür aber nur an vier statt fünf Tagen in der Woche: Seit Oktober testet das Klinikum Siegen als eine der ersten Kliniken in Deutschland die 4-Tage-Woche auf zwei „Pilotstationen“ in der Pflege. Wie läuft’s? Und wo gibt’s Probleme? Die Verantwortlichen haben nun ein erstes Zwischenfazit gezogen.
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Im Rahmen des neuen Modells werden 38,5 Stunden pro Woche (Vollzeit) auf vier Tage verteilt. Dabei kann der Dienstbeginn flexibel variiert werden. Sechs Pflegefachkräfte machen zurzeit auf der Station 34 (Neurologie) beim Projekt mit. Bisher seien die Rückmeldungen „überwiegend positiv“, erzählt Lisa Stein, Teamleiterin der Station. Nur zwei Pflegefachkräfte ihrer Station hätten die Testphase vorzeitig beendet – „aus privaten Gründen“. Auf der Anästhesie-Station von Regine Ahrens beteiligen sich zurzeit sieben Pflegerinnen und Pfleger an dem neuen Arbeitszeitmodell, früher waren es einmal acht. „Zwei Mitarbeiter sind total begeistert. Sie wollen es am liebsten weitermachen“, sagt Regine Ahrens.
Schnell kristallisierten sich die ersten Vorteile heraus: Das neue Arbeitszeitmodell kann für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mit einem langen Anfahrtsweg gut geeignet sein. Auch kann durch den zusätzlichen freien Tag mehr Flexibilität bei der Freizeitgestaltung gewonnen werden. Durch die längeren Arbeitszeiten am Tag ergeben sich zudem „Überlappungen“ im Krankenhaus – die 4-Tage-Woche-Teilnehmer können ihre Arbeit gegen Ende ihrer Schicht beispielsweise in ruhigerer Atmosphäre dokumentieren, weil der Spätdienst schon da ist. „Das Stresslevel wird reduziert“, erläutert Lisa Stein. Und auch die Qualität der Pflegedokumentation und Versorgung der Patienten würden so erhöht.
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Durch das neue Modell ergeben sich auch immer wieder Verschiebungen: „Bei uns wurde ein zusätzlicher Spätdienst abgeschafft“, berichtet Regine Ahrens. Durch die längere Arbeitszeit der Projektteilnehmer war er an dieser Stelle nicht mehr nötig. „Wenn man an einer Stelle Stunden einspart, werden sie woanders wieder eingesetzt“, erläutert Pflegedirektor Armin Heck.
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Natürlich funktioniere es nicht, dass jeder Projektteilnehmer von Montag bis Donnerstag freihabe, sagt Lisa Stein. „Es gibt beispielsweise auch Kollegen, die arbeiten fünf bis sechs Tage am Stück und haben danach vier Tage frei.“ Die Dienstplanung sei durch die Testphase anders als vorher, sagt Regine Ahrens. Sie habe sie sich aber komplizierter vorgestellt, als sie nun tatsächlich ist. Manche Kolleginnen und Kollegen hätten auch festgestellt, dass sie rund zehn Stunden Arbeit am Tag zu lang finden – andere wiederum fänden das gerade gut. Der Grundtenor aller Beteiligten sei, dass das neue Arbeitszeitmodell im Dienst Entlastung bringe, berichtet Armin Heck. „Die 4-Tage-Woche wird auch von denen wertgeschätzt, die nicht daran teilnehmen.“
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Prinzipiell sei dieses Arbeitszeitmodell auf allen Stationen möglich, sagt Armin Heck. Doch nicht alle Mitarbeiter würden das Angebot auch nutzen wollen. „Es muss auch zu den Lebensumständen passen“, sagt Carolin Barkam, Referentin für Personalentwicklung am Klinikum Siegen. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter haben auf den „Pilotstationen“ die Wahl und können zwischen der 5- oder 4-Tage-Woche wählen.
Klinikum Siegen: Testphase für 4-Tage-Woche endet im März
Die Testphase geht nun noch bis Ende März, danach soll geschaut werden, was dann endgültig passiert. „Bisher sieht es so aus, als ob die 4-Tage-Woche toleriert wird“, berichtet Armin Heck. Zurzeit ist die Idee, dass die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der „Pilotstationen“ auch nach März entscheiden können, welches Arbeitszeitmodell sie für sich wählen möchten. Auch eine Ausweitung auf andere Stationen und Berufsgruppen sei denkbar. Voraussichtlich könnte sich die 4-Tage-Woche als ein zusätzliches Arbeitsmodell im Klinikum Siegen etablieren. Gleichzeitig müsse das Konzept aber auch immer in den jeweiligen Kontext der Station passen, unterstreicht Armin Heck.
Bei dem Projekt gehe es vor allen Dingen darum, für die eigenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter als Arbeitgeber attraktiv zu sein und zu bleiben: „Wir wollen hübsch sein für unsere Mitarbeiter“, sagt Armin Heck. In traditionellen Arbeitszeiten zu denken, funktioniere heute nicht mehr. „Und es ist gut so, dass das nicht mehr funktioniert.“ Es gehe darum, zu schauen, wie man neue Wege schaffen könne, sagt Carolin Barkam. Und darum, Arbeitsmodelle zu finden, die zur Entlastung führen. „Wir wollen das Bestmögliche gestalten.“
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