Kreuztal. Am Ende, fürchten die Kläger aus dem Heestal, werden vor dem Urteil vollendete Tatsachen geschaffen.

Das Bundesverwaltungsgericht hält eine mündliche Verhandlung über die Klagen gegen den Planfeststellungsbeschluss für die Amprion-Höchstspannungstrasse im November für „nicht mehr realistisch“, Zum einen, weil das Gericht einen neuen „Energiesenat“ bildet, das den Prozess übernehmen wird. Zum anderen, weil Amprion eine dritte Änderung des Planfeststellungsbeschlusses beantragt hat.

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Nachdem es in der zweiten Änderung um die Änderung von Mastform und -standorten gegangen war, steht nun eine Veränderung der Zufahrt zum geplanten Umspannwerk in Junkernhees an. „Die nunmehr erfolgte technische Ausdetaillierung des Trafotransports hat bestätigt, dass die planfestgestellte Zuwegung über die vorhandene Erschließungsstraße grundsätzlich weiterhin für den Trafotransport geeignet ist“, schreiben die Amprion-Anwälte an das Gericht, „gleichwohl können insbesondere in den Kurvenbereichen kleinflächige zusätzliche Grundstücksinanspruchnahmen erforderlich werden.“ Davon betroffen ist allerdings eine der Klägerinnen gegen den Planfeststellungsbeschluss.

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Amprion will „beklagte Bereiche vorerst aussparen“

Mit der anstehenden Planänderung ist keine Unterbrechung der begonnenen Arbeiten verbunden, sagt Amprion-Projektsprecherin Katrin Schirrmacher auf Nachfrage dieser Zeitung: „Mit dem Planfeststellungsbeschluss haben wir vollziehbares Baurecht und werden in diesem Genehmigungsabschnitt die notwendigen bauvorbereitenden Maßnahmen sowie Bautätigkeiten fortsetzen, da es sich bei dem Vorhaben EnLAG 19 Kruckel-Dauersberg um eine wichtige Nord-Süd-Verbindung im Wechselstromnetz handelt. Daher sind wir im Sinne der Versorgungssicherheit bereit, das unternehmerische Risiko aufgrund des noch ausstehenden Urteils aus Leipzig auf uns zu nehmen.“ Amprion habe den Bauablauf „dahingehend optimiert, dass wir weitestgehend die beklagten Bereiche vorerst aussparen“.

Ansgar Klein, einer der Sprecher der Bürgerinitiative Junkernhees, macht sich Sorgen – „dass schon alles gebaut ist, bevor das Gericht getagt hat“. Und vermutet ein strategisches Vorgehen des Netzbetreibers: Nach und nach, so Klein, würden nun die Kritikpunkte abgearbeitet, mit denen er und seine Mitstreiter ihre Klagen begründet hätten. Sodass die Kläger am Ende mit leeren Händen da stünden, ohne ihre Ziele erreicht zu haben: eine veränderte Trassenführung mit größerem Abstand zum Heestal und zu Meiswinkel. Und den Verzicht auf das Umspannwerk gegenüber von Schloss Junkernhees.

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Kostenkalkulation ist Geschäftsgeheimnis

40 bis 50 Millionen Euro, schätzt Ansgar Klein, würde allein das Umspannwerk Junkernhees kosten. Die Erweiterung des Umspannwerks Altenkleusheim „kostet einen Bruchteil davon.“ Ansgar Klein schätzt – denn die Antwort auf die Frage dazu hat Amprion verweigert. Das Unternehmen könne dem mit dem Umweltinformationsgesetz begründeten Begehren nicht entsprechen, „weil es sich bei den von Ihnen gewünschten Informationen um Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse (...) handelt“, heißt es in der Mail von Amprion. Und weiter: „Durch die Offenlegung der von Ihnen begehrten Umweltinformationen ist zu befürchten, dass die Entscheidungsfindung des Gerichts von außen beeinflusst wird.“

Ähnlich antwortet Amprion auf die Nachfrage, welche weiteren gasisolierten 380-kV-Umspannanlagen das Unternehmen betreibe. „Es gibt gar kein anderes gasisoliertes Umspannwerk“, folgert daraus Silke Klein. Solche geschlossenen Bauwerke gebe allenfalls im kleineren Maßstab für die Umspannung zu Ortsnetzen, nicht aber für eine Höchstspannungsleitung.

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„Besitzeinweisung“ in Junkernhees

Derweil rücken die Bautrupps auch in die Nähe des Heestals vor. In Junkernhees hat die Bezirksregierung eine „Besitzeinweisung“ vorgenommen, die Amprion zur Nutzung eines Grundstücks berechtigt. Gegen den Willen von Eigentümer und Pächter soll darauf das Stromkabel gelegt werden, das während der Bauzeit von den alten Masten heruntergenommen und auf die neuen Masten aufgezogen wird. Eine Matte wurde vom Weg auf die Wiese gelegt, Gesträuch weggeschnitten. Für den fünf bis zehn Meter breiten, nun eingezäunten Streifen erhalte der Eigentümer für drei Jahre eine Pacht von 300 Euro, berichtet Ansgar Klein. Bei einem Landwirt in der Numbach klopft Sweco an, ein von Amprion beauftragter Dienstleister: Gesucht werden Ausgleichsflächen, die für den Leitungsbau nachgewiesen werden müssen; die schnelle Unterschrift wird mit einer Beschleunigungsprämie belohnt.

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Sie bitte, „auf die zu erwartende Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts zu vertrauen“, schreibt die Mitarbeiterin der Bezirksregierung, bei denen sich Silke und Ansgar Klein beschwert haben. Sollte es bei der Planfeststellung zu Fehlern gekommen sein, „so wird diese das Bundesverwaltungsgericht feststellen“.

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