Siegen-Wittgenstein. Das Oberverwaltungsgericht hat die Buslinien-Konzessionen für Siegen endgültig kassiert. Landrat Andreas Müller sagt,wie es weitergeht.

Mit großem Tempo geht der Kreis Siegen-Wittgenstein an die Neugestaltung des öffentlichen Nahverkehrs heran – losgelöst davon, dass das Oberverwaltungsgericht nun endgültig die Vergabe der Linienkonzessionen im Kernraum Siegen an die Verkehrsbetriebe Westfalen-Süd (VWS) für nichtig erklärt hat (wir berichteten). Das betont Landrat Andreas Müller im Gespräch mit dieser Zeitung.

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Entwurf für neuen Nahverkehrsplan noch dieses Jahr?

Möglicherweise noch zum Ende dieses Jahres soll der Entwurf eines neuen Nahverkehrsplans auf dem Tisch liegen, der dann 2023 offengelegt und beschlossen wird. Die darin enthaltenen Linien und Fahrpläne werden Grundlage für die Neuausschreibung der Konzessionen sein. „Wir rechnen nicht mit eigenwirtschaftlichen Anträgen“, sagt Andreas Müller. Das war 2017 anders, als gleich drei Verkehrsunternehmen sich um die Linien bewarben, die sie ohne Zuschüsse auf eigene Rechnung betreiben wollten – und die sich dann vor Gericht wiedersahen.

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Wird der Kreis Siegen-Wittgenstein wieder selbst Busunternehmer?

Ebenfalls für Ende dieses Jahres erwartet der Landrat das Gutachten zur künftigen Organisation des Nahverkehrs, das der Kreistag gefordert hat. Eine Rolle wird darin spielen, ob der Kreis den öffentlichen Nahverkehr weiterhin privatwirtschaftlichen Unternehmen überlässt, selbst in ein Verkehrsunternehmen einsteigt oder sogar ein eigenes neu gründet. Sollte der Kreis sich selbst engagieren, könnte, wenn weitere Bedingungen eingehalten werden, die EU-weite Ausschreibung der Busnetze vermieden werden. „Diese Gestaltungsmöglichkeit gibt es“, sagt Landrat Andreas Müller. Statt den Busverkehr erneut - wie bei Veolia-Transdev von 2009 bis 2012 – einem internationalen Konzern zu überlassen, könnten die Aufträge direkt an das eigene Unternehmen vergeben werden.

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Der Kreis will mit dem neuen Konzept zügig an den Start gehen – was allerdings, wie Landrat Andreas Müller einräumt, einer „einvernehmlichen Lösung mit den VWS“ bedarf. Die haben nämlich die Konzessionen für die Buslinien in den anderen vier Linienbündeln in Siegen-Wittgenstein und Olpe, die noch bis Ende 2028 gelten. Nur bei einer vorzeitigen Rückgabe könnte zumindest für den Kreis Siegen-Wittgenstein eine einheitliche Lösung geschaffen werden – der Kreis Olpe schließt für sich bisher aus, sich noch einmal, wie bis 2005 an den VWS, an einem kommunalen Busunternehmen zu beteiligen.

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Entscheidung über Elektrobusse fällt im Herbst

Eine kurzfristigere Lösung ist aus Sicht des Siegen-Wittgensteiner Landrats auch aus einem anderen Grund nötig: Noch im Herbst werden die Kreis-Gremien über eine Grundsatzentscheidung beraten, ob und wie viele Elektrobusse künftig in der Region eingesetzt werden. Daran hängt die Entscheidung über eine Infrastrukturgesellschaft, die unter anderen die Ladestationen baut. Im Raum steht die Idee, dass die beiden Kreise dieses Unternehmen selbst gründen. Für eine Konzessions-Restlaufzeit von fünf Jahren werde sich eine solche Investition nicht rechnen.

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VWS dürfen vorerst weiter fahren

Der Zweckverband Personennahverkehr Westfalen-Süd (ZWS), der für die Kreise Siegen-Wittgenstein und Olpe Regie über den Bus-Nahverkehr führt, sieht für die Fahrgäste in Siegen, Kreuztal, Hilchenbach, Freudenberg und Netphen – das ist das Linienbündel Mitte – keinen akuten Grund zur Sorge: „Die VWS können weiterfahren“, sagt Geschäftsführer Stefan Wied. Jeweils für sechs Monate erteilt die Bezirksregierung einstweilige Genehmigungen für die 67 betroffenen Linien. Und bis 2025 gilt die – im EU-Deutsch – „Allgemeine Vorschrift“ zum Höchsttarif, die die Fahrpreise begrenzt und den VWS einen Ausgleich ihres Defizits aus dem Kreishaushalt ermöglicht.

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