Wilnsdorf. Die Unterbringung von Geflüchteten macht in Wilnsdorf Probleme. Lösungen gäbe es, sagt die Gemeinde – wenn das Verfahren auf den Prüfstand käme.

Die Gemeinde Wilnsdorf sieht sich kaum in der Lage, weitere Flüchtlinge aufzunehmen und zu betreuen. „Die Verwaltung hat bereits der Bezirksregierung signalisiert, dass unsere Aufnahmekapazitäten nahezu erschöpft sind. Gleichwohl gehen die Zuweisungen in unverminderter Höhe weiter“, heißt es in einer Antwort, die Bürgermeister Hannes Gieseler auf eine SPD-Anfrage im Rat gab. Ähnliche Anfragen zum selben Thema hatten LKR und CDU gestellt.

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Grund für die klaren Worte des Bürgermeisters sind – das wird aus den differenzierten Ausführungen deutlich – vor allem die Rahmenbedingungen. In der Pflicht sei hier der Bund. „Wir brauchen keine jährlich stattfindenden Flüchtlingsgipfel, egal von welcher Bundesregierung durchgeführt, die – so der Eindruck in vielen Verwaltungen – nur zur Beruhigung der Kommunen dienen sollen, aber keine wirklichen Entlastungen oder Änderungen bringen“, betont Hannes Gieseler. „Wenn in Zukunft eine auch nur annähernd positive Durchführung des Grundrechts auf Asyl gewährleistet werden soll, muss das gesamte Verfahren auf den Prüfstand und von Grund auf überarbeitet werden.“

Im ehemaligen Forstamt Siegen-Süd richtet die Gemeinde Wilnsdorf eine Unterkunft für Geflüchtete aus der Ukraine ein.
Im ehemaligen Forstamt Siegen-Süd richtet die Gemeinde Wilnsdorf eine Unterkunft für Geflüchtete aus der Ukraine ein. © WP | Hendrik Schulz (archiv)

Wilnsdorf: Gemeindliche Unterkünfte bieten Flüchtlingen kein wirkliches Zuhause

Exemplarisch dienen in der Antwort Zahlen aus dem vergangenen Mai zur Verdeutlichung. Zum Stichtag 12. des Monats waren demnach 252 Personen in Wilnsdorf gemeldet, die der Gemeinde aufgrund des Flüchtlingsaufnahmegesetztes (FlüAG) zugewiesen wurden. 194 davon stammten ursprünglich aus der Ukraine. Hinzukamen 124 Menschen, die nach einer Anerkennung mit einer Wohnsitzauflage in Wilnsdorf lebten, außerdem 55 mit dem Status einer Duldung.

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162 Menschen waren in Gemeinschaftsunterkünften und städtischen Gebäuden untergebracht, weitere 32 (aus der Ukraine und Aserbaidschan) im Dorfgemeinschaftshaus in Rinsdorf und in Wilden. „Die übrigen in der Gemeinde Wilnsdorf gemeldeten Geflüchteten haben auf dem privaten Wohnungsmarkt eine Unterkunft gefunden“, so der Bürgermeister. Dies sei „neben der Eingliederung in Arbeit und dem Spracherwerb ein zentraler Baustein für eine gelingende Integration“. Demgegenüber sei zu bedenken, dass die gemeindlichen Unterkünfte „den Ansprüchen an ein Zuhause mit Platz und Privatsphäre nicht gerecht werden können“.

Finanzierung

Bezogen auf die Jahre 2018 bis 2023 musste die Gemeinde Wilnsdorf mehr Geld für Unterbringung und Betreuung Geflüchteter ausgeben, als sie von Bund und Land erstattet bekam. Laut einer Tabelle, die der Antwort des Bürgermeisters beigefügt ist, werden die Ausgaben die Einnahmen insgesamt (also in Summe von sechs Jahren) um rund 2,1 Millionen Euro übersteigen.

Verlässliche Prognosen über die weitere Entwicklung der weltweiten Flüchtlingszahlen seien nach wie vor nicht möglich. Die Gemeinde geht allerdings nicht von einer Entspannung aus und sucht nach eigenen Angaben „seit geraumer Zeit nutzbare Immobilien zum Ankauf“, um Unterbringungskapazitäten zu schaffen. Dabei könne es passieren, dass selbst kaum oder nur mit großem Investitionsaufwand brauchbare Gebäude zu erwerben seien, „um nicht weiter Dorfgemeinschaftshäuser oder Turnhallen belegen zu müssen“.

Wilnsdorf: Besondere Herausforderungen

Für die gemeindlichen Einrichtungen gelte, dass die theoretische Maximalauslastung in der Praxis nicht immer möglich sei, weil zunehmend die „unterschiedlichen Konstellationen und Konstitutionen, in denen Vertriebene ankommen“, berücksichtigt werden müssten. Besonders schutzbedürftige Menschen, Personen mit Suchtproblematik, psychischen Krankheiten, Pflegebedarf oder kognitiven und motorischen Einschränkungen erforderten Sonderlösungen. In der Vergangenheit hätten sich diese finden lassen, sagt der Bürgermeister, doch „dies kann aktuell nicht mehr sichergestellt werden“.

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Hannes Gieseler unterstreicht, „dass der Großteil der asylbegehrenden Ausländer sich unauffällig und positiv verhält und mit den jeweiligen Behörden kooperiert“ – das müsse „man ganz deutlich sagen“. Es gebe aber auch „die relativ wenigen Personen, die durch ihr Verhalten auffällig werden und immense Kapazitäten an Verwaltungskraft binden, ohne dafür wirksame Konsequenzen fürchten zu müssen“. Dererlei sorge auch „für eine negative Wahrnehmung in der Bevölkerung“.

Wilnsdorf: Gemeinde will schnellere Entscheidungen über Bleiberecht von Geflüchteten

Auf die Frage der SPD, welche Wünsche die Gemeindeverwaltung an „die höheren Ebene“ habe, hat der Bürgermeister eine konkrete Antwort: „Ganz klar wünschen wir uns eine transparente, menschenwürdige aber auch konsequente Regelung für die Einwanderung in die Bundesrepublik und die Anerkennung von asylsuchenden Menschen.“ Erforderlich seien „schnelle Entscheidungen, damit die betroffenen Menschen, aber auch die Behörden Klarheit haben. Außerdem wünschen wir uns, dass die Entscheidung dann auch mit klaren Konsequenzen verbunden wird, in die eine oder andere Richtung.“ Darüber hinaus plädiert die Gemeinde etwa für „verpflichtendes Erlernen der Sprache“ und „konsequente Abschiebung bei Straffälligkeit“.

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Das lange Warten auf Entscheidungen über das Bleiberecht „ist weder den betroffenen Flüchtlingen, noch den Kommunen oder allgemein der deutschen Gesellschaft gegenüber angemessen und fair“, heißt es weiter. Aus Sicht der Gemeindeverwaltung müssten diese Entscheidungen „innerhalb von wenigen Wochen“ erfolgen. Denjenigen, die bleiben dürfen, sollten „auch sofort jedwede rechte und Pflichten eines Bürgers der Bundesrepublik übertragen werden, z.B. eine Arbeitserlaubnis“. Die abgelehnten Asylsuchenden müssten im Gegenzug allerdings auch zurückgeführt werden, „ansonsten werden die Kommunen irgendwann nicht mehr wissen, wie sie die Menschen unterbringen sollen“.

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