Grissenbach. Ein Netphener liefert das Motiv, wie das Jubiläum der fünfstelligen Postleitzahl von der Post gewürdigt wird.

Wilfried Lerchstein ist Philathelist und Heimatforscher mit einer Leidenschaft für Metal-Musik – weshalb das Freak Valley Festival in Deuz nie ohne ihn stattfindet. Wenn es darum geht, die Werbetrommel für das Briefmarken-Hobby zu rühren, ist er einfallsreich. Das hier hat er aber noch nie geschafft: Die Post übernimmt seinen Vorschlag für einen Sonderstempel. Wenn die am 1. Juli das 30-Jährige der fünfstelligen Postleitzahlen begeht, lässt sie nach einem Vorschlag von Wilfried Lerchstein stempeln.

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Die Post hat eine Hand mit fünf Fingern als zentrales Motiv ausgewählt: „Rolf“ wurde die Hand auf zwei Beinen genannt, eine Comicfigur, mit der die Post den Deutschen vor 30 Jahren die neuen Postleitzahlen schmackhaft machen wollte. Für den Wettbewerb „Stempel des Monats“ hatte Wilfried Lerchstein seinen Vorschlag eingereicht – und gewonnen. An dem hierfür durchgeführten Wettbewerb hat sich auch der Verfasser beteiligt. Ja, sagt er, natürlich sei er stolz – und setzt noch einen drauf: mit einer „Briefmarke Individuell“, wie er schon eine ganze Reihe zu Jubiläen in der Region entworfen hat. Diese aber zeigt ihn selbst: mit zwei „Rolfs“ und dem gut 1000-seitigen Schmöker, den die Post vor 30 Jahren an alle Haushalte verteilt hat.

Wilfried Lerchstein hat dokumentiert, wie die fünfstelligen Postleitzahlen entstanden. Hier ist sein Bericht:

Wilfried Lerchstein

Schon im Zweiten Weltkrieg, in dem das Postaufkommen durch Feldpostbriefe und -päckchen stark anstieg, erfolgte die Einführung eines Postleitzahlensystems. Die Ersatzkräfte für die zur Wehrmacht eingezogenen Postbediensteten hatten oft nur unzureichende geografische Kenntnisse, vor allem betreffend die hinzugekommenen besetzten Gebiete. Die Leitbereiche wurden durch zweistellige, numerische Postleitgebietszahlen gekennzeichnet, zum Beispiel 21 für die Provinz Westfalen. Anfang 1944 wurde die Bevölkerung aufgerufen, die Postleit[gebiets]zahl bei allen Postsendungen zu verwenden. Es gab im Laufe der Zeit weitere Änderungen, indem einige Gebiete weiter unterteilt wurden - z.B. die 21 in 21a und 21b.

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Siegen: Von „21 b“ über „59“ zu „57250“

Ein neues System wurde am 23. März 1962 eingeführt. Aus „21 b Siegen“ wurden 59 Siegen und nach der ersten Gebietsreform 593 Hüttental-Weidenau und 5931 Netphen. Ab 1974 wurden in der Bundesrepublik die Postleitzahlen mit Nullen auf vier Stellen aufgefüllt, später wurden noch Zahlen für das Zustellpostamt hinter den Ortsnamen gestellt. Da hieß es dann – nach der nächsten Gebietsreform – 5900 Siegen 21 für Siegen-Weidenau oder 5902 Netphen 3 für Netphen-Deuz.

Wilfried Lerchstein hat den offiziellen Sonderstempel zum 30. Jahrestag der fünfstelligen Postleitzahl entworfen.
Wilfried Lerchstein hat den offiziellen Sonderstempel zum 30. Jahrestag der fünfstelligen Postleitzahl entworfen. © wilfried lerchstein | Wilfried Lerchstein

1965 führte die Deutsche Post in der DDR ein eigenes vierstelliges Postleitzahlensystem ein. 802 Postleitzahlen existierten in West und Ost nun doppelt, 5900 für Siegen und Eisenach und 5902 für Netphen und Berka. Die Deutsche Bundespost empfahl ihren Postkunden 1964, künftig bei Postsendungen in die „Sowjetische Besatzungszone“ das Zeichen ‚X‘ vor den sowjetzonalen PLZ anzugeben. Analog wurden Briefe aus der DDR „in Bereiche anderer Postverwaltungen in Europa und Übersee“ ab August 1964 mit einer Null (0-) vor der PLZ gekennzeichnet. Erst seit 1976 wurde der Postleitzahl bei Postsendungen von der DDR in die Bundesrepublik ein „D-“ sowie die Kennung „DDR-“ bei Postsendungen in entgegengesetzter Richtung vorangestellt.

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Aus 5420 werden 27.048 Postleitzahlen

Von insgesamt 5420 Postleitzahlen bei der deutschen Vereinigung 1990 entfielen 3400 auf das Verkehrsgebiet West und 2020 auf das Verkehrsgebiet Ost. Deshalb war im Postverkehr mit dem jeweils anderen Verkehrsgebiet vor jede PLZ ein „W-“ für „Verkehrsgebiet West“ oder ein „O-“ für „Verkehrsgebiet Ost“ zu setzen. 1991 fiel die Entscheidung für ein komplett neues fünfstelliges System. Mit der Einführung am 1. Juli 1993 wurde die Grundlage für die bis 1998 errichteten 83 Brief- und 33 Frachtzentren – darunter „57“ auf der Bühler Höhe in Freudenberg – geschaffen. Zudem konnten Großempfänger und Postfachinhaber nun eine eigene Postleitzahl erhalten. Heute sind in Deutschland 27.048 verschiedene Postleitzahlen vergeben, davon 8.174 für Orte, 14.942 für Postfächer, 3.101 für Großkunden und 831 sogenannte „Aktions-PLZ“ zum Beispiel für Gewinnspiele. Im Stadtgebiet von Siegen gibt es zum Beispiel seitdem fünf Postleitzahlen von 57072 bis 57080 für die Stadtteile, 57003 für die Stadtverwaltung Siegen, 57068 für die Universität oder 57235 für die Stadtverwaltung Netphen.

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Die Einführung des neuen Systems wurde 1993 von einer 80 Millionen DM teuren Werbe- und Informationskampagne begleitet. Hierfür wurde von Ully Arndt die einer Hand ähnliche Comicfigur Rolf (Synchronsprecher: Rolf Zacher) mit dem Spruch „Fünf ist Trümpf“ erfunden. Und Loriot stellte in einem Werbespot fest: „Mehr Postleitzahl für dasselbe Geld“. In Zusammenarbeit mit dem Fernsehsender RTL gab es die Spieleshow „Die Post geht ab!“ mit Rudi Carrell.

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