Siegen. Im Oberen Leimbachtal entsteht der Next Energy Campus. Grüner Wasserstoff deckt den Bedarf, Unternehmen und Uni arbeiten zusammen.

Die Stadt Siegen stellt sich energetisch neu auf. Mit dem geplanten Bau des Next Energy Campus (NEC) im Oberen Leimbachtal sollen Weichen für eine Energiewende in der Region gestellt werden. Das Innovations- und Kooperationsprojekt im Industriegebiet soll dabei sogar Maßstäbe für energieautarke Industriegebiete in Gesamtdeutschland setzen.

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„Der Bau des Campus ist ein Meilenstein. Wenn wir die Energiewende erfolgreich bestreiten wollen, müssen wir jetzt richtig Gas geben, denn die Musik wird in den nächsten zehn Jahren gespielt “, betont Philippe Steiner, Geschäftsführer des Energieherstellers SPG Steiner. Das mittelständische Unternehmen beschäftigt sich mit der Produktion, Speicherung und Verwendung von grünem Wasserstoff und startete die Initiative für die Umsetzung eines Forschungs- und Anwendungszentrums, um die Stromerzeugung durch grünen Wasserstoff auf Sicht deutlich effizienter zu machen.

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Raum für Forschung und Start Ups

Im Industriegebiet Oberes Leimbachtal soll binnen zwei Jahren ein 5.000 Quadratmeter großer Campus entstehen, der sowohl mit der Universität als auch mit den mittelständischen Unternehmen im Industriebereich eng verzahnt ist. „Wir wollen hier anwendbare Forschung betreiben. Ziel ist es einen Forschungsbereich zu entwickeln und damit maßgeblich zur Energiewende beizutragen“, erklärt der Firmenchef. In Zusammenarbeit mit der Universität sollen neue Lösungen für energieautarke Industriegebiete entstehen. Der Campus fungiert dabei als innovatives Anwendungszentrum für verschiedene Forschungsprojekte und Lehrstühle der Universität Siegen. „Dekarbonisierung und Nachhaltigkeit sind ein wichtiges Thema der Region. Zukünftig möchten wir den Campus als kreative Keimzelle für Lehre, Forschung und Transfer mit nutzen, um mehr Start-Up-Gründungen im Clean Tech Bereich zu ermöglichen“, freut sich Prof. Dr. Volker Wulf, Prorektor für regionale Zusammenarbeit, über die anstehende Umsetzung.

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Forschungszentrum ist Energiezentrale für die Nachbarn

Aktuell schafft es SPG Steiner, mithilfe von Wind- und Solarenergie, große Mengen an Wasserstoff zu speichern. In einem ausgeklügelten Herstellungsverfahren wird der Wasserstoff in Ammoniak umgewandelt, um die Energie transportfähig zu machen. Am Ende der Produktionskette wandelt das Unternehmen das erstellte Ammoniak wieder in grünen Wasserstoff um, sodass die Industrie grünen Strom beziehen kann. Das Unternehmen sucht dabei stets nach neuen Wegen, um die hergestellte Energie möglichst sinnvoll einzusetzen und nicht zu verschwenden.

Der Next Energy Campus soll daher dazu beitragen, die Herstellung und den Transport grüner Energie einfacher zu machen – und zwar für das gesamte Industriegebiet. Denn: Das Forschungszentrum fungiert als eine sich selbst versorgende innovative Energiezentrale, von der auch die anderen ansässigen Unternehmen profitieren. Durch die Speichertechnologie des Unternehmens sei es möglich, überschüssige Energie für andere Standorte im Industriegebiet nutzbar zu machen, auch noch wenige Tage nach der Herstellung. Selbst im Falle eines Blackouts müsste sich die ansässige Industrie keine Gedanken über Strom- oder Dienstausfälle machen. Studien ergaben, dass sich das Forschungszentrum unter Einbindung von ausreichend Stromquellen selbst versorgen könne, erzählt Dominik Eichbaum, CEO des Start-Ups Hyfuel, das sich ebenfalls am Projekt beteiligt. Dafür müssten jedoch auch die nötigen politischen Rahmenbedingungen geschaffen werden, so Eichbaum weiter.

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Energiebeschaffung aus eigener Kraft

Das Endprodukt wird aus drei Bausteinen bestehen: ein klimaneutrales innovatives Bürogebäude für Mitarbeiter mit breit angelegten Kommunikationsflächen, eine Wasserstoff-Tankstelle mit zusätzlicher Produktionsstätte und der Next Energy Campus, an dem Studenten und Start-Ups im Forschungs- und Anwendungsbereich neue Technologien entwickeln können.

Im Idealfall gebe das Projekt die Schlagzahl für neu entstehende energieautarke Industriegebiete vor, sagt Phillipe Steiner. „Wir wollen hier ein Projekt schaffen, dass den politischen Entscheidungsträgern zeigt, dass wir aus eigener Kraft dezentrale Energiebeschaffung leisten können“, sieht sich der Steiner Geschäftsführer als Vorreiter.

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EU fördert Siegener Projekt

Auch CDU-Europapolitiker Dr. Peter Liese zeigte sich begeistert von dem Vorhaben im Siegener Industriegebiet. Er sieht in dem Projekt den Startschuss für innovatives Denken im grünen Wasserstoffbereich. „Ich bin wirklich beeindruckt, was hier im Siegerland in Richtung Energiewende passiert.“ Aus seiner Sicht gehört der Campus zu den vielversprechendsten Projekten innerhalb Deutschlands. Im Rahmen der neuen millionenschweren EU-Förderprogramme des Green Deals soll das Vorhaben nachhaltig politisch gefördert werden. Der Kostenpunkt für die Fertigstellung des Vorhabens liegt im hohen zweistelligen Millionenbereich. Investitionen, die aus der Sicht des mittelständischen Unternehmens bitter nötig sind, um die Energiewende zu realisieren.

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