Allenbach. Die b school (für „bilingual“) in Allenbach entlässt in diesen Tagen ihren 5. Jahrgang. Gerade wird ein sehr origineller Kartoffelanbau probiert
Es ist sonnig und heiß an diesem Mittwochnachmittag. Eine Kindergruppe zieht mit erwachsener Begleitung in den Wald. Tonscherben haben sie da schon gefunden, den Bach erkundet. Gerade gilt ihre Aufmerksamkeit einem umgekippten Baum, dem sie die Rinde vom Stamm schälen. Die Mädchen und Jungen der b school sind gut für Entdeckungen: Als der Boden für die Zisterne ausgehoben wurde, in der das Regenwasser vom Schuldach gesammelt wird, sind sie auf Lehm gestoßen. „Damit haben die Kinder getöpfert“, erzählt Yvonne Melsheimer. Auch wenn die Ergebnisse noch nicht gebrannt werden konnten – den Tonofen hat die Vorgängerschule noch hinterlassen, demnächst soll er wieder aufgestellt werden. Vielleicht wird aber auch eine Slackline gespannt oder am Bach gespielt. Gummistiefel und Ersatzklamotten sind immer verfügbar.
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Wie die Schule wächst
2015 hat die Stadt Hilchenbach ihre Grundschule Allenbach geschlossen – damals reichten die Schülerzahlen nicht mehr. Yvonne Melsheimer und Katy Nowara gehörten zu den Initiatorinnen der b school, die an dieser Stelle eröffnet wurde. „b“ für bilingual: An der Grundschule, die nach Montessori-Grundsätzen arbeitet, wird Deutsch und Englisch gesprochen. Ein Angebot, das auch für Familien attraktiv ist, die nur auf Zeit in Deutschland sind, weil die Eltern hier für ein paar Jahre in einem Unternehmen, an der Uni oder in einem Krankenhaus arbeiten. Kinder aus China, Frankreich, Spanien oder Italien gehen in Allenbach zur Schule. Aber auch aus der Ukraine, aus Syrien und anderen Ländern, aus denen ihre Familien flüchten mussten – da springt die Friedrich-Goswin-Stiftung, die schon den Start der privaten Schule mit ermöglicht hat, beim Schulgeld ein. In diesem Sommer entlässt die b school ihren fünften Jahrgang. Yvonne Melsheimer und Katy Nowara sind immer noch dabei und führen die Geschäfte der Schulträger-GmbH: „Weil es so viel Spaß macht.“
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Rund um den Stift-Keppel-Weg ist nun tatsächlich ein Bildungszentrum entstanden, wenn auch ein ganz anderes als das, das die Stadtoberen in den 1970er Jahren im Auge hatten, als sie hier alle Schulen zusammenfassen wollten. Zum über 150 Jahre alten Gymnasium gesellt sich die b school – übrigens im modernsten Schulgebäude, das die Stadt besitzt – und seit neuestem auch die Kita Hannes. „Großartig“ findet Yvonne Melsheimer diese Nachbarschaft, die Begegnungen ermöglicht. Fast in Sichtweite wachsen die Apfelbäume, aus denen die Äpfel für den Saft der Schülergenossenschaft „Keppels Früchtchen“ reifen.
Was Kartoffeln können
Für den Schulgarten, zu dem ein Außen-Klassenzimmer gehört, haben sie „Gold“ beim Sparkassen-Schulwettbewerb bekommen. Das Preisgeld haben sie für die Zisterne bekommen, aus der der Garten bewässert wird. Das Vorhaben ist anspruchsvoll. Es wird Jahre dauern, bis Pflanzen mit ihrem Wurzelwerk den steinharten Boden aufgelockert haben. Deswegen wachsen, eingefriedet von einer Hainbuchenhecke, Radieschen und Tomaten, Möhren und Salat vorerst in zwei Hochbeeten. Die Bohnen werden sich um ein Tipi ranken. Die Beeren reifen vor sich hin, aus dem Holunder haben die Kinder diese Woche Sirup und Marmelade gekocht. Der Clou sind die Kartoffeln, die ihre Wurzeln zwischen Erde und Stroh schlagen. „Haben Sie das schon mal gesehen?“
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Drei Arbeitsblöcke am Vormittag, zwei zu 90 und einer zu 60 Minuten, liegen hinter den Kindern, nachmittags für die Größeren noch einmal 60 Minuten. Dazwischen Mittagspause und Lernzeit, beim offenen Ganztag ist der Großteil der rund 100 Schülerinnen und Schüler dabei. Aus dem Computerraum haben sie ein Gym gemacht, in dem jede der vier jahrgangsübergreifenden Lerngruppen feste Zeiten hat und darüber hinaus, wenn der Raum frei ist, nach Belieben, alles zusätzlich zu den Sportstunden in der Schulturnhalle. Klar hat jedes Kind seinen Stundenplan. Aber auch viele Freiräume. „Je selbstständiger ein Kind ist, desto mehr kann es mitgestalten“, sagt Yvonne Melsheimer. Das „Thema des Monats“ zieht sich durch alle Fächer. Ein Monatsprojekt sucht sich jedes Mädchen und jeder Junge selbst aus. Einmal im Monat stellen sie sich ihre Ideen vor und werben um Mitstreiter. Die Gruppe, die sich mit Astronauten befassen wird, ist schnell gebildet. Aber auch die Molche-Forscher treffen auf Interesse. „Ich bin echt geflasht, was die alles auf die Beine stellen“, sagt Yvonne Melsheimer.
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Die Gardening AG hat sich einmal die Woche nachmittags um den neuen Schulgarten gekümmert – ein Wahlpflichtprojekt auf Englisch, in den Lerngruppen arbeiten Native Speaker Seite an Seite mit den deutschen Lehrerinnen. Das „Sprachbad“ führt dazu, dass die Kinder spätestens nach dem zweiten Schuljahr mit Alltagsenglisch zurechtkommen. An den weiterführenden Schulen nutzt ihnen das aber nicht unbedingt: Mit Vokabellernen und Grammatikstudien haben sich die ersten b-school-Jahrgänge schwer getan. „Da werden sie jetzt von uns herangeführt“, berichtet Yvonne Melsheimer über die gezogene Konsequenz, „da lernen wir von den Kindern.“
Wann es Muffins gibt
Die Ferien stehen vor der Tür. Das große Schulfest mit ihren Familien haben die Kinder schon gefeiert. Um die 300 waren bei dem großen Jahrmarkt auf dem Schulgelände dabei, um die 20 Stände, mit selbst gebautem Glücksrad, selbst gebastelter Erbsenschlagmaschine, Riesenseifenblasen und Drehorgelmann. Die Stimmung ist gut, was sich auf das insgesamt rund 30-köpfige Team auswirkt, das die acht Vollzeit-Lehrkräfte unterstützt – Fachkräftemangel macht sich hier nicht bemerkbar, stellt Schul-Geschäftsführerin Yvonne Melsheimer fest. Zum Team gehören neben dem OGS-Kräften auch der Shuttlebus-Fahrer – und die Zugbegleitungen: Fast ein Drittel der Kinder kommt mit der Rothaarbahn zur Schule.
Auf dem Schulhof sammelt sich eine große Gruppe von Kindern. Gegen zwanzig nach vier machen sie sich zum Bahnhof auf, die Bahn nach Siegen und Hilchenbach kommt gleich. Auf den Heimweg bekommen sie einen Snack mit, Obst, Joghurt oder Müsli. Manchmal auch Gebackene, wenn gerade Café AG war. Die muss übrigens tatsächlich, genauso wie die Zug-Kinder, sehr genau auf die Uhr schauen: Auf die Karte kommt nur, was sich tatsächlich binnen eineinviertel Stunden herstellen lässt. Auch das spricht sehr für Muffins, Pancakes oder Bananenbrot.
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