Allenbach. Das erste Schuljahr der neuen bilingualen Grundschule geht zu Ende. Die kleine Hexe, der Glue und das gläserne Klassenzimmer: Hier ist alles etwas anders.

Sigrid Kretzer mag es immer noch bunt. Mit der Blume im Haar fährt folgt sie der kleinen Fahrzeugkolonne in ihrem Cabrio. Rückkehr von einem Schulausflug zur Freudenberger Freilichtbühne. 21 Kinder steigen auf dem Schulhof der Grundschule aus den Autos aus und aus dem Kleinbus , der bei dieser Gelegenheit auf Jungfernfahrt ist. Die Plätze in dem Neunsitzer waren begehrt, die Schulleiterin hat bunte Lose gefaltet. Wer Pech hatte darf vielleicht gleich noch mal eine Runde mit drehen. Wenn das mit dem Mittagessen passt. Und der Fahrer noch Zeit hat.

Klasse füllt sich von allein

Sigrid Kretzer unterschreibt bald wieder Zeugnisse. Das hat sie ein Berufsleben lang getan, viele Jahre auch hier in Allenbach. Nun aber zum ersten Mal unter dem Briefkopf der b school. Als Pensionärin ist sie wieder eingestiegen, als im vorigen Sommer ihre alte städtische Grundschule geschlossen und im selben Gebäude die private bilinguale Grundschule eröffnet wurde. Für acht Stunden pro Woche ist Siggi Kretzer unter Vertrag, zwei Stunden Kunst gibt sie in der Klasse auch noch. „Das erhält mich jung, das macht mir Spaß.“ Arbeit im Team, viel Freiraum, wenig Bürokratie. Wenn die Schulleiterin schwärmt, könnte man meinen, sie hätte diese Schule selbst erfunden. Hat sie ja eigentlich auch, zu einem Teil zumindest.

Die „Küchenfee“ — so nennen sie hier ihre Mitarbeiterin — hat gerade das Essen aus dem SMS-Restaurant herübergeholt. Die meisten Kinder bleiben noch für den offenen Ganztag, der so ist wie an jeder anderen Schule: Förder- und Lernzeit bis 15 Uhr, danach Arbeitsgemeinschaften oder freies Spiel, ganz nach Wahl. Nur am Dienstag, dem School Day, befasst sich die Klasse gemeinsam mit einem Projekt. Und nach den Sommerferien hat das dritte Schuljahr an zwei Nachmittagen auch richtigen Unterricht. Denn die b school ist eine Ganztagsschule. Eine ganz normale Schule? Martina Wolzenburg nickt. Und zögert. „Mama“, erklang es da auf einmal zu Hause am Tisch, „gib mir mal bitte den Glue.“

Man spricht Deutsch und Englisch in Allenbach. Nadine Schmidt unterrichtet die Klasse gemeinsam mit einer englischen Muttersprachlerin, ihre Kollegin im neuen Jahrgang im nächsten Schuljahr auch. Die neue Englischlehrerin stammt aus Australien. „Dann wird vorzugsweise noch mehr Englisch gesprochen“, freut sich Yvonne Melsheimer, die zusammen mit Katy Nowara die Geschäfte der gemeinnützigen Schul-GmbH führt. Ein Verwaltungsjob im Ehrenamt. Die wichtigste Aufgabe — neue Schüler finden? Yvonne Melsheimer lacht: „Ein Selbstläufer, das ging von alleine.“ Die Vor-Startphase mit Zittern um die ausreichende Zahl von Anmeldungen ist vergessen. Lehrer zu finden, sagt die Geschäftsführerin, „war viel schwieriger.“ Dieser Arbeitsmarkt scheint leergefegt.

Auch einen Fahrer für den Bus könnte die Schule gebrauchen. Ulrich Kretzer kommt dafür nicht in Frage. „Das beißt sich mit meinem anderen Job.“ Er war, wie seine Frau, auch Schulrektor, zuletzt nebenan in Dahlbruch an der Hauptschule. Und fährt jetzt den Hilchenbacher Bürgerbus.

Eltern lernen loslassen

Am ehrenamtlichen Engagement fehlt es an der b school allerdings nicht. Nicht, wenn ein Hochbeet gebaut werden soll. Nicht, wenn in den Ferien der zweite Klassenraum her- und eingerichtet wird. Und auch nicht, wenn noch ein Fahrdienst für den Ausflug gebraucht wird. „Wir hätten mit zehn Autos fahren können“, sagt Katy Novara. „Aber wir mussten ja auch den Bus vollkriegen“, sagt Uli Kretzer. Das sind Probleme. Dass die Eltern über die Maßen präsent wären, kann Yvonne Melsheimer aber auch nicht bestätigen. Damit ihre Kinder frei lernen und selbstständig werden können, „müssen sie loslassen und vertrauen.“ Das lernen die Väter und Mütter in der b school. Vor gelegentlichen Rückfällen schützen am Anfang die wöchentlichen Elterncafés und die regelmäßigen „gläsernen Klassenzimmer“.

Der große Schulausflug ist vorbei. Nach den Ferien warten neue Attraktionen. Schul-Mäzen Friedrich Goswin hat Musikinstrumente für den Gitarren- und Flötenunterricht gekauft. „Die Kinder sind schon heiß drauf“, weiß Yvonne Melsheimer. „Die kleine Hexe“ von der Freilichtbühne ist fast schon Geschichte. Im Auto lief sie auf Englisch.

Fußnoten

Kleinbus: Ein Geschenk der Steiner GmbH Eiserfeld — Schülergroßeltern...

Zeugnisse: Es gilt der Lehrplan ist der staatlichen Schulen.

Drittes Schuljahr: Die b school unterrichtet jahrgangsübergreifend, in der ersten Klasse sind Kinder des 1. und 2. Schuljahrs.

Ganztagsschule: Betreuung von 7 bis 16.30 Uhr, Unterricht ab 8 Uhr.

Englisch: Das „Sprachbad“lernen Kita-Kinder schon in der „PreB“ [priebie] kennen,

Lehrer: Jede Klasse hat zwei Lehrerinnen. Hinzu kommen – in Teilzeit – drei Fachlehrer, eine Förderlehrerin sowie die Betreuungskräfte im Förder- und Freizeitbereich. Insgesamt 17 Köpfe.

Nach den Ferien: Der erste Schultag ist am 25. August; er beginnt mit einem Gottesdienst in der Stiftskirche. Von den dann 42 Kindern kommen 22 aus Hilchenbach, 10 aus Siegen und 7 aus Kreuztal.

Friedrich Goswin finanziert Stipendien für den Besuch der b school über die nach seinem Sohn Christian benannte Stiftung.