Netphen. Der Katastrophenschutz-Keller wird zum Streitobjekt. Die Stadt sucht nach der Kostenexplosion beim Netphener Gymnasium nach Sparmöglichkeiten

Nachdem sie die Kostenexplosion für die Erweiterung des Gymnasiums zur Kenntnis genommen haben, suchen Netphens Stadtverordnete nach Wegen, Kosten einzusparen. Im Rat macht sich die Diskussion am Keller fest: Der wird größer gebaut, als ihn die Schule braucht, damit dort Betten und Matratzen für Notunterkünfte und Material und Vorräte für den Katastrophenschutz gelagert werden können. „Es wäre fahrlässig, wenn wir das nicht tun“, sagte Bürgermeister Paul Wagener im Rat.

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Er erinnerte an die Warnung des – in Netphen wohnenden – Siegener Wasserbau-Professors Dr. Jürgen Jensen: Bei Starkregen könnte der kahl gefallene Hang des Bernstein abrutschen, die Innenstadt würde vom Schlamm geflutet. In diesem Fall könnte eine Einsatzzentrale oben auf der Haardt nützlich werden. Michael Schneider, Leiter des Fachbereichs Ordnung und Bürgerservice, nannte ein Beispiel für die derzeit über das ganze Stadtgebiet verteilten Hilfsmittel: „Sandsäcke – wir haben zu wenig.“ In einem Lager auf der Haardt wäre sogar Platz für vorab befüllte Sandsäcke, die im Notfall sofort verwendet werden könnten.

Man möge „Alternativen in Betracht ziehen“, riet Sebastian Zimmermann (CDU), und die „Verhältnismäßigkeit wahren“. Der fachliche Nachweis sei nicht erbracht, „ob der Standort da oben der richtige ist, damit die Verwaltung weiterarbeiten kann, wenn der dritte Weltkrieg ausbricht.“ Beigeordneter Andreas Fresen widersprach: „Es geht um Bevölkerungsschutz. Ich verstehe nicht, warum Sie dagegen sprechen.“ Es sei zudem „irritierend, dass niemand mehr etwas davon wissen will.“ Drei Mal sei die Planung nun vorgetragen worden, „es gab keinen Widerstand.“ Doch, warf Manfred Heinz (SPD) ein, „den haben Sie nur nicht wahrnehmen wollen“.

Das fällt dem Rat Netphen zum Katastrophen-Keller ein

Lothar Kämpfer (SPD) kritisierte, dass Schulausschuss und Rat mit der Kostenexplosion um 79 Prozent, von 7,55 auf 13,46 Millionen Euro, überrascht worden seien. „Das ist nicht in Ordnung.“ Manfred Heinz (SPD) kritisierte die „Methode Ihres Vorgehens“, die Gremien vor vollendete Tatsachen zu stellen – beschlossen hat der Rat bisher nur den Bau überhaupt und die Auftragsvergaben für die Planung. Das Überflutungs-Argument überzeuge nicht: „Ist das hier nicht hoch genug?“, fragte Manfred Heinz - der Rat tagt in den vierten Etage sozusagen über den Dächern von Netphen.

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Geprüft wird, ob die Stadt für den Katastrophenschutzkeller Fördermittel einwerben kann – das sagte Andreas Fresen auf die Frage von Lothar Kämpfer (SPD) zu. Ebenso geprüft wird, ob Photovoltaik nicht nur auf dem Dach, sondern auch an der Gebäudefassade angebracht werden kann. „Wir haben eine Super-Südlage da oben“, sagte Silvia Glomski (Grüne). Allerdings nicht auf dem Dach des alten B-Trakts, der nun erweitert wird, wandte Architekt Thorsten Wagener ein. „Das gibt die Statik nicht her.“

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Ob man mit dem Bau warten könne, bis die Preise wieder fallen, fragte Olaf Althaus (FDP). Eher nicht – die Schule braucht den Platz,. Bereits zum nächsten Schuljahr werden sechs Klassen in das auf dem Schotterparkplatz unterhalb der Haardtstraße entstehende zweigeschossige Containerdorf einziehen. Am Ende werden acht Klassen zwei Jahre ihrer Schulzeit in den 32 Containern verbringen.

Manfred Heinz (SPD) verwies darauf, dass die Stadt möglicherweise auch nach einem Grundschulstandort suchen müsse, wenn sich eine Erweiterung in Niedernetphen als nicht möglich herausstelle - auch in diesem Zusammenhang könne das Katastrophenschutzlager Thema werden. Architekt Thorsten Wagener winkte ab; Es sei nicht mehr „genügend Platz, da eine Grundschule hinzustellen“. Das hatte die Verwaltung allerdings anders gesehen: Der Kindergarten müsste dann umziehen. „Phantasien gibt es genug“, meinte Silvia Glomski (Grüne), „die Frage ist nur, was mit einem Tabu belegt wird“.

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„Das mit dem Keller hängt mir zu Hals raus“, brach es aus Klaus-Peter Wilhelm (CDU) heraus, „hier wird alles vermengt und zerredet.“ Um dann selbst ein weiteres Thema aufzumachen: Wie es denn mit Erdwärme nicht nur für den Schul-Erweiterungsbau, sondern auch für den Altbau aussehe. Dazu müssten dort Fußboden-, Decken- oder Wandheizungen installiert werden, antwortete Architekt Thorsten Wagener, „das wird nicht effektiv sein.“ Eher würde ein Fernwärmezentrum Sinn machen.

Das ist das Ergebnis

Auch in dieser Ratssitzung gab es keine Abstimmung – am Ende nach erneuter nicht öffentlicher Debatte aber das Signal, wie geplant zu bauen. Das Umplanen hätte Geld und zu viel Zeit gekostet – ohne Keller wären in der Hanglage aufwändige Gründungs- und Böschungsarbeiten erforderlich, Räume für die Haustechnik würden trotzdem gebraucht, sodass eine Kostenersparnis am Ende kaum darstellbar wäre. Die Erweiterung des Gymnasiums bleibt also so teuer, wie sie ist, mindestens. „Wir haben wirklich geguckt, wo wir sparen können“, versicherte Schulleiter Eckhard Göbel – die Containeranlage wird noch nicht einmal eigene Toiletten haben. Die Schülerzahl des Gymnasiums werde sich von 2014 – da waren es 540 – bis 2026 mit über 1000 fast verdoppeln, durch die Bank mit Anmeldungen aus dem Netphener Stadtgebiet: „Ich spreche ja für Ihre Kinder.“

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