Siegen. Die Abspaltung ist nun stärker als das Original: Alle drei Siegener AfS-Stadtverordneten sind auf Kreisebene in der AfD aktiv.

Vor Bürgermeister Steffen Mues legt die neue Stadtverordnete ihren Eid ab. Ursula Simon ist über die AfD-Liste in den Rat nachgerückt. Vorher hat der Rat Sabrina Schmidt gedacht, die im Alter von 41 Jahren an den Folgen einer schweren Krankheit verstorben ist. Ursula Schmidt nimmt nicht hinter Michael Schwarzer und Annette Six bei der AfD Platz. Sondern bei Barbara Dylong und Roland Steffe bei der AfS. Das wird Folgen haben.

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Es sei „jedem Ratsmitglied aufgrund des freien Mandats überlassen, ob es sich überhaupt einer Fraktion anschließt oder fraktionslos bleibt“, heißt es dazu aus der Stadtverwaltung. „Wir müssen uns das genauer angucken“, sagt Johannes Werthenbach, Leiter des Bürgermeister-Büros, auf Nachfrage dieser Zeitung. Wobei das Ergebnis eigentlich schon auf der Hand liegt. Weil nun die AfS einen Sitz mehr und die AfD einen Sitz weniger im Rat hat, verschieben sich die Mehrheitsverhältnisse, die – so die Rechtsprechung – „spiegelbildlich“ in den Fachausschüssen abzubilden sind.

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Ausschüsse bereits zwei Mal aufgelöst

Zwei Mal hat der Rat seit Beginn dieser Wahlperiode im November 2020 seine Ausschüsse deshalb schon auflösen und neu bilden müssen. Das erste Mal, als sich „Gemeinsam für Siegen“ (GfS) mit vier Stadtverordneten aus der CDU-Fraktion abspaltete – darunter Ex-Stadtverbandsvorsitzender Christian Sondermann und Ex-Fraktionschef Rüdiger Heupel. Das zweite Mal: Als der fraktionslose ehemalige AfD-Stadtverordnete Roland Steffe gemeinsam mit Nachrückerin Barbara Dylong eine neue AfS-Fraktion bildete – eine solche „Alternative für Siegen“ gab es zeitweise auch in der letzten Wahlperiode, als sich die AfD komplett zerlegt hatte. Und nun ein drittes Mal? „Das könnte durchaus dazu führen“, sagt Johannes Werthenbach vorsichtig.

7,3 Prozent der Stimmen haben 2020 ausgereicht, der AfD fünf der insgesamt 70 Sitze im Siegener Rat zuzuteilen. Heute dabei sind nur noch Michael Schwarzer und Annette Six. Roland Steffe wurde – nach Darstellung von Michael Schwarzer – aus der Fraktion ausgeschlossen. „Jegliche Formen von Extremismus, Xenophobie, Rassismus oder Antisemitismus lehnen wir entschieden ab“, erklärte Schwarzer. Wer das nicht mittrage, „wird von uns bekämpft“. Als Klaus Zöller sein Mandat niederlegte, rückte Barbara Dylong nach. Die AfD-Fraktion hätte sich „aus den gleichen Gründen schwer getan“, sie in die Fraktion aufzunehmen, kommentierte Michael Schwarzer. Barbara Dylong bildete mit Roland Steffe die neue AfS-Fraktion, deren Vorsitzende sie wurde.

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Schon einmal wurden Sitze ausgelost

Mit je zwei Stadtverordneten waren nun die Fraktionen von Volt und AfS gleich stark. Rechnerisch hatten sie somit den gleichen Anspruch auf den 17. und letzten Sitz in den Fachausschüssen. Da Volt eine Verständigung mit der AfS ablehnte, wurde das Los gezogen. In sieben von elf Ausschüssen zog daraufhin die AfS ein und nahm Volt den Sitz ab. Volt ist seitdem nur noch in Rechnungsprüfungs-, Stadtentwicklungs-, Bau- und Sportausschuss vertreten. „Wir hoffen auf Losglück beim nächsten Mal“, sagte Samuel Wittenburg (Volt) am Mittwoch im Rat. Dazu wird es wohl kommen, nur mit anderen Beteiligten. Während die erstarkte AfS jetzt Anspruch auf Sitze in jedem Ausschuss hat, wird der 17. Sitz diesmal zwischen Volt und Rest-AfD ausgelost.

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Wie Roland Steffe, der die AfD im Kreistag vertritt, und Barbara Dylong ist auch die neue Stadtverordnete Ursula Simon in der AfD vernetzt. Sie gehört dem Kreisvorstand an und vertritt als sachkundige Bürgerin die AfD in zwei Ausschüssen des Rates und auch in zwei Ausschüssen des Kreistags jeweils als stellvertretendes Mitglied. In ihrer ersten Ratssitzung stimmt Ursula Simon – Berufsangabe im Ratsinformationssystem: Diplom-Rechtspflegerin – als einzige dagegen, in allen öffentlichen Einrichtungen und zunächst an einer öffentlichen WC-Anlage Menstruationsartikel zur Verfügung zu stellen.

Nach Prüfung: AfS ist keine „Scheinfraktion“

Die Volt-Fraktion hatte beantragt, die Rechtmäßigkeit der Gründung einer AfS-Fraktion zu überprüfen: Es handele sich um eine „Scheinfraktion“, die keine politischen Unterschiede zur AfD habe. Sie bewirke, dass diese politische Richtung in den Ausschüssen doppelt vertreten werde. Die AfS-Fraktion sei rechtmäßig zustandegekommen, meinte dagegen eine von der Verwaltung beauftragte Anwaltskanzlei. Die Verwaltung selbst stellte fest, dass sie den Fraktionsstatus der AfS nicht durch einen Verwaltungsakt anerkannt habe – weil das auch nicht ihre Aufgabe sei. Eine Klärung durch den NRW-Verfassungsgerichtshof könne Volt selbst herbeiführen.

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