Hilchenbach/Siegen. Auch von anderer Stelle kommt Rückenwind: Die Bundeszentrale für politische Bildung würdigt dem Hilchenbacher Einsatz gegen Rechts mit einem Preis.

Der Siegener Rat versichert dem Hilchenbacher Bürgermeister Kyrillos Kaioglidis „uneingeschränkte Solidarität“ bei seinem Einsatz gegen „Hass und Hetze“. Im Kreisgebiet ist es damit die erste Erklärung eines kommunalen Gremiums zur Hilchenbacher Auseinandersetzung mit der rechtsextremistischen Partei „Der 3. Weg“. Gegen die Resolution stimmen nur die drei Stadtverordneten der AfS.

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Eingebracht haben den Entwurf die Fraktionen von CDU, FDP, Grünen und Linken. SPD-Fraktionsgeschäftsführer Ingmar Schiltz entschuldigt sich, dass seine Fraktion nicht auf dem Briefkopf erscheint: Er habe „die Antragsfrist nicht im Blick“ gehabt, „das nehme ich auf meine Kappe.“ Die SPD-Fraktion unterstütze die Resolution ausdrücklich: „Auch wir empfinden die klare Haltung von Kyrillos Kaioglidis als vorbildlich.“

Die meisten anderen schließen sich an, nur versehentlich gehörten sie nicht zu den Mit-Antragstellern: „Das ist die beste Resolution, die wir in den vergangenen zwei Jahren verabschiedet haben“, sagt Samuel Wittenburg (Volt). „Wir unterstützen den Antrag absolut“, betont Achim Bell (UWG). Christian Sondermann (GfS) führt „irgendwelche EDV-Probleme“ an, deretwegen seine Fraktion nicht rechtzeitig reagiert habe.

Roland Steffe (AfS) sieht das anders. Die Resolution klinge „zu sehr nach kommunistischem Manifest“. Meinungsfreiheit sei ein „hohes Gut, auch wenn die Meinungen schwer erträglich sind“. Die Linken selbst ließen es Toleranz fehlen – sie hätten sich als einzige nicht von den Plätzen erhoben, als die neue AfS-Stadtverordnete Ursula Simon vereidigt wurde. „So geht das nicht.“

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Martin Heilmann (Grüne) sieht keinen Anlass für Toleranz gegenüber dem 3. Weg. Sie nenne sich selbst „national und sozialistisch“ und sei „eindeutig eine Partei, die die Politik des Nationalsozialismus wieder einführen möchte“. Heilmann erinnert daran, dass der 3. Weg mit Mühe aus seiner Siegener Niederlassung vertrieben werden konnte: „Wir sind froh, dass dieses Damoklesschwert der Demokratie weitergezogen ist.“ Und zur AfS: „Das verwundert mich nicht, die Stimmen aus einer Richtung, die ein Problem haben, gegen Faschismus zu sein.“ Michael Schwarzer (AfD) distanziert sich von den ehemaligen Fraktionskollegen, die sich mit der AfS abgespalten haben: „Die Probleme, die Herr Steffe hat, haben wir nicht. Wir haben für solche Leute keine Sympathien.“

Darüber freut sich Hilchenbach auch

In Hilchenbach freuen sich das Hilchenbacher Bündnis für Toleranz und Zivilcourage und der Push-Verein über eine prominente Solidaritätsbekundung: Sie haben einen Preis im Wettbewerb „Aktiv für Demokratie und Toleranz“ im Essener Rathaus erhalten. Till Heppe als Mitglied des Bündnisses nahm den mit 4.000 Euro dotierten Preis stellvertretend von Oberbürgermeister Thomas Kufen entgegen.

Ausgeschrieben wurde der Preis von der Bundeszentrale für politische Bildung, die aus 313 Bewerbungen aus ganz Deutschland 57 Preisträger für ihr Engagement für Demokratie und Toleranz ausgezeichnet hat. Thomas Kufen betonte, dass die Projekte Vorbilder für die Demokratie sind. Der Preis wurde für das Stadtfest „Hilchenbach feiert Vielfalt“ am 3. September 2022 vergeben. In diesem Rahmen haben über 700 Bürgerinnen und Bürger Gesicht gezeigt gegen Rechtsextremismus in der Stadt.

Lucia de Niciolo, Tim Stähler, Till Heppe und Heike Kühn nehmen den Preis in Essen entgegen. Das Hilchenbacher Bündnis für Toleranz und Zivilcourage wurde mit dem PUSH-Verein für das Stadtfest „Hilchenbach feiert Vielfalt“ ausgezeichnet.
Lucia de Niciolo, Tim Stähler, Till Heppe und Heike Kühn nehmen den Preis in Essen entgegen. Das Hilchenbacher Bündnis für Toleranz und Zivilcourage wurde mit dem PUSH-Verein für das Stadtfest „Hilchenbach feiert Vielfalt“ ausgezeichnet. © Stadt Hilchenbach | Stadt Hilchenbach

So geht der Konflikt weiter

Die Hilchenbacher Auseinandersetzung mit der Niederlassung der rechtsextremistischen Partei nimmt weiter ihren Lauf. Zwar hat das Oberverwaltungsgericht (OVG) die Verfügung des Kreises Siegen-Wittgenstein bestätigt, dass die Nutzung des Hauses Dammstraße 5 als Parteibüro unzulässig sei. Das Urteil wird aber von den Parteien unterschiedlich gelesen. Der 3. Weg hat die Genehmigung der Nutzungsänderung bei der Bauaufsicht des Kreises beantragt – die der Kreis nicht schon deshalb ablehnen könne, weil das Haus inzwischen der Stadt Hilchenbach gehört, wie das OVG ebenfalls ausführt. Der 3. Weg: „Das OVG Münster hat ebenso festgestellt, dass die Räumlichkeiten selbstverständlich weiter für politische Versammlungen genutzt werden können.“ Dem widerspricht der Kreis Siegen-Wittgenstein: . „Hier hat das OVG deshalb klar gemacht: Dazu zählt auch die Untersagung der Nutzung der Räumlichkeiten als Fläche für eine öffentliche Versammlung.“

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Im Raum steht nach wie vor die Frage, wem das Haus Dammstraße 5 eigentlich gehört. Als Eigentümerin im Grundbuch eingetragen ist die Stadt Hilchenbach. Der Vorsitzende des „Gebietsverbandes West“ der rechtsextremistischen Partei, der vorher ebenfalls einen Kaufvertrag mit dem Vorbesitzer abgeschlossen hatte, hat dagegen zu seinen Gunsten eine „Auflassungsvormerkung“ erwirkt. Abgesehen davon hat die Stadt Hilchenbach nun Räumungsklage erhoben.

Die gegen Bürgermeister Kyrillos Kaioglidis gerichtete Strafanzeige, die 3. Weg-Funktionär Julian Bender am 1. April bei einer „Kundgebung“ vor dem Hilchenbacher Rathaus vorgetragen hat, wird von der Staatsanwaltschaft bearbeitet. „Wir prüfen, ob ein Anfangsverdacht besteht“, sagt Oberstaatsanwalt Patrick von Grotthuss. Dazu werden Beschlüsse, Protokolle und Äußerungen aus Hilchenbach sowie die Urteile von Verwaltungs-, Oberverwaltungs-. Land- und Oberlandesgericht in den verschiedenen Verfahren hinzugezogen. „Die Zusammenhänge müssen zusammengetragen werden“, sagt von Grotthuss, „das wird sicher noch eine Zeit dauern.“ Die Strafanzeige gegen den Bürgermeister enthält die Vorwürfe der Nötigung und der Untreue.

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