Hilchenbach/Wilnsdorf. Verborgene Unterwelten gibt es unzählige im Siegerland: Jetzt gibt’s Einblicke in den Müsener Erzstollen und die Maschinenhalle tief im Berg.
Helm und Stirnlampe statt Hut und Peitsche heißt es für das Moderations-Duo Franzi und Fabian in der neuen Online-Serie „Westfalens Unterwelten“ des Landschaftsverbands Westfalen-Lippe (LWL). Die Folgen sind ab sofort auf YouTube zu sehen: In insgesamt drei Folgen begleitet die Webserie Archäologen bei ihrer Arbeit unter Tage. Die unterirdische Spurensuche führt zurück zu den Anfängen: zu den steinzeitlichen Überresten der ersten Menschen in Südwestfalen, aber auch zu den Anfängen des Bergbaus im Mittelalter – und zur frühen Industrialisierung im Siegerland.
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Edutainment von der LWL-Archäologie
Ausgerüstet mit Grubenhelm und Overall lernen Moderatoren und Publikum den Alltag echter Archäologen kennen. Produziert wurde die sogenannte Edutainment-Webserie vom LWL-Medienzentrum für Westfalen in Kooperation mit der LWL-Archäologie für Westfalen.
Gedreht wurde die Webserie mit humorvollen Anspielungen auf den bekannten Film-Archäologen Indiana Jones an verschiedenen südwestfälischen Drehorten. So geht das Moderations-Duo in der ersten Folge am Altenberg bei Müsen der mittelalterlichen Sage auf den Grund, steigt per Seilzug in eine alte Erzgrube hinab und sucht nach den Überresten einer sagenumwobenen Bergbausiedlung. Die zweite Folge erzählt, wie Wasser- und Dampfkraft den Bergbau im Siegerland revolutionierten. Die letzte Folge führt die Zuschauer in ein Waldstück bei Hagen im südlichen Ruhrgebiet. Über enge und verwinkelte Gänge geht es hinab in die Blätterhöhle, in der menschliche Knochen aus der Steinzeit gefunden wurden.
Unbeliebte Bergleute, Kutschen mit goldenen Rädern
In der Webserie geht es nicht nur tief hinab, sondern auch weit zurück in der Geschichte – in Steinzeithöhlen, mittelalterliche Bergbaustollen und eine unterirdische Maschinenhalle aus dem 19. Jahrhundert. Welche Geheimnisse bergen diese Orte? Wie haben die Bergleute im mittelalterlichen Siegerland gearbeitet? Und wie viel Wahrheit steckt in der Sage vom Altenberg bei Hilchenbach? Antworten erhalten Fabian und Franzi von Archäologen, aber auch durch eigene Erfahrungen unter Tage.
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Fabian Nolte und Franziska Kirchner erzählen, dass den Bergleuten vom Altenberg ein derartiger Reichtum nachgesagt wird, dass sie Kutschen mit Rädern aus Gold gefahren haben. Und dass sie bei den Eingesessenen unbeliebt waren. Nicht nur wegen ihres Hochmuts und ihre Reichtums, den sie durch das Prägen von Silbermünzen erwarben. Sondern auch, weil sie zum Beispiel mit ihren Kerzen das Wasser der umliegenden Orte verschmutzt haben. Die Sage, sagt Archäologe Dr. Manuel Zeiler, „hat definitiv einen wahren Kern.“ Und dass die Siedlung der Bergleute 1297 durch eine Feuersbrunst vernichtet wurde, ist selbst heute noch wissenschaftlich nachweisbar. Wo einst der Burgturm stand, steht heute ein Aussichtsturm.
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Ohne Autobahn-Pläne wäre vielleicht nie gegraben worden
Rolf Golze, Vorsitzender des Vereins Altenberg und Stahlberg, nimmt die Leute vom Film mit in die Grube Wolf, herunter in einen elf Meter tiefen Schacht. Seit einigen Jahren wird erneut geforscht im Müsener Revier, mit moderneren Methoden als in den 1960er Jahren, als die Archäologen erstmals anrückten, um das Gelände vor dem Bau der Autobahn A 4 zu dokumentieren – damals, als sie noch durchs Rothaargebirge gebaut werden solle. Nicht mehr mit Senkblei, Seil und Nägeln gewinnen die Forscher Maße, um ein Bergwerk zu kartieren. In der zweiten Folge der „Unterwelten“ führt der Wilnsdorfer Hilmar Schröder vor, wie heute in Müsen Schächte und Stollen mit einem Laserscanner dreidimensional und digital vermessen werden – so, dass am Ende nicht nur eine Karte, sondern ein anschauliches Bild der Gänge im Berg entsteht.
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Grube Landeskrone: Die erste Dampfmaschine unter Tage
Das Besucherbergwerk, das 300 Meter tief in den Stahlberger Erbstollen hineinführt, ist die letzte Station des Filmteams in Müsen. Weiter geht es ins südliche Siegerland. Dort in Wilnsdorf wartet Meinhard Weber, Vorsitzender des Vereins Siegerländer Bergbau, am Eingang zur Grube Landeskrone. Dort wurde im 19. Jahrhundert die erste Dampfmaschine im Siegerland unter Tage betrieben, wodurch die Massenproduktion von Metallen ermöglicht wurde. 800 Meter tief im Berg liegt die 1852 errichtete Maschinenhalle und daneben die Kesselhalle, die die Archäologen erst 2016 erkunden konnten – 90 Meter hoch stand damals das Grubenwasser. Für die Wissenschaftler ist die Entdeckung imposanter Architektur tief im Berg nach wie vor beeindruckend. Moderatorin Frauke scheint sich eher etwas ernüchtert zu verabschieden: „So einen richtigen Schatz haben wir doch nicht gefunden.“
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„Mit dem Edutainment-Format möchten wir die wichtige Arbeit unserer Archäologinnen und Archäologen einem jungen Publikum auf YouTube näherbringen. Ihre Arbeit fördert Funde und Erkenntnisse zu Tage, die oft ein neues Licht auf die Geschichte der Region werfen“, sagt Prof. Dr. Michael Rind, Direktor der LWL-Archäologie für Westfalen. Zu den Drehorten zählt auch das LWL-Museum für Archäologie in Herne, das in seiner Dauerausstellung zahlreiche Funde zum Neandertaler aus der Balver Höhle zeigt. Unterstützt wurden die Dreharbeiten vom Verein für Siegerländer Bergbau sowie vom Verein Altenberg und Stahlberg.
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