Hilchenbach. Der Verein Altenberg und Stahlberg hat das virtuelle Bergwerk – ein Ergebnis des Projekts Mittelalter, bei dem sieben Bergwerke entdeckt wurden.
„Virtualisierung des mittelalterlichen Bergbaus“ – das klingt nach einem Widerspruch. Ist es aber nicht: Das Projekt aus der Vergangenheit hat immerhin schon den zweiten Platz des Siegen-Wittgensteiner Zukunftspreises belegt. Wie sich das ganz alte Thema mit der Digitalisierung verträgt, hat Rolf Golze vom Verein Altenberg und Stahlberg jetzt im Kulturausschuss vorgestellt.
Wie entsteht das virtuelle Bergwerk?
Rolf Golze zeigt, wie die Lage von Stollen und Schächten früher festgehalten wurde: anfangs mit Rissen, die „relativ einfach zu zeichnen“ waren, später exakter mit Hilfe von Kompass und Zollstock. Aber immer zweidimensional. 2015 machte der Verein dann seinen ersten Versuch mit dem 3-D-Laserscanning, das der Siegener Hilmar Schröder („HS 3D-Solutions“) anbietet: Der Laserscanner nimmt Oberflächen in „Wolken“ von vielen Millionen Punkten auf und setzt sie neu zusammen: auf dem Bildschirm als dreidimensionales Modell. Eine Eisensteingrube bei Müsen ist so das erste Bergwerk geworden, das virtuell tatsächlich begangen werden kann.
Die 15 Kilo schwere Leica Scanstation P 40 wurde unter Tage geschafft. 270 Meter weit reicht das Auge des Scanners, der alle sechs Millimeter einen Messpunkt aufnimmt, eine Million in der Minute. „Man sieht jede Mauerfuge“, sagt Rolf Golze. Und schnell ist er: „Für 500 Meter Vermessung hat er weniger als einen Tag gebraucht.“ Bloße Hexerei ist das aber auch nicht. Um aus der Punktwolke eine fotorealistische Abbildung zu machen, sind schon noch einige Stunden Nachbearbeitung erforderlich. „Eine Spielerei ist das nicht“, betont Rolf Golze. Sondern „die einzige Möglichkeit, unsere Forschung für die nächsten zwei bis vier Generationen zu dokumentieren“.
Was war der Anlass?
Der Verein Altenberg und Stahlberg musste handeln. Denn das „Projekt Mittelalter“, das die Müsener 2013 gestartet haben, ist ausgesprochen ergiebig: Sieben mittelalterliche Bergwerke haben sie im Raum Kreuztal/Hilchenbach entdeckt, 20 mittelalterliche Verhüttungsplätze, eine bis dahin unbekannte Bergbausiedlung und viele Werkzeuge und Scherben. Auch drei mehrwöchige Grabungskampagnen wurden anberaumt, immer in Zusammenarbeit mit den Archäologen des Landschaftsverbands in Olpe. Besonderes Aufsehen erregte 2014 die Erforschung eines Stollens der Grube Victoria bei Littfeld – der Blei-Silbererz-Schacht aus dem 13. Jahrhundert ist nun der älteste nachgewiesene Bergbau des Siegerlandes. „Wir können uns mittlerweile mit den größten mittelalterlichen Bergrevieren messen“, stellt Golze fest.
Was kann daraus werden?
2025 will der Verein sein Mittelalter-Projekt abschließen, in dem Jahr, in dem auch das 100-jährige Bestehen des Stahlberg-Museums begangen werden soll. Die Frage, was dann von all den Entdeckungen sichtbar bleibt, „ist auch bei uns im Verein noch in der Diskussion“, sagt Rolf Golze. Gerade restauriert wird ein Stollen, der zu Forschungszwecken begehbar gehalten werden soll und mit einem neuen Eingangsportal versehen wird. Der Stollen, so Golze, werde sich auch „hervorragend als Winterquartier für Fledermäuse“ eignen. Denkbar ist auch ein Themenweg zum mittelalterlichen Bergbau, ausgeschlossen dagegen das Offenhalten aller Stollen: „Das wird sich niemals machen lassen.“
Wie viele Scans sich der Altenberg- und Stahlbergverein leisten kann, um wenigstens virtuelle Bergwerke zu eröffnen? „Das ist eine Frage der Finanzierung“, antwortet Rolf Golze. Auch die Archäologie des Landschaftsverbands als möglicher Zuschussgeber „schwimmt nicht im Geld“. Dr. Peter Neuhaus (Grüne) regt an, das virtuelle Bergwerk für die Regionale 2025 anzumelden. „Wir sollten zumindest versuchen, das bei der Südwestfalen-Agentur zu platzieren“, meint Fachbereichsleiter Hans-Jürgen Klein.Der Schul- und Kulturausschuss tagt in der zur Diskussion passenden Umgebung: Im Gymnasium Stift Keppel haben die Kommunalpolitiker gerade erst die vielen Spielarten der Digitalisierung kennengelernt. Wie es denn mit einem Bergwerk aus dem 3-D-Drucker wäre, fragt Dr. Peter Neuhaus (Grüne). Schulleiter Dr. Jochen Dietrich hat ein weniger aufwändiges Angebot: Im Rahmen ihrer Facharbeiten könnten sich Oberstufenschüler an dem Mittelalter-Projekt beteiligen. Ulrich Bensberg (UWG) findet das gut: „Da sollten wir dranbleiben.“
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