Siegen. Die Vorwürfe wiegen schwer, das Ende des Prozesses ist nah. Und: Einer der beiden Angeklagten wird bald Vater.
Im vergangenen Jahr wurden während einer Razzia über 30 Kilogramm Cannabis und Haschisch in einem parkenden Auto neben dem Cafe del Sol von der örtlichen Polizei sichergestellt – nach mehreren Verhandlungstagen steht nun das Urteil beim Landgericht Siegen unmittelbar bevor.
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Der Prozess wegen mutmaßlicher Einführung, Besitz und Handel mit Betäubungsmitteln geht vor dem Gericht in die nächste Runde. Im vergangenen Sommer hatte die Polizei nach monatelanger Observation einen internationalen Drogenring aufgedeckt – dabei auch die beiden Angeklagten als Teil des Drogenrings festgenommen. Im Auto der Täter machte die Polizei einen spektakulären Fund und fand dabei insgesamt 32,3 Kilogramm verstecktes Cannabis und Haschisch.
Die Anklage ist Teil eines größeren Verfahrens gegen die organisierte Betäubungsmittelkriminalität. Ein justizbekannter Auftraggeber, den die Polizei schon seit Längerem observiert, hatte die beiden Männer für den Drogenschmuggel angeheuert. Der 25-jährige Beschuldigte soll Drogen von dem Auftraggeber erhalten, für ihn damit gehandelt und dafür Geld bekommen haben.
Schon früh folgt auf Cannabis Kokain
Nachdem beide Angeklagten bereits in den ersten Verhandlungsrunden den Drogenschmuggel im großen Stil vollumfänglich zugaben, folgte nun das psychologische Gutachten des 25-jährigen Angeklagten vom zuständigen Facharzt für Psychiatrie.
Der Psychiater gab dabei an, dass der Beschuldigte bereits im Alter von 13 Jahren Drogen konsumiert habe – auf Cannabis folgte schnell Kokain. „Er konsumierte in einer ungewöhnlich hohen Dosierung“, betont der Facharzt. Versuche, der Drogenabhängigkeit zu entkommen, scheiterten, nachdem starke psychische Entzugserscheinungen beim Täter auftraten. Der 25-Jährige sei aufgrund seines Drogenkonsums in eine Abwärtsspirale geraten und habe dabei die Kontrolle über die sein Leben verloren. „Die Suchterkrankung hatte in allen Bereichen negative Konsequenzen“, so der Facharzt weiter.
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Staatsanwaltschaft Siegen: Schmuggel ist kein Kavaliersdelikt
Hinsichtlich der langen Drogenvergangenheit des Angeklagten sei der Befund der Polytoxikomanie erfüllt. Sollte sich der 25-Jährige nicht grundsätzlich ändern, drohten aufgrund der Abhängigkeit auch weitere Delikte. „Es ist so mit weiteren Straftaten zu rechnen“, betont er. Für die Zukunft sieht er dennoch grundsätzlich eine gute Heilungsprognose beim Täter, zumindest insofern er seinen eigenen Worten Taten folgen lässt und sich in Behandlung begibt.
Nach Ende der Beweisaufnahme machte die Staatsanwaltschaft in ihrem Schlussplädoyer deutlich, dass der Schmuggel in diesem Ausmaß kein Kavaliersdelikt ist. „Das ist schon eine Hausnummer.“ Dazu gebe es keinerlei Zweifel mehr an den Abläufen der Tatnacht. „Die Anklagevorwürfe treffen zu und alle wichtigen Fragen sind durch die Aussagen der Zeugen geklärt.“ Daher fordert die Staatsanwaltschaft Freiheitsstrafen in Höhe von fünf und vier Jahren – auch die Haftbefehle sollen wegen möglicher Fluchtgefahr und familiären Problemen bestehen bleiben.
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Angeklagter schadet seiner jungen Familie
Beide Verteidiger fordern hingegen mildere Strafen für ihre Mandanten – besonders die im Raum stehende Beibehaltung des Haftbefehls wollen sie in dieser Form nicht hinnehmen. Die Verteidigerin des 25-jährigen Angeklagten verwies in ihrem Plädoyer darauf, dass der Täter sich weiterentwickelt habe und gerade seiner jungen Familie nicht noch mehr Schaden zufügen wolle. Zwar habe er sich „bezüglich beider Anklagepunkte strafbar gemacht“, aber seine junge Familie biete einen großen Anreiz, nicht mehr straffällig zu werden, so die Verteidigerin.
Unter Berücksichtigung der Geständigkeit des Angeklagten sei eine Freiheitsstrafe in Höhe von vier bis viereinhalb Jahren angemessen – inklusive Aufhebung des Strafbefehls.
Auch der Verteidiger des 22-jährigen Beschuldigten griff den Familiengedanken auf. Als werdender Vater wolle der Angeklagte seiner Verantwortung nachkommen, die Haft habe seinem Klienten gerade deshalb besonders zugesetzt – ein weiter bestehender Haftbefehl sei daher aus seiner Sicht kontraproduktiv.
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Drei Jahre und sechs Monate Haft gefordert
Zudem forderte der Verteidiger eine vergleichsweise mildere Strafe, da der Angeklagte zum Tatzeitpunkt nicht im Besitz der Drogen gewesen sei. „Es muss hier deutlich gemacht werden, dass der Angeklagte keine zehn Kilogramm bei sich hatte“, betont der Verteidiger. Daher fordert er eine Haftstrafe in Höhe von drei Jahren und sechs Monaten – ohne Beibehaltung des aktuellen Haftbefehls.
Es bleibt abzuwarten, ob das Gericht den Forderungen der Staatsanwaltschaft nachkommt oder doch bezüglich der Beibehaltung der Haftbefehle Milde walten lässt. Bis dahin müssen sich alle Beteiligten jedoch noch gedulden, denn die Urteilsverkündung findet erst am 18. April im Siegener Landgericht statt.
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