Netphen. Nur ein paar Wochen Zeit hat die Stadt, um ihr Entwicklungskonzept in Form zu bringen. Es geht um viel Geld. Und darum, was am wichtigsten ist.
Auf den Rahmenplan für die Stadtmitte folgt das ISEK, das integrierte städtebauliche Entwicklungskonzept, das wiederum Voraussetzung ist, dass für die Vorhaben der Stadt Landeszuschüsse fließen. Christine Loth hat jetzt im Stadtentwicklungsausschuss das Konzept vorgestellt – und einen Zeitplan. Damit bis zum 30. September ein Antrag auf Fördermittel gestellt werden kann, muss das Konzept bis Mitte Mai stehen und Mitte Juni vom Rat verabschiedet werden. „Sonst verlieren Sie ein ganzes Jahr“, warnt die Stadtplanerin, „ich weiß, das ist sportlich.“
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Die Stadt Netphen hatte 2018 schon einmal ein ISEK, das Netphen und Dreis-Tiefenbach umfasste. Das, was davon noch umgesetzt werden soll, und der Rahmenplan von 2022 sollen im neuen ISEK zusammengefasst werden. Es wird in sechs Teilbereiche aufgeteilt, die nacheinander realisiert werden sollen. Unter dem Strich steht eine Kostenschätzung von 8,6 Millionen Euro allein für die Urbane Mitte, für das Kulturquartier St. Peter und den Alten Marktplatz Obernetphen – die drei Rahmenplan-Bereiche, zu denen nun noch die Schulstandorte, der Freizeitpark und die Georg-Heimann-Halle hinzukommen. Keinen Platz mehr im neuen ISEK finden das 2018 noch gewünschte „alternative Wohnkonzept in zentraler Lage“ und die „bauliche Attraktivierung des Einkaufszentrums“.
1. Bereich: Innenstadt
Hierzu gehören künftig autofreier Hufeisenplatz und Hufeisenpark, die Passage von der Talstraße zum Siegufer, außerdem die Siegterrasse, die Keilergasse (der jetzige Neumarkt), die Neuordnung des Rathausplatzes und die Talstraßen-Allee – allesamt Vorhaben aus dem Rahmenplan. Im September soll der Hufeisenplatz für einen Tag versuchsweise für Pkw gesperrt und für Veranstaltungen genutzt werden. Die Vorhaben in diesem Teilbereich sollen von 2024 bis 2027 umgesetzt werden. Stadtplanerin Ilka Rosenthal berichtet über das Vorhaben der Uni-Städteplaner, dort im neuen Semester etwa 20 Studierende an Master-Entwürfen für die Innenstadt arbeiten zu lassen. Die Stadt bekäme auf diese Weise etwa ein Dutzend Gestaltungsvorschläge, vergleichbar einem städtebaulichen Wettbewerb. „Es wird nicht schaden, dass wir auch an der Uni bekannt sind.“ Kostenlos bekommt die Stadt diese Leistung allerdings nicht. „Den Preis dafür sagen wir im nicht öffentlichen Teil“, kündigt Beigeordneter Andreas Fresen an.
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2. Bereich: Freizeitpark
Hier geht es um den Abriss der Eissporthalle, eine Machbarkeitsstudie zur künftigen Nutzung des Geländes und die Rad- und Fußweganbindung an Talsperre und Innenstadt. „Wir müssen das sehr konkret fassen“, sagt Christine Loth, deren Siegener Stadtplanungsbüro den Stadtmitte-Rahmenplan erarbeitet hat und die nun auch das ISEK vorbereiten soll. Für den Freizeitpark gibt es inzwischen einen Katalog von Vorschlägen mit Outdoor- und neuen Indoor-Anlagen. Gastronomie, Camping- und Wohnmobilplatz. Auch der Neubau der Grundschule Netphen auf diesem Gelände oder bei der Georg-Heimann-Halle ist Thema. Da müsse sich die Stadt bald entscheiden, mahnt Christine Loth. „Es ist wichtig, dass man da einen Schritt weiterkommt, um den Weg zu Fördergeldern zu eröffnen. Das wäre jetzt eine Chance.“ Umgesetzt aus dem ISEK 2018 wurde der Bau des Bewegungsparks mit Parkour-Anlage und Skaterbahn. Nicht mehr aufgeführt wird eine neue Eissporthalle mit Multiunktionsnutzung als „Leuchtturmprojekt“. Realisierung des Teilbereichs 2: 2024 bis 2027.
3. Bereich: Niedernetphen
Im Stadtmitte-Rahmenplan ist das das „Kulturquartier St. Peter“ mit Sport- und Begegnungsmöglichkeiten und Picknickplätzen an der Sieg, der Neugestaltung von Oranienstraße und Petersplatz und einer neuen Nutzung des Weylandstifts als öffentliche Begegnungsstätte mit Gemeinschaftsgarten. Umsetzung 2026 bis 2029.
4. Bereich: Schulberg
Als Option steht auch hier die Grundschule, die in der Nachbarschaft des Gymnasiums neu gebaut werden könnte, außerdem ein „Bildungszentrum auf dem Schulberg“. Konkrete Vorplanungen und Kostenberechnungen gibt es für beide Ideen nicht; sie wären allerdings Voraussetzung dafür, dass die Stadt überhaupt Fördermittel beantragen kann. Zuletzt gab es starke Stimmen dafür, es bei den beiden Teilstandorten der Grundschule in Ober- und Niedernetphen zu belassen und in Niedernetphen zu erweitern. Einen Umzug der Sekundarschule in einen Neubau neben oder hinter dem Gymnasium verfolgt der Rat auch nicht weiter. Zum einen, weil ein weiterer Grunderwerb auf der Haardt nicht möglich scheint. Zum anderen, weil die Grundschule nicht in das bisher von der Sekundarschule genutzte Gebäude auf dem Kreuzberg umziehen will. Und drittens, weil die Sekundarschule bleiben will, wo sie ist. Umsetzung 2026 bis 2029.
5. Bereich: Obernetphen
Das „historische Netphen“ aus dem Rahmenplan mit Gestaltung des Marktplatzes als Treffpunkt für Touristen und Einheimische, Aufwertung des Katharina-Diez-Platzes oberhalb des Friedhofs, Themen-Rundwanderwegen und der Gestaltung des Oberbauufers. Umsetzung: 2029 bis 2032. Weil das ISEK nur acht Jahre nach der Verabschiedung durch den Rat gilt, gibt es Fördermittel nur für Maßnahmen, die bis 31. Dezember 2031 beschlossen werden.
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6. Bereich: Georg-Heimann-Halle
Hier steht eine Machbarkeitsstudie zur „Nachnutzung“ im Programm – übernommen aus dem ISEK von 2018, das noch den Bau einer Stadthalle auf der Braas vorsah. Davon ist die Stadt allerdings längst abgerückt. Wäre die „große“ Lösung für das Schulzentrum auf der Haardt umgesetzt worden, wäre dort die Mensa zugleich als Stadthalle geplant worden. Aktuell im Gespräch ist noch, neben der Georg-Heimann-Halle die Grundschule neu zu bauen und die Halle für den Schulsport zu sanieren oder aber die Halle abzureißen und Schule und Sporthalle komplett neu zu bauen. Die Sanierung des Bolzplatzes wäre dann überflüssig – es gäbe ihn nicht mehr. Allerdings sieht es derzeit nicht danach aus, dass die Stadt die Grundschule überhaupt neu bauen will (siehe Bereich 2 und 4). Umsetzung 2029 bis 2032.
Diskussion
„Sind Picknickplätze an der Sieg wichtiger als die Georg-Heimann-Halle?“, fragt Markus Sting (Grüne) und fordert, die Reihenfolge der Teilbereiche zu ändern. „Aus Netphener Sicht muss man die Reihenfolge verändern“, sagt auch Manfred Heinz (SPD). Planerin Christine Loth weist darauf hin, dass es dann allerdings auch inhaltliche Ideen braucht. „Das ISEK muss bis Juni fertig sein.“
Paul Legge (CDU) stellt fest, dass die Stadt kaum einen einmal bewilligten Zuschuss wieder zurückgeben werde. Manfred Heinz (SPD) sieht das anders: „Ob wir jemals den Eigenanteil finanzieren können, wird sich zeigen. Wir sollten die Euphorie begraben.“ Aktuell würde der Landeszuschuss 60, der Eigenanteil der Stadt 40 Prozent betragen; diese Quoten werden jedes Jahr neu festgelegt. Wie viel Geld es dann tatsächlich für die jeweilige Maßnahme gibt, sei nicht absehbar, sagt Christine Loth. „Die Glaskugel hat keiner.“ „Gut, dass wir so weit sind“, sagt Annette Scholl (SPD). Der Aufwand, an Fördermittel zu gelangen, sei allerdings „viel zu hoch und viel zu bürokratisch.“
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