Siegen. 37-Jähriger muss sich vor dem Landgericht Siegen wegen schweren Raubs verantworten – und muss jetzt erstmal eine ganze Weile ins Gefängnis.

Das Schöffengericht des Landgerichts Siegen hat einen 37-jährigen Mann wegen des Tatvorwurfs des schweren Raubs zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und vier Monaten verurteilt. Außerdem verordnete es die Unterbringung in eine Entzugsanstalt.

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Dem Angeklagten wird vorgeworfen, Anfang September 2022 eine örtliche Tankstelle überfallen zu haben. Dabei habe er sich einen hohen Geldbetrag sowie andere Gegenstände rechtswidrig unter Androhung von Gewalt angeeignet. Um circa acht Uhr morgens soll der Beschuldigte die Tankstelle stark vermummt betreten und zwei Schachteln Zigaretten geordert haben. Als sich die Mitarbeiterin umdrehte, um ihm die Zigaretten zu reichen, habe der Angeklagte eine schwarze, nicht geladene Pistole auf sie gerichtet. „Ich habe nur noch den Lauf gesehen“, sagt die Mitarbeiterin als Zeugin vor Gericht aus. Danach soll der 37-Jährige sie aufgefordert haben, den Inhalt der Kasse zu entnehmen und ihm zu übergeben. Anschließend habe er die Tankstelle fluchtartig verlassen. Insgesamt konnte der Beschuldigte Bargeld in Höhe von 679,94 Euro stehlen.

Der Angeklagte räumt den Überfall vor Gericht ein und legt ein vollumfängliches Geständnis ab. Er gibt an, dass er vor der Tat über einen längeren Zeitraum eine größere Menge an Amphetaminen zu sich genommen habe, um die Nacht durchzumachen. In einem Online-Casino habe er die Nacht über sein ganzes Geld verspielt. Aus der Geldnot heraus sei ihm die Idee gekommen, eine Tankstelle zu überfallen: „Das Geld brauchte ich, um mehr Drogen zu kaufen und weiter online spielen zu können“, erklärt der Angeklagte. Zu der Tankstelle sei er mit seinem Fahrrad gelangt. Noch vor Ort habe er seine Kleidung gewechselt.

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Nach seiner Flucht habe er das Geld direkt einzahlen wollen, um es im online ausgeben zu können. Die Polizei konnten den Angeklagten vor der Bankfiliale in Siegen festnehmen. Der 37-Jährige soll versucht haben, in Richtung Innenstadt zu fliehen. „Wir konnten ihn aber überwältigten“, sagt eine Beamtin vor Gericht. Schon bei der Festnahme habe sich der Beschuldigte für sein Verhalten entschuldigt. Auf der Wache soll er direkt ein umfangreiches Geständnis abgeben haben.

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Für den Raub habe er mehrere Anläufe gebraucht: „Ich war sehr nervös und bin zuerst ein paar Mal an der Tankstelle vorbeigefahren, bis ich sie schließlich betrat“, so der 37-Jährige. Er sagt aus, dass er seit etwa 15 Jahren regelmäßig Drogen konsumiert und seit 12 Jahren online um Geld spielt. 2015 wurde der 37-Jährige das erste Mal straffällig. In den folgenden Jahren stand er immer wieder wegen mehreren Drogendelikten und Diebstählen vor Gericht und ist vorbestraft.

Eine Blutprobe bestätigt, dass er während der Tat unter dem Einfluss von Amphetaminen stand. Nach dem medizinischen Gutachter des Gerichts habe sich sein Zustand zuletzt zwar verschlimmert, es liege aber keine verminderte Schuldfähigkeit oder Psychose bei dem Beschuldigten vor, da er nicht impulsiv, sondern sehr kontrolliert gehandelt habe. Der Angeklagte leide unter einer ausgeprägten Drogensucht und sei gleichzeitig noch spielsüchtig. „Der Angeklagte zeigt das typische Verhalten bei Suchterkrankungen“, so der Gutachter.

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Er hält die rechtliche Grundlage für die Anordnung einer therapeutischen Unterbringung zur Suchtberatung für geben. „Das ist eine notwendige Voraussetzung, damit der Angeklagte sein Leben zukünftig straffrei gestalten kann“, betont der Gutachter. Denn wie an seinen Vorstrafen erkennbar, sei das Risiko, wieder straffällig zu werden, bei ihm besonders hoch. Für den Überfall auf die Tankstelle entschuldigte sich der 37-Jährige erneut vor dem Gericht: „Was ich da getan habe, war einfach nur falsch und es tut mir sehr leid. Ich möchte nun alles dafür tun, um ein suchtfreies Leben führen zu können.“

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Für die Staatsanwaltschaft haben sich die Vorwürfe aus der Anklageschrift bestätigt: „Der Beschuldigte hat sich wegen schweren Raubs strafbar gemacht.“ Sie plädiert daher auf eine Freiheitsstrafe von drei Jahren und vier Monaten. Die Staatsanwaltschaft schließt sich dem Gutachter an und schließt eine Schuldunfähigkeit aus. „Der Angeklagte war zu jeder Zeit der Schwere seiner Tat bewusst und bei vollem Verstand.“ Zu seinen Gunsten bewertet die Staatsanwältin, dass sich der 37-Jährige reumütig wie auch kooperativ zeigte und sich detailreich zu der Tat eingelassen habe. Seine Vorstrafen wiederum legt ihm die Staatsanwaltschaft zu Lasten. Sie beantragt die stationäre Unterbringung in einer Entzugseinrichtung, da sonst die Gefahr sehr groß sei, dass der Beschuldigte erneut ähnliche Taten begeht.

Für die Verteidigung bestehe kein Zweifel daran, dass sich der Beschuldigte das Geld widerrechtlich angeeignet hat. Ihm sei seine Schuld bewusst und sein Handeln habe ihm bereits direkt nach der Tat leid getan. „Mein Mandant möchte einen endgültigen Schlussstrich ziehen und endlich seine Drogen- und Spielsucht bekämpfen“, erklärt die Verteidigerin. Er selbst halte eine Therapie für nötig und möchte professionelle Hilfe in Anspruch nehmen. Seine Verteidigerin spricht sich daher für eine Unterbindung aus. Sie beantragt allerdings, die restliche Freiheitsstrafe auf Bewährung auszusetzen.

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Nach der Beweisaufnahme sieht das Gericht den Tatbestand des schweren Raubs als erwiesen an und verurteilt den 37-Jährigen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und vier Monaten. Außerdem ordnet es die Unterbringung in einer Entzugsanstalt an. Strafmildernd habe sich das direkte Geständnis des Angeklagten wie auch die Tatsache, dass bei der Mitarbeiterin der Tankstelle durch die Tat keine langfristigen Schäden zu befürchten sind, ausgewirkt. Aufgrund der Vorstrafen und dem damit einhergehenden hohen Rückfallrisiko habe sich das Gericht dagegen entschieden, die Strafe auf Bewährung auszusetzen. Die Kosten des Verfahrens muss der Beschuldigte selbst tragen.

Zudem wird der Mann angeklagt, gegen das Waffengesetz verstoßen zu haben. Bei der Durchsuchung im Oktober seiner Wohnung konnten Polizeibeamte mehrere Patronen sicherstellen, für die bei dem 37-Jährigen keine waffenrechtliche Genehmigung vor lag. Der Beschuldigte gibt an, dass es sich bei der Munition um Platzpatronen handelt, die er als Andenken an seine Zeit bei der Bundeswehr an sich genommen habe. Das Gericht stellte daraufhin das Verfahren zu diesem Anklagepunkt ein.

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