Siegen-Wittgenstein. Per Knopfdruck kann beim Hausnotruf Hilfe geholt werden. Immer mehr Seniorinnen und Senioren in Siegen machen davon aus Einsamkeit Gebrauch.

Die dunkle Jahreszeit schlägt vielen auf’s Gemüt. Gerade Seniorinnen und Senioren, deren Partner oder Partnerinnen schon verstorben sind oder deren Kinder weiter weg wohnen, fühlen sich in dieser Zeit oft besonders einsam. Immer mehr von ihnen nutzen in diesen Situationen den sogenannten Hausnotruf, der eigentlich gar nicht dafür vorgesehen ist: Per Knopfdruck kann Hilfe geholt werden, wenn die Nutzerinnen und Nutzer dieses Angebots zum Beispiel gerade gestürzt sind oder ein anderer Notfall greift. Gerade an den Feiertagen kam es sowohl beim Deutschen Roten Kreuz (DRK) als auch bei den Maltesern in Siegen-Wittgenstein vermehrt zu den Hausnotrufen aus Einsamkeit.

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„Die Menschen sagen dann zum Beispiel, dass sie den Knopf aus Versehen gedrückt haben oder ihre Brille nicht finden können“, erläutert Christian Bruno, Leiter der Malteser-Dienststelle Südwestfalen in Netphen. Das jemand einsam ist, gibt im Siegerland kaum jemand zu – es werden andere Vorwände gesucht. Wenn sich solche Alarmierungen allerdings häufen und kein konkreter, dringender Hilfebedarf vorliegt, wissen die Helferinnen und Helfer, was los ist. Christian Bruno nennt das „soziale Einsätze“.

Siegen: Wie der Hausnotruf funktioniert

Prinzipiell läuft es immer gleich ab, wenn der Hausnotruf gedrückt wird: Es meldet sich jemand von der Malteser-Zentrale über eine Freisprechanlage, versucht Sprechkontakt mit den Anruferinnen und Anrufern aufzubauen, erläutert Christian Bruno. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter am Apparat sind speziell geschult, wissen, wie sie welche Lage am besten einzuschätzen haben, ob Angehörige und/oder der Rettungsdienst zu alarmieren sind.

Besuch von Ehrenamtlichen

Sowohl das DRK als auch die Malteser bieten einen Besuchsdienst an, an den sich Menschen, die sich einsam fühlen, wenden können. Mehr Infos gibt’s im Netz unter www.drk-siegen-wittgenstein.de oder www.malteser-paderborn.de.

Beim DRK in Siegen-Wittgenstein sind Golnaz Talimi (Tel. 0271 33716 4911, Mail: g.talimi@drk-siegen-wittgenstein.de) und bei den Maltesern Barbara Wagener-Biehl (Tel. 0271 2387408, Mail: Barbara.Wagener-Biehl@malteser.org) für den (telefonischen) Besuchsdienst zuständig und bei Fragen erreichbar.

Die Ehrenamtlichen unterhalten sich bei ihren Besuchen mit den Menschen und verbringen Zeit mit ihnen.

Wer ehrenamtlich aktiv werden will, kann sich ebenfalls bei Golnaz Talimi und Barbara Wagener-Biehl melden.

„Wir empfehlen, sich den Knopf mit einer Kordel um den Kopf zu hängen“, erläutert Christian Bruno. Wenn man unglücklich stürzt, kommt man da meist immer dran, nicht unbedingt, wenn der Knopf am Handgelenk getragen wird. Natürlich kommen viele Nutzerinnen und Nutzer des Hausnotrufs auch einmal aus Versehen auf den Knopf, nicht alles sind unbedingt Notfälle.

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Häufen sich die Anrufe ohne konkreten Hilfebedarf, verweisen die Mitarbeiter auf Angebote gegen Einsamkeit. „Wir haben zum Beispiel einen telefonischen Besuchsdienst“, sagt Christian Bruno (siehe Box). Gerade Männer würden im Siegerland oft nicht sagen, dass sie einsam sind. Zum Teil haben sich die Seniorinnen und Senioren auch mit ihren Kindern auseinandergelebt. Es gibt gerade bei älteren Menschen oft niemanden, der sich um sie kümmern kann. „Da gibt es richtig große Schicksalsgeschichten“, sagt Christian Bruno.

Siegen-Wittgenstein: Viele Hausnotrufe gehen aus Angst vor Warntag ein

Im Dezember seien von 2485 Hausnotrufen im Kreisgebiet 27 „soziale Gespräche“ gewesen, sagt Marcus Sting, Pressesprecher beim DRK in Siegen-Wittgenstein. „Hauptsächlich waren die an Silvester und beim bundesweiten Warntag, wo viele Anrufer Angst hatten, weil sie nicht wussten, was los ist.“ Auch das DRK stellt den Bedarf fest, dass viele Seniorinnen und Senioren vereinsamen und einfach „hin und wieder mit jemanden sprechen wollen“, erläutert Marcus Sting. Als Grund wird auch dort nicht offiziell Einsamkeit angeführt.

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1200 Hausnotruf-Kunden betreut das DRK in Siegen-Wittgenstein, bei den Maltesern sind es rund 2900 in Siegen-Wittgenstein und Olpe. „Der Hausnotruf wird immer wichtiger“, unterstreicht Christian Bruno, gerade vor dem Hintergrund der „beängstigenden Entwicklungen“ im Rettungsdienst und in den Krankenhäusern. Es fehle an allen Ecken Personal, die Anzahl der Rettungsdienstfahrten nehme zu, Kliniken seien überlastet. „Der Hausnotruf ist da oft das Bindeglied. Wir fangen viele Einsätze ab, die sonst ein Fall für den Rettungsdienst geworden wären“, erläutert Christian Bruno. Die Mitarbeitenden des Hausnotrufes können nach der Alarmierung bei Bedarf den Malteser Bereitschaftsdienst, eine Vertrauensperson oder den Rettungsdienst informieren.

Siegen: Wenn „Essen auf Rädern“-Mitarbeiter der einzige soziale Kontakt am Tag sind

Wie einsam viele Menschen sind, bekommen die Malteser und das Deutsche Rote Kreuz auch häufig bei den Auslieferungen ihres „Essens auf Rädern“ zu spüren, betonen sowohl Christian Bruno als auch Marcus Sting. „Bei vielen Kunden sind wir der einzige soziale Kontakt, den sie am Tag haben“, sagt Christian Bruno. „Und das Angebot für Essen auf Rädern ist am Wachsen ohne Ende. Viele sind nicht mehr dazu in der Lage, selbst zu kochen.“

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Die Mitarbeiter des DRK seien angehalten, sich Zeit für Gespräche bei den Essenslieferungen zu nehmen, betont Marcus Sting. „Aber auch das hat seine Grenzen.“ Auch wenn sie sich Zeit nehmen soweit es geht, ist ihre Zeit nicht unendlich, auch sie haben gewisse Aufträge abzuarbeiten. „Es ist ein schmaler Grad“, sagt Christian Bruno darüber, das Mittelmaß zu finden, zwischen dem zu viel und zu wenig Zeit nehmen.

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Er betont aber auch: Wenn einmal eine Kundin oder Kunde die Tür nicht aufmacht, würden die Malteser stets versuchen, der Sache nachzugehen oder Angehörige informieren, dass niemand reagiert. Nicht immer ist etwas passiert, aber wenn, kann so oft noch geholfen werden.

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