Siegen. Der Bürgerentscheid über den Fortbestand von Haupt- und Realschulen in Siegen beschlossen. Was das konkret bedeutet und was jetzt passiert.

Am 1. März werden die Siegener Wahlberechtigten entscheiden, ob Haupt- und Realschulen erhalten werden. Der Rat hat den Bürgerentscheid am Mittwoch, 21. Dezember, mit 53 gegen 13 Stimmen bei einer Stimmenthaltung beschlossen.

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Diese weiteren Beschlüsse sind damit verbunden:

Der Rat gibt dem Bürgerbegehren nicht von sich aus statt, wie es die GfS-Fraktion beantragt hat. Dafür stimmten lediglich 14 Ratsmitglieder, zwei enthielten sich der Stimme, die anderen lehnten ab.

13 Stadtverordnete stimmten für den Antrag der GfS, die nun eintretende „Sperrwirkung“ des Bürgerbegehrens auch auf die neue vierte Gesamtschule auszudehnen, für die dann im Januar kein Anmeldeverfahren erfolgen dürfte. Zwei enthielten sich der Stimme, die große Mehrheit lehnte ab.

Einstimmig erklärte der Rat – bei drei Stimmenthaltungen – das Bürgerbegehren für zulässig, was die Grundlage für alle weiteren Entscheidungen war. Eine Wahl hatte der Rat allerdings auch nicht: Inhaltlich hatte er das Bürgerbegehren schon im August zugelassen. Jetzt ging es nur noch um die Feststellung, dass die erforderliche Zahl von Unterschriften vorgelegt worden ist: Das waren 5803, deutlich mehr als die nötigen 4029.

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So geht es weiter

Nach dem Szenario, das die Verwaltung dargestellt hat, würden im Januar Anmeldungen zu dann vier Gesamtschulen und im Februar zu den noch drei Gymnasien, den beiden Realschulen und der Hauptschule angenommen. Die Schulen können aber nach den Sommerferien nur dann 5. Klassen aufmachen, wenn auch Mindest-Anmeldezahlen erreicht werden -- unabhängig vom Ausgang des Bürgerentscheids. Nicht ausgeschlossen ist dennoch, dass es kein Anmeldeverfahren zur vierten Gesamtschule in den Räumen des Peter-Paul-Rubens-Gymnasiums auf dem Rosterberg gibt – noch hat die Bezirksregierung die Errichtung nicht genehmigt. „Wir erkennen keine Gründe, warum sie nicht genehmigt werden sollte“, sagte Schuldezernent Andree Schmidt zu dieser Variante. Vielleicht komme die Post aus Arnsberg ja als „Weihnachtsgeschenk“.

So wurde diskutiert

Die Zuschauerreihen im Gläsersaal waren voll besetzt, nicht alle fanden einen Sitzplatz. Die Stimmung war gespannt bis gereizt. Zwei Mal drohte Bürgermeister Steffen Mues damit, den Saal räumen zu lassen. Einmal, als sich Zwischenrufe häuften. Und einmal, als eine Person in Verdacht geriet, die Diskussion mit Video aufzuzeichnen. Beides ist verboten.

Michael Petin erläutert im Rat das Ziel des Bürgerbegehrens.
Michael Petin erläutert im Rat das Ziel des Bürgerbegehrens. © Steffen Schwab | Steffen Schwab

Michael Petin bekam als Sprecher des Bürgerbegehrens das Wort. Dass die Sperrwirkung des Begehrens nicht auch auf den Errichtungsbeschluss für die Gesamtschule angewendet werde, zeige, „dass Sie den Willen Ihrer Wählerinnen und Wähler nicht ernst nehmen wollen“. Das jetzt beabsichtigte Anmeldeverfahren trage „zur Verunsicherung und eventuell zu viel Frist bei den Eltern bei, die ihr Kind an Schulen anmelden, deren Zukunft unklar ist.“ Christian Sondermann (GfS) fand, „man darf sich nicht an den Formulierungen der Unterschriftenlisten festbeißen“. Mit dem Bürgerbegehren sei auch das Nein zur neuen Gesamtschule gemeint, nicht nur das abgefragte Votum zum Erhalt von Haupt- und Realschulen. „Dann wäre das Bürgerbegehren von vornherein unzulässig gewesen“, widersprach Bürgermeister Steffen Mues. Grundvoraussetzung sei eine eindeutige Fragestellung. Es sei aber „schwierig für Eltern, Kinder an Haupt- und Realschulen anzumelden, wenn schon Werbung für die Gesamtschule gemacht wird“, wandte Torsten ­Schoew (FDP) ein.

Theresa Pflogsch (Grüne) sprach sich für den „weitaus repräsentativeren“ Bürgerentscheid aus. Ihr Fraktionschef Michael Groß griff den Vergleich von Michael Petin auf, nach dem das Bürgerbegehren fast so viele Unterstützer habe wie die Grünen Wähler: Das habe eben nicht für eine Ratsmehrheit gereicht, sondern für 12 von 70 Mandaten. „Die Mehrheit hat, was ich sehr bedaure, andere Partein gewählt.“ Joachim Pfeifer (SPD) verwies auf das Anmeldeverfahren zu Beginn dieses Jahres mit sechs Fünftklässlern an der Hauptschule („Davon wollten zwei eigentlich zur Gesamtschule“) und 36 an der Realschule Auf der Morgenröthe. Die Hälfte des aktuellen 5. Jahrgangs an den Realschulen sei ursprünglich an einer Gesamtschule angemeldet gewesen. Henning Klein (Linke) bekam nicht nur aus den eigenen Reihen Beifall, als er dem Bürgerbegehren „schulpolitischen Klassenkampf“ vorwarf. „Die eigentliche demokratische Abstimmung erfolgt mit den Füßen.“

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Für die Aufhebung des Ratsbeschlusses sprach sich unter anderem Wolfgang Koenen (FDP) aus. Der Schulwunsch von Siegener Kindern könne auch mit einer Erweiterung der Gesamtschule Auf dem Schießberg erfüllt werden – auswärtige Kinder hätten auch in Freudenberg eine Alternative. Michael Schwarzer (AfD) räumte ein, dass es bei nicht ausreichender Anmeldezahl wenig Sinn mache, Haupt- und Realschulen weiter zu betreiben. Schuld daran sei die „linksideologisch motivierte Kampagne gegen das dreigliedrige Schulsystem“.

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