Mittelhees. 150 Betonlaster für einen Mast: Die Bauarbeiten im Heestal werden gigantisch, fürchtet die Bürgerinitiative. Einen Vorgeschmack hat sie schon.

Die weiße Stange, die Ansgar Klein und Sascha Reller zum Bohrloch für Mast 375 mitnehmen, ist doppelt gut: Wenn sie über das Erdreich halten, wird erkennbar, dass hier kein Hang verläuft, sondern ein Teil des Plateaus übrig geblieben ist, auf dem der Bagger gestanden hat. Und wenn sie die Stange in den Boden stecken würden, kämen sie 20 Meter weit, so tief wie das Bohrloch, das nach Auffassung der Sprecher der Bürgerinitiative Junkernhees nun Bohrwasser und Bohrreste enthält, aber keineswegs sachgerecht verfüllt ist: „Der Rest war hohl“, sagt Ansgar Klein.

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Das kleine Loch: Umweltbehörde ein Siegen wäre Ansprechpartner

Auch fast einen Monat nach der „Baugrunduntersuchung“ , zu deren Duldung sie durch die Bezirksregierung gezwungen wurden, ist der Zorn bei den Grundstückseigentümern groß: Das Astwerk wurde als „Totholz“ liegen gelassen, die Pferdeweide, über die die Baufahrzeuge gefahren sind, ist verschlammt. Protest an Ort und Stelle während der mehrtägigen Arbeiten blieb ungehört, die Post an die Bezirksregierung lief ins Leere. Eher inkognito nahmen deren Mitarbeiter den Bereich in Augenschein, bis sie von Ansgar Klein entdeckt wurden. Sichtbar war die Polizei, deren Unterstützung sich die von Amprion beauftragte Forma versicherte.

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AAnsgar Klein (rechts), Sascha Reller, 20-Meter-Stange: Der Wald überlebt das nicht.
AAnsgar Klein (rechts), Sascha Reller, 20-Meter-Stange: Der Wald überlebt das nicht. © Steffen Schwab | Steffen Schwab

„Wir sind fassungslos, dass wir ohne Antworten auf unsere Fragen diese Maßnahmen ertragen müssen“, schreibt Ansgar Klein nach Arnsberg – warum denn die Wasserbehörde des Kreises nicht hinzugezogen wurde, als Bohrwasser in den Bach geleitet wurde? „Sie - als genehmigende Behörde - haben tatenlos zugesehen und machen das auch weiter so. Das werden wir Ihnen nicht durchgehen lassen“, legt Klein mit Datum vom Nikolaustag nach. Zwei Tage später kommt eine Antwort von Amprion: Die Rückbauten seien „ordnungsgemäß erfolgt“, das Bohrloch „sachgerecht verfüllt“.

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An diesen Dienstag schließlich kommt erstmals Post von der Abteilung Bergbau und Energie der Bezirksregierung, die eine Adresse in Dortmund hat. Die Bohrung, erfährt Ansgar Klein endlich, sei bei der Siegener Kreisverwaltung angezeigt worden. „Die Untere Umweltbehörde des Kreises Siegen-Wittgenstein wäre somit auch die fachliche Ansprechpartnerin für Fragen zur ordnungsgemäßen Verfüllung des Grundstücks.“ Der Brief schließt aber nicht ohne den Zusatz, dass Amprion „auf Nachfrage versichert“ habe, Bohrung und Verfüllung „ordnungsgemäß“ vorgenommen zu haben.

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Die große Leitung: Hoffen auf schnelle Gerichtsentscheidung

Mitglieder der Bürgerinitiative, unter ihnen Sascha Reller und Ansgar Klein, klagen gegen den Planfeststellungsbeschluss für die Höchstspannungsleitung. Sie fordern nach wie vor, das Umspannwerk in Altenkleusheim zu erweitern und nicht ein neues gegenüber von Schloss Junkernhees zu bauen, und sie fordern eine alternative, vom Heestal und von Meiswinkel Richtung Wald wegdrehende Trasse. Derzeit werden im Eilverfahren Schriftsätze ausgetauscht. Das Bundesverwaltungsgericht muss, bevor es sich mit den Details der Stromtrasse befasst, über einstweiligen Rechtsschutz für die Kläger entscheiden. „Sonst könnte Amprion hier am 2. Januar anfangen zu bauen“, sagt Sascha Reller, „davor scheuen die sich auch nicht.“ Das Energiewirtschaftsgesetz hat angesichts von explodierenden Stromrechnungen und Blackout-Szenarien in den letzten Monaten viele neue Freunde gefunden.

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Zwei Masten der bisherigen Leitungen, 25 und 30 Meterhoch, stehen auf der Wiese. mit zwei mal zwei und zwei mal drei Schritten ist man um das Fundament herum. der doppelt so hohe Mast 375 braucht 13 mal 13 Meter Grundfläche, rechnet Sascha Reller vor. Allein dafür werden 150 Betonlaster vorfahren müssen, „vorsichtig gerechnet“, sagt Ansgar Klein. Nicht auf die Wiese, sondern in die Böschung hinein, wo sie gerade gebohrt haben. Das 30 Meter tiefe Wäldchen ist dann für den Schutzstreifen weg, Buche, Eiche, Haselnuss, Vogelbeere. Sascha Reller hebt ein paar grüne Krümel von dem gefrorenen Boden auf. Der Brief von Amprion geht weiter: „Als Saatgutmischung wurde eine Standardmischung für Pferdeweide verwendet und ausgebracht. Somit sollte abschließend der Sachverhalt geklärt sein.“

Marmor im Berg: Deswegen werden Hohlräume gesucht

Ansgar Klein ist der Erste, der sich im Heestal den Amprion-Leiten entgegengestellt. An den anderen Maststandorten wurde laut, aber geräuschlos gebohrt – weil eben, wie es die Bezirksregierung bei Androhung von täglich 1000 Euro Zwangsgeld feststellt, der für eine richtige Ausführungsplanung der Baugrund auf Hohlräume untersucht werden muss. Schließlich, so erfährt Ansgar Klein bei der Gelegenheit, liegt sogar Marmor im Berg. Hinter dem Hof Wurmbach wird niemand mehr die Leitungsbauer aufhalten, auf Freudenberger Gebiet werden schon Wege durch den Wald geschoben.

Klein bekommt an diesem Tag noch einmal Post: Die von Amprion beauftragte Firma will ihm den für die Leitung benötigten Teil des Grundstücks abkaufen. Mit 85 Cent Zuschlag je Quadratmeter, wenn er sich bis 23. Januar entscheidet. Da geraten sie an den Richtigen.

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