Mittelhees. Amprion macht Ernst und verschafft sich Zutritt zum Bauplatz von Mast 375. In dieser Woche eskaliert die Auseinandersetzung im Heestal.

Fünf Pferde galoppieren über die Koppel am Hohlen. Wo die am Montag hin sollen, wenn Fahrzeuge über die Weide fahren, um am Hang gegenüber eine Plattform für eine Bohrung anzulegen? „Wir haben keine Lösung“, sagt Ansgar Klein. Will er auch nicht. „Einen Bagger werden wir nicht durchlassen.“ In der Eskalation zwischen dem Stromnetzbetreiber Amprion und der Bürgerinitiative Junkernhees wird die nächste Stufe erreicht.

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Amprion will den Baugrund für Mast 375 der Höchstspannungsleitung erkunden, die von Dortmund nach Betzdorf gebaut wird und das Heestal durchquert. Zwischen sechs und 20 Meter tief wird gebohrt, unter anderem auch, um etwaige „Fremdkörper“ aufzuspüren, um die sich der Kampfmittelräumdienst kümmern müsste. Flur 4, Flurstück 20 in der Gemarkung Hees gehört Ansgar Klein, der zusammen mit Sascha Reller Sprecher der Bürgerinitiative ist – und einer der Kläger gegen den Planfeststellungsbeschluss.

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1000 Euro Zwangsgeld für jeden Tag

Ansgar Klein verwehrte den von Amprion beauftragten Firmen den Zutritt, Amprion wandte sich an die Bezirksregierung. Die erließ eine „Duldungsanordnung": Im Zeitraum vom 7. November bis 9, Dezember habe er zu dulden, dass die Flächen betreten, mit einem „selbstfahrenden Bohr-/Rammgerät (...) befahren (werden), das etwa die Größe eines Kleinwagens hat und bodenschonend mit einem Kettenantrieb ausgestattet sein wird“. Die Rede ist dann noch von „geringfügigen Erdarbeiten“ und einem „schonenden“ Rückschnitt“ des Bewuchses. Und davon, dass „das Anlegen einer kleinräumigen, temporären Arbeitsfläche – ein sogenanntes Bohrplateau – erforderlich sein“ könne. Sollte Klein sich den Arbeiten in den Weg stellen, werde ein Zwangsgeld von 1000 Euro je Tag verhängt.

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Am Montag fand ein erster Besichtigungstermin statt. „Zu den Fragen, die wir gestellt haben, konnten sie nichts sagen“, berichtet Silke Klein. Zum Beispiel, wie der „Kleinwagen", der inzwischen zur 2,5 mal fünf Meter großen Maschine gewachsen ist, die Böschung hinauf kommt, ohne dass eine Rampe angeschüttet und geschottert wird. „Diese Maßnahmen können nur mit erheblichen Flurschäden ausgehen“, schreiben die Grundstückseigentümer anschließend an Amprion und Bezirksregierung. Die Duldungsanordnung beruhe auf falschen Angaben.

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Am Donnerstag sind die Vertreter von Amprion und den beauftragten Firmen wieder da. Diesmal wird der Bohrplatz freigeschnitten. „Auf einmal kommt die Polizei“, berichtet Silke Klein. Der Streifenwagen fährt den Wirtschaftsweg beim Hof Wurmbach herauf und wieder herunter. Sie wären „nur so“ da, erfährt Ansgar Klein von den Beamten – um sich am Ende der anderthalbstündigen Aktion eines Besseren belehren zu lassen. Die Bürger werden Zeugen, wie die Amprion-Beauftragten die Polizisten bitten, so lange vor Ort zu bleiben, bis sie selbst abgefahren seien.

Am Montag wird das Bohrplateau gebaut

„Das klang nach Einschüchterung“, sagt Ansgar Klein, „die wollten ihre Macht demonstrieren.“ Weniger standhafte Personen könnten davon beeindruckt werden, glaubt Silke Klein, die sich schriftlich bei Amprion beschwert: „Dass Sie auf unsere Fragen keine Antworten geben oder sie uns verschweigen, ist mir mittlerweile bekannt. Aber dass nun die Polizei gerufen wird, wenn Bürger als Grundstückseigentümer Maßnahmen Dritter auf ihrem Grundstück beobachten, ist eine absolute Unverschämtheit.“ Am Freitag bekommt der Rechtsanwalt der Bürgerinitiative Post von Amprion: „…. teilen wir Ihnen mit, dass die notwendigen Arbeiten zur Erstellung eines Bohrplateaus (….) am 14.11.2022 durchgeführt werden." Das ist nächsten Montag. Auf Fragen dieser Zeitung hat Amprion bis Freitagabend nicht geantwortet.

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Ansgar und Silke Klein und Sascha Reller stehen auf dem gerodeten Teil der Böschung und schauen ins Tal: Zwei 25 und 30 Meter hohe Masten stehen da, an denen die alten Leitungen gespannt sind. Der neue Mast, für den hier probegebohrt wird, wird doppelt so hoch, das Fundament eine neun Mal so große Fläche in Anspruch nehmen wie die Fundamente der alten Masten zusammen. In Berlin arbeitet der Rechtsanwalt an der Klagebegründung gegen den Planfeststellungsbeschluss. Mit dem Eilantrag von Bürgerinitiative und Stadt Kreuztal, das Baurecht für die Leitung bis zu einem Urteil außer Kraft zu setzen,. hat das Bundesverwaltungsgericht keine Eile. Amprion habe schließlich erklärt, dass der Beginn der bauvorbereitenden Maßnahmen bis Ende 2022 aufgeschoben werde. Nur für Mast 375 nicht.

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