Lützel. Zig Schornsteinfeger versammeln sich auf der Lützel in Hilchenbach – Anlass ist ein ganz besonderes Event, das im Siegerland kaum jemand kennt.

Immer mehr Schornsteinfegerinnen und Schornsteinfeger kommen mit ihrem Wagen auf die Lützel, treffen sich auf dem Parkplatz vor der Liftschänke. Alle in ihren Uniformen, alle an einem Ort versammelt – das gab es auf der Lützel noch nie. Die Auto-Kennzeichen zeigen, die Schornsteinfegerinnen und Schornsteinfeger kommen aus ganz Deutschland zum „Anfegen“: „Im Siegerland kennt man diese Tradition nicht, im Ruhrgebiet ist das gang und gäbe“, sagt Schornsteinfegerin Kim Kuhn.

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Der Gedanke dahinter: „Meine Kollegen unterstützen mich in der Anfangszeit, damit ich gut ankomme.“ Denn Kim Kuhn hat einen neuen Kehrbezirk übernommen. „Das waren früher Kollegen, jetzt sind es Freunde geworden“, sagt Kim Kuhn über Schornsteinfeger aus dem „Ruhrpott“, die extra für die Aktion auf die Lützel gekommen sind. Einmal nur unter Schornsteinfegern zu sein, macht alle Beteiligten schon auf dem Parkplatz extrem glücklich. „Siegerland, Wittgenstein, Gelsenkirchen, Eckernförde“, zählt Kim Kuhn auf. Viele ihrer Kolleginnen und Kollegen haben weite Wege für das „Anfegen“ auf sich genommen.

Die Schornsteinfegerinnen und Schornsteinfeger tragen in Hilchenbach-Lützel selbstverständlich auch alle ihre Uniformen. 
Die Schornsteinfegerinnen und Schornsteinfeger tragen in Hilchenbach-Lützel selbstverständlich auch alle ihre Uniformen.  © WP | Ina Carolin Pfau

Um rund 60 Häuser wollen sich die ca. 40 Schornsteinfegerinnen und Schornsteinfeger auf der Lützel kümmern. Kim Kuhn hat alle zusammengetrommelt: „Wenn wir hier durch sind, treffen wir uns wieder und dann gibt es für euch alle Erbsensuppe“, sagt sie. Auch ohne diese zusätzliche Motivation würden ihre Kolleginnen und Kollegen ihr helfen. „Der Zusammenhalt bei Schornsteinfegern ist Wahnsinn. Es sind so viele da, die unterstützen.“

Hilchenbach: Glücksbringer-Volksglaube nervt Schornsteinfegerin kein Stück

Mit den Autos geht es schließlich zu den Einsatzorten. Schornsteinfeger Dominik Kuhn steigt aus, schleppt die lange Leiter, stellt sie an ein Haus. Kim Kuhn klettert hinauf zum Schornstein. „Am liebsten bin ich auf den Dächern unterwegs“, sagt sie. Mit dabei hat sie zum Beispiel ein Kugelschlagapparat, der den Besen im Kamin nach unten zieht.

Auch für Frauen sei der Schornsteinfeger-Beruf äußerst attraktiv, betont Schornsteinfegerin Kim Kuhn (rechts).
Auch für Frauen sei der Schornsteinfeger-Beruf äußerst attraktiv, betont Schornsteinfegerin Kim Kuhn (rechts). © WP | Ina Carolin Pfau

Die 31-Jährige beginnt mit ihrer Arbeit, lässt sich auch nicht davon beeindrucken, dass es regnet. Bis zu 20 bis 25 Schornsteine könnten es in einer normalen Schicht am Tag sein, die gefegt werden müssen, erläutert ihr Mann Dominik Kuhn. Dass heute nur zwei Häuser anstehen, ist somit ein stückweit Luxus. „Wir müssen den Kehrbezirk jetzt ans Laufen bringen“, betont Dominik Kuhn.

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Mit dem „Anfegen“ haben sie schon den ersten wichtigen Grundstein dafür gelegt. Eine Lützlerin freut sich, als Kim und Dominik Kuhn vor ihrer Haustür stehen, um den Schornstein zu fegen. Vermutlich, weil sie ihre Arbeit machen, aber vielleicht auch, weil Schornsteinfeger angeblich Glück bringen. „Ich finde das süß“, sagt Kim Kuhn über den Volksglaube. Er nervt sie kein Stück. „Man läuft über die Straße und die Leute sagen: ‘Jetzt habe ich Glück!’“, erzählt sie. „Die meisten freuen sich.“

So viele Schornsteinfegerinnen und Schornsteinfeger an einem Ort – das gibt’s selten. 
So viele Schornsteinfegerinnen und Schornsteinfeger an einem Ort – das gibt’s selten.  © WP | Ina Carolin Pfau

Dass sie Schornsteinfegerin geworden ist, hat Kim Kuhn ihrem Vater zu verdanken. „Er hat mit dem Nachbarn Bier getrunken“, erzählt sie. Und aus einer Bierlaune heraus vereinbarte er für seine Tochter einen Praktikumsplatz beim Schornsteinfeger. „Auf einmal hatte ich einen tollen Job“, erzählt Kim Kuhn.

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Das zweiwöchige Praktikum begeisterte sie so sehr, dass sie 2009 mit ihrer Schornsteinfeger-Ausbildung begann. Schließlich trieb es die Herzhäusenerin ins Ruhrgebiet, wo sie ihren zukünftigen Mann, ebenfalls Schornsteinfeger, in der Meisterschule kennenlernte. Dominik Kuhn erzählt: „Sie war ein Lehrgang über mir. Wir haben uns auf dem Hof getroffen. Der Rest ist Geschichte.“

Dominik Kuhn lehnt die Leiter ans Haus an, damit seine Frau Kim Kuhn hinauf aufs Dach steigen kann.
Dominik Kuhn lehnt die Leiter ans Haus an, damit seine Frau Kim Kuhn hinauf aufs Dach steigen kann. © WP | Ina Carolin Pfau

Schornsteinfegerin in Hilchenbach: „Es ist das Beste, was man machen kann“

Kim Kuhn bewarb sich für den Kehrbezirk im Siegerland, wollte es einfach mal versuchen. „Und es hat funktioniert“, sagt sie und freut sich. Seit dem 1. Juli ist sie für Hilchenbach mit den Ortschaften Lützel, Grund und Vormwald sowie Erndtebrück mit Zinse, Benfe, Schameder, Birkelbach, Birkefehl und Womelsdorf zuständig.

Schornsteinfegerin Kim Kuhn steht auf dem Dach und begibt sich auf dem Weg zum Schornstein.
Schornsteinfegerin Kim Kuhn steht auf dem Dach und begibt sich auf dem Weg zum Schornstein. © WP | Ina Carolin Pfau

Ihr Beruf sei so vielfältig, es gehe um so vieles gleichzeitig, wie Technik, Energieberatung und den Kundenkontakt. „Und man weiß nicht, was am Tag alles passiert.“ Auch für Frauen sei der Schornsteinfeger-Beruf interessant: „Früher war er wesentlich anstrengender. Doch es ist nicht mehr so schlimm wie es früher war. Es ist das Beste, was man machen kann.“

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