Netphen/Siegen. Entlang der Sieg können Wanderer und Radfahrer viel entdecken: Den Walpersdorfer Köhler, die Nenkersdorfer Wassermühle und vieles mehr.
Die Sieg ist Namensgeber einer Großstadt und eines Landkreises, hat aber noch viel mehr zu bieten. Der alte, inzwischen ziemlich abgelutschte Kalauer über Siegen soll hier nicht wieder aufgewärmt werden, denn der Name „Sieg“ kommt höchstwahrscheinlich vom keltischen Wort „Sikkere“, was „schneller Fluss“ bedeutet. Und das ist sie auch, nachdem sie in 603 Metern Höhe am Rothaarsteig in der Nähe der von Walpersdorf ins Wittgenstein führenden Landstraße entspringt.
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Lange Zeit war die Siegquelle bei unzähligen Schülergenerationen zwar ein Wanderziel, aber kein beliebtes. Denn der Anstieg bis auf die Höhe ist ziemlich herausfordernd. Lehrer konnten unwilligen Schülern die Anstrengung zumindest dadurch schmackhaft machen, dass die sich dann an ganz frischem Siegwasser laben konnten, das aus der gemauerten Quelleinfriedung herauskam.
Doch das ist seit knapp 10 Jahren Vergangenheit: Der Ursprung der Sieg wurde 2013 renaturiert und die Siegquelle ist das, was sie ursprünglich einmal war: Ein System von kleinen Wasseraustritten, das sich zu einem Bächlein bündelt. Der Besucher hat die Möglichkeit, das Quellgebiet über einen aufgeständerten Weg aus Holzbohlen zu erkunden.
Holzkohle für Grillfreunde
Das junge Bächlein macht dann dem keltischen Namen alle Ehre. Denn von der Quelle bis nach Walpersdorf fließt es auf einer Strecke von vier Kilometern mit einem Höhenunterschied von 220 Metern sehr rasant nach unten. Doch ob Wanderer, Radfahrer oder mit dem Auto: Es lohnt sich, fast im Tal angekommen, dem Walpersdorfer Köhler und seinen Meilern einen Besuch abzustatten. Zwischen der Aufschichtung der gespaltenen Stämme aus Laubholz und dem Verpacken der fertigen und abgekühlten Holzkohle in Säcke liegt ein zweiwöchiger „Reifeprozess“, in der der Köhler ständig die Luftzufuhr nachjustieren muss.
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Wer während dieser Zeit am Meiler vorbeikommt und die blauen Wölkchen sieht, sollte verweilen und genussvoll einatmen, denn diesen speziellen Duft eines Meilers findet man nur noch ganz selten. So wird aus vier Tonnen Holz am Ende eine Tonne Holzkohle. Dass die Walpersdorfer Holzkohle, früher für Eisenschmelze gebraucht, dank ihrer besonderen Qualität bei ambitionierten Grillfreunden hoch im Kurs steht, versteht sich von selbst. Und auch, dass der uralte Beruf des Köhlers damit jede Energiekrise der Gegenwart überleben wird, zumal das aktuelle Köhlerteam auch ganz junge Mitarbeiter hat. Im Bereich Walpersdorf verliert die Sieg einen Teil ihres Wassers. Das wird durch einen drei Kilometer langen Stollen zur Obernau-Talsperre geleitet.
Wassermühle produziert Mehl
Ebenfalls ganz alt ist die Mühle links am Ortseingang von Nenkersdorf, der nächsten Station der Sieg. 1240 erstmalig urkundlich erwähnt, war sie zuletzt fünf Generationen lang im Besitz der Familie Weber. Der letzte seiner Zunft war Friedhelm Weber, der von 1930 bis 2006 lebte und jahrzehntelang mit Leib und Seele an seinem Beruf hing.
Heute klappert die Mühle am rauschenden Bach nicht mehr, ist aber als einzige Wassermühle der Region noch voll funktionsfähig. Nämlich dann, wenn das Wasser der Sieg über den Mühlengraben in die Mühle geleitet wird und das fünf Meter hohe Wasserrad aus Eisen und damit ein System aus Zahnrädern und Riemen antreibt. Immerhin schafft es die Mühle, innerhalb von 24 Stunden 2 Tonnen Getreide in Mehl zu verarbeiten. Am Wochenende sind Besichtigungen möglich.
Kontakt: Familie Weber (02737/3945) oder André Dorn (02737/5462)
Mit dem Rad unterwegs
Ab hier beginnt auch ein umfangreiches Netz von Fahrradwegen, das immer dichter befahren wird, je mehr man sich der Stadt Siegen nähert. Das Schöne daran ist: Wenn man flussabwärts radelt, braucht man künstliche Antriebe nicht.
Sieg kompakt
Quelle am Rothaarsteig oberhalb von Walpersdorf in über 600 Metern Höhe, 155 Kilometer lang, erreicht bei Bonn den Rhein.
Größte Zuflüsse sind die Nister, 64 Kilometer lang, die bei Wissen in die Sieg mündet, und die 70 Kilometer lange Agger.
So teilen E-Biker, junge Familien mit Kindern, die gerade ihre ersten Fahrversuche machen, und sportiv Ambitionierte die Wege, wobei Letztere mit ihren Rennrädern bisweilen ein Tempo anschlagen, als gäbe es kein Morgen mehr. Schade, dass all die Raser die wunderbar idyllischen und auch stillen Passagen der Sieg etwa im Bereich Dreis-Tiefenbach damit verpassen, in denen Naturfreunde sogar schon den scheuen Eisvogel beobachten konnten.
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Das ist natürlich vorbei, wenn die Sieg unter der HTS in Richtung Innenstadt fließt. Dort hat sie ihren größten Auftritt. Denn seitdem die alles verdeckende Parkpalette abgerissen wurde, hat sich auf den Passagen bis zum Apollo eine Flusslandschaft entwickelt, um die uns alle Besucher Siegens beneiden: Eine gelungene Mischung von Natur und gestaltetem Ufer, die alle zufriedenstellt: Ruhesuchende, junge Banker in der Mittagspause, Studenten, Flaneure, Freunde gepflegter Bistro-Kultur, Touristen und Siegerländer.
Wiesen und malerischen Orten
2,2 Kilometer lang, fast eben, geteert, beleuchtet, im Winter schnee- und eisfrei ist die etwa einen Kilometer vom Zentrum entfernte Siegarena allwettertauglich. Ob Jogger, Radfahrer, sportive Läufer: Hier entlang der Sieg ist immer was los. Da stört es überhaupt nicht, dass HTS und Bahnlinie nicht weit entfernt sind. Für Fußgänger aber eher ungeeignet, es sei denn, man liebt es, ständig von Radfahrern und Läufergruppen überholt zu werden.
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Das Thema Radwege hat sich hinter Niederschelden erledigt. Wer als Biker den weiteren Verlauf der Sieg kennenlernen will, sollte mit seinem Zweirad den Regionalexpress Richtung Köln nehmen und in Au wieder aussteigen: Den Radfahrer erwartet im weiteren Verlauf des Flusses bis zur Mündung in Bonn eine Mischung von Wiesen, Auenwäldern und malerischen Orten.
Er kann sich zwischen vielen Einkehrmöglichkeiten entscheiden und dann und wann auch Uferplätze finden, an denen das Siegwasser zum Baden einlädt. Und wer es ganz bequem liebt: Der Regionalexpress zwischen Siegen und Siegburg fährt in kurzen Abständen. Es bereitet Genuss, in einen Zug mit Doppelstockwagen zu steigen, um dann aus gehobener Perspektive auf die Schönheiten des Flusses zu schauen, dem das Siegerland seinen Namen verdankt.
Siegen und Umland: Wir verlosen Picknickdecken
Unsere Fluss-Geschichten sollen zu Entdeckungen anregen – an den Ufern und in der näheren Umgebung lässt sich Zeit verbringen. Bei uns können Sie die Picknickdecke dazu gewinnen, die mit Ihrem Namen versehen ist.
Dazu möchten wir gern ein Foto von Ihnen an der Quelle des Flusses bekommen – heute also an der Quelle der Sieg. Wir verlosen für jede Serienfolge eine Decke. Einsendeschluss ist Freitag, 26. August. Laden Sie Ihr Selfie einfach auf wp.de/flussgeschichten hoch – und mit etwas Glück können Sie gewinnen.
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