Netphen. Die Netphener bekommen Geld zurück – aber das reißt Lücken in die Netphener Finanzen. Grund- und Gewerbesteuer könnten als Folge angehoben werden
Für das Jahr 2021 ist das Jahresergebnis des städtischen Haushalts positiv – etwa 625.000 Euro kann Netphens Kämmerer Heinz-Georg Rosemann unter den Strich schreiben. Ohne die coronabedingten Ertragsbuchungen indes sähe das schon anders aus, sagte Rosemann jetzt im Rat: Dann hätten rund 1,31 Millionen Euro gefehlt. Der haushaltsplanerische Blick voraus verheißt unterdessen keine rosigen Aussichten.
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Jetzt schon stehe fest, erläutert Rosemann, dass dem städtischen Haushalt für das Jahr 2022 insgesamt rund 900.000 Euro fehlen werden, für 2023 weitere 970.000 Euro. Das hat mit einem aktuellen Urteil des NRW-Oberverwaltungsgerichts in Münster zu tun: Für die Verzinsung von Fremd- und Eigenkapital im Abwasserbereich wurde bisher ein Durchschnitts-Zinssatz zugrunde gelegt, der auf 50 Jahre berechnet wurde. Nach derzeitigem Stand, so der Kämmerer, sei dieser Zinssatz zu hoch.
Netphen rechnete mit 5 Prozent Verzinsung – und bekommt noch 0,64
Ein Oer-Erkenschwicker hatte gegen die Festsetzung von Schmutz- und Regenwassergebühren geklagt, laut OVG bestünden grundlegende Kalkulationsfehler: Die Gebühren dürften nicht mehr, anders als bisher, aus Abschreibungen und Zinsen kombiniert werden. Der Zweck der Gebührenkalkulation bestehe darin, die Abwasserbeseitigungsanlage dauerhaft betriebsfähig zu halten, so das Urteil. Den aktuellen Abschreibungswert der Anlage hinzuzuziehen, beinhalte einen doppelten Inflationsausgleich. Dieser „Kalkulationsfehler“ betrifft die Stadt Netphen allerdings nicht.
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Trotzdem heißt das konkret, dass Netphen bisher mit 5 Prozent Verzinsung rechnete, aber für 2022 nur noch 0,64 Prozent bekommt. Für 2023 werden es nur noch 0,37 Prozent sein – in Summe werden die Bürger um rund 1,9 Millionen Euro „entlastet“, so Rosemann – der Betrag fehlt dann aber den beiden Haushaltsjahren. Netphen wickelt die Abwasserbeseitigung über den städtischen Haushalt ab, aus dem Eigen- und Fremdkapital zur Verfügung gestellt werden – die Summe kann also nicht mehr als Gebühr erhoben werden und muss also künftig woanders herkommen. Für 2022 wird also mit den neuen Sätzen nachkalkuliert, mit den Grundbesitzabgabenbescheiden werden die Beträge gutgeschrieben, so Rosemann, für 2023 muss neu kalkuliert werden.
Hebt Netphen die Gewerbesteuer an, profitiert der Kreis Siegen-Wittgenstein
Es gebe Überlegungen, so der Kämmerer, die Grundsteuer B um 100 Prozentpunkte anzuheben. Der Kreis der Abgabepflichtigen und der Grundsteuer-Zahlenden sei sehr ähnlich, die Maßnahme würde 800.000 Euro bringen. Um den Unterschied zwischen Groß- und Wenigverbrauchern mit größeren und kleineren Grundstücken auszugleichen, könnte auch die Gewerbesteuer um 10 Prozentpunkte angehoben werden, was 180.000 Euro entspreche. Die Folge seien wohl landesweit Anhebungen der Hebesätze, vermutet Hans-Georg Rosemann. Für Prognosen sei es aber noch zu früh.
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Das Gewerbesteuer-Soll liege derzeit in Netphen bei 11,6 Millionen Euro – rund 2,5 Millionen Euro über dem Ansatz. Das sei wieder einmal Fluch und Segen zugleich, denn damit würden letztlich die Kreise von indirekt dem Urteil partizipieren, „obwohl sie damit eigentlich gar nichts zu tun haben“: Mehr Gewerbesteuereinnahmen heißt mehr Kreisumlage. „Im Ausblick zeichnen sich Probleme ab“, so Rosemann – dazu mehr laufende Kosten, Bewirtschaftungskosten, Inflation – schon diese wenigen Eckdaten zeigten eine Verschlechterung von 3,62 Millionen Euro, die woanders herkommen müssten, so der Kämmerer im Rat.
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„Die ‘Zukunftskoalition’ unterstützt hoffentlich die kommunalen Haushalte“, meinte SPD-Fraktionsvorsitzender Manfred Heinz mit Blick auf die neue schwarz-grüne Landesregierung. Der Staat, Bund und Länder, seien ohnehin Inflationsgewinner – umso dringender sei es, die Gemeindefinanzierung anders zu konzipieren. „Beide schöpfen erheblich ehr ab – es kann nicht sein, dass der Gesamtstaat seine Einnahmen verbessert, die Finanzierung der Kommunen aber nicht.“