Siegen. Die Hoffnung war, dass sich das Campusleben an der Uni Siegen nach dem Lockdown normalisiert. Das Studierendenwerk beobachtet aber etwas Anderes.

Trotz Wegfalls der meisten Corona-Schutzmaßnahmen und Wiedereinführung der Präsenzlehre bleiben viele Studierende dem Campus fern. Von normalem Unibetrieb könne „noch keine Rede“ sein, heißt es in einer Mitteilung zum Jahresabschluss 2021 des Studierendenwerks Siegen. Geschäftsführer Detlef Rujanski und Tobias W. Wolter, studentischer Verwaltungsratsvorsitzender, gaben nun einen Überblick über das vergangene Jahr, über aktuelle Sachstände und künftige Projekte.

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2021 war geprägt von coronabedingten Einschränkungen und Schließungen. Das habe sich in den Einnahmen der Betriebe bemerkbar gemacht. ,,Zwei Dinge haben uns gerettet“, sagt Detlef Rujanski. Zum einen der Landeszuschuss in Höhe von 1,7 Millionen Euro, der wegen der längeren Schließung der Mensen und Cafeterien nur bedingt für die Subvention des Essens verwendet werden musste, und zum anderen das Kurzarbeitergeld. Das Geschäftsjahr wurde mit einem Überschuss von rund 1,1 Millionen Euro abgeschlossen – etwa ein Drittel weniger als im Vorjahr. Trotz der erschwerten Bedingungen konnte das Studierendenwerk auf betriebsbedingte Kündigungen verzichten. Der Überschuss fließt in die Rücklagen: Das Geld soll in den Bau des Studierendenwohnheims am Effertsufer 74 investiert werden.

Uni Siegen: Mensa verkauft 2021 weniger als ein Fünftel so viel Essen wie vor Corona

Aufgrund der Pandemie und des daraus resultierenden Online-Unterrichts waren bis September 2021 alle gastronomischen Angebote an der Universität geschlossen. Mit dem Start ins Wintersemester 2021/2022 und der Rückkehr zum Präsenzunterricht verband das Studierendenwerk, wie Detlef Rujanski erzählt, viele Hoffnungen – doch weil weniger Studierende auf dem Campus waren als üblich, sank auch die Nachfrage in den Mensen und Cafeterien. Angesichts der fehlenden Umsätze musste das Studierendenwerk die Cafeterien in der Hölderlin- und der Paul-Bonatz-Straße im Dezember wieder schließen. Die Zahl der verkauften Essen ist dementsprechend drastisch gesunken. Im Vergleich zu den circa 500.000 verkauften Essen vor Corona, seien die 99.210 im Jahr 2021 ,,desaströs“, sagt der Geschäftsführer.

Mehr Bafög-Anträge

Trotz der Schwierigkeit, pädagogische Fachkräfte zu finden, ist die Situation in der Kita des Studierendenwerks „langsam aber sicher stabil“, sagt Geschäftsführer Detlef Rujanski. Im Jahr 2021 war die Kinderbetreuung voll ausgelastet.

Die Sozialbeiträge sind seit dem Sommersemester 2012 gleich geblieben. Ohne Änderung des Landeszuschusses sei diese Stabilität aber nicht garantiert, sagt Rujanski. ,,Wenn das Land nicht einspringt, dann geht es an die Studierenden.“

Wegen der Erhöhung der Regelstudienzeit um vier Fachsemester – aufgrund der Corona-Epidemie-Hochschulverordnung – ist die Zahl der Bafög-Anträge im Jahr 2021, trotz sinkender Einschreibungen, um 15 Prozent gestiegen. Die neue Verordnung, die Elternfreibeträge und Bedarfssätze zu erhöhen und gleichzeitig die Altersgrenze zu senken, begrüßt Detlef Rujanski. Allerdings „wird eine Erhöhung durch den Markt aufgefressen“.

Dass viele Studierende dem Campus fernbleiben, begründet Tobias W. Wolter vor allem damit, dass viele nicht in der Stadt wohnen. „Siegen ist eine Pendleruni“, argumentiert Wolter. Wegen der Digitalisierung sei es vielen auswärtigen Studierenden möglich – gerade nach den Erfahrungen mit dem Online-Unterricht in den vergangenen beiden Jahren – von zu Hause aus zu lernen. Auch Studierende aus Siegen schienen aber eine kürzere Verweildauer am Campus zu haben. Die fortschreitende Verschulung des Studiums sei ein weiterer Grund für die nachlassende Präsenz, schätzt Wolter. Sie verleite die Studierenden dazu, mehr Kurse zu wählen und das Studium so schnell wie möglich abzuschließen. Diese Veränderung sei laut Detlef Rujanski erst nach der Corona-Pandemie zu spüren.

Siegen: Studierendenwerk will Preise in den Uni-Mensen möglichst niedrig halten

Das Studierendenwerk bleibt dennoch optimistisch. So sind aktuell alle Gastroangebote, außer den Cafeterien in Hölderlin- und Adolf-Reichwein-Straße, geöffnet. Zudem sei die neue Mensa am Obergraben „nicht nur ein Ort für Studierende“, sagt Tobias W. Wolter. Auch viele weitere Bürgerinnen und Bürger finden den Weg in die Gastronomie der Uni. Sie soll allerdings nicht als Konkurrenz zu den nah gelegenen Restaurants und Bars funktionieren, erläutert Detlef Rujanski. Genau das Gegenteil: Mit Öffnungszeit von 7.30 bis 18 Uhr soll sie die Angebote der innerstädtischen Abendgastronomie ergänzen. Mit einer Auslastung von rund 50 Prozent sei man jedoch noch „weit von der Normalität entfernt“. Um die steigenden Lebensmittelpreise zu kompensieren, hofft das Studierendenwerk auf Unterstützung vom Land. ,,Wir wollen die Mensapreise so lange wie möglich niedrig halten.“

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Anders als beim Essen in der Mensa können die Mieten in den Studierendenwohnheimen nicht subventioniert werden. Wegen der steigenden Energiepreise wird das Studierendenwerk um eine „Erhöhung der Miete nicht herumkommen“, befürchtet Detlef Rujanski. Mit der Inbetriebnahme der neuen Wohnanlage in der Friedrichstraße stieg der Umsatz aus der Vermietung leicht; dennoch ist die Wohnraumversorgungsquote mit 5,4 Prozent unter dem NRW-Durchschnitt von 6,4. Das Ziel des Studierendenwerks: 10 Prozent.

Siegen: Neues Studierendenwohnheim am Effertsufer mit 140 Einheiten

Das neue Bauprojekt am Effertsufer 74 soll 140 weitere Wohneinheiten schaffen und bis zum Wintersemester 2024/2025 fertig sein. Die steigende Zahl an Online-Studierenden veranlasst das Studierenwerk, das Energiekonzept zu überdenken. Geplant ist, mit Geld aus Rücklagen „alle Wohnheime mit Glasfaser auszustatten“, betont Detlef Rujanski. Aufgrund der aktuellen Lage sei es aber nicht möglich, einen genauen Zeitpunkt festzulegen. Ziel sei, dass die Umrüstung im laufenden Jahr noch fertig wird.

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