Beienbach. Spargel, wo man ihn nicht vermutet: Thomas Münch und Henner Braach beliefern aus Beienbach Restaurants in der Region.

Die Dämme sind mit Planen abgedeckt. Trotzdem wissen Thomas Münch, Henner Braach und seine Tochter Annika Braach genau, wo sie gucken müssen. Dort, wo sich eine kleine Erhebung abzeichnet, könnte eine Stange weißer Spargel aus der Erde wachsen. Zielgerichtet bückt sich Thomas Münch, zieht die Plane weg, gräbt in der Erde und setzt dann den Spargelstecher an: „Guck mal, Henner! Das ist der dickste Spargel, den wir je hatten!“ Rund dreieinhalb Zentimetern Durchmesser hat die Spargelstange. „Die ist Wahnsinn!“, ruft Thomas Münch und hält sie in die Höhe. Zusammen mit Henner Braach pflanzt er als erstes und bisher wohl einziges Spargel im Siegerland an.

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Die Idee

„Wir haben im Siegerland durchaus fruchtbaren Boden, nur eben mit Steinen“, sagt Henner Braach. Das mache die Spargelernte deutlich arbeitsintensiver als in anderen Regionen. Thomas Münch und Henner Braach bewirtschaften ein Spargelfeld in Größe eines Viertel Hektars. Die Idee dafür sei an einem „langen Abend“ entstanden, so Thomas Münch. „Wir wollten ein Nahrungsmittel erzeugen und Spargel gab’s hier noch nicht“, erzählt Henner Braach.

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Wie das mit dem Spargel funktioniert, mussten sich die beiden Männer erst aneignen. „Es war komplettes Neuland“, so Thomas Münch. Mittlerweile haben sie viel Erfahrung gesammelt. Auf dem Feld befinden sich Spargelpflanzen aus vier Jahren. „Spargel ist eine Dauerkultur“, erläutert Thomas Münch. Das heißt: Die Pflanzen können jahrelang genutzt werden. „Vor vier Jahren haben wir unsere erste Pflanze gesetzt. Dieses Jahr ist die erste Vollernte“, so Thomas Münch.

Ein Spargelkopf schaut aus der Erde.
Ein Spargelkopf schaut aus der Erde. © WP | Ina Carolin pfau

Der Spargel

Wie viel am Ende der Spargelsaison raus kommt, ist witterungsabhängig. Bei viel Sonne wächst der Spargel schneller. „Bei viel Wind und Kälte bleibt er länger im Boden“, so Thomas Münch. Es sei ein gesundes Mittelmaß an Witterung nötig. „Das Siegerländer Wetter passt schon“, sagt Thomas Münch und lacht. Der 38-Jährige und sein 59-jähriger Kollege verwenden keine chemischen Pflanzenschutzmittel auf ihrem Feld. Sie verzichten auf eine Verfrühung oder Verspätung der Ernte, betreiben keinen extensiven Anbau. Sie würden behutsam mit den Spargelpflanzen umgehen, so Henner Braach. Das steigert auch die Qualität. „Unser Spargel schmeckt würziger“, sagt Henner Braach.

Erntetelefon informiert über Tagesverfügbarkeit

Thomas Münch pflanzt in Beienbach bereits Erdbeeren an; die Besucherinnen und Besucher des Erdbeerfeldes können sie selbst pflücken (wir berichteten). Das ist beim Spargel nicht möglich. Zu groß ist das Risiko, dass die Spargelpflanzen bei der falschen Erntevorgehensweise beschädigt werden könnten.

Henner Braach ist Landwirt, kümmert sich außer dem Spargel auch um Milchkühe und Rinder. Er ist auch Vorsitzender des Landwirtschaftlichen Kreisverbandes Siegen-Wittgenstein.

Wie bei den Erdbeeren von Thomas Münch greift auch beim Spargel das Prinzip des „Erntetelefons“: Dort wird tagesaktuell darüber informiert, ob frischer Spargel verfügbar ist. Geeignete Gefäße sind beim Abholen mitzubringen.

Das Beienbacher Erntetelefon für Spargel und Erdbeeren ist unter 0170/4559759 erreichbar. Beim WhatsApp-Unternehmensaccount unter dieser Nummer gibt es auch noch mehr Bilder von den Feldern.

Zwei Sorten werden in Beienbach angepflanzt: Die eine Sorte gedeiht früher als die andere. „Unser Siegerländer Spargel ist so stark, er wächst durch die Steine durch“, sagt Thomas Münch und grinst. Natürlich ist das etwas übertrieben, aber es läuft eben hervorragend mit dem Spargelanbau in Beienbach. „Die Ernte beginnt gerade“, erläutert Henner Braach. „Dieses Jahr sind wir zwei Wochen später als letztes dran“, ergänzt Thomas Münch. „Wir ernten jetzt das Ergebnis von letztem Jahr.“

Heiner Baach setzt den Spargelstecher an. Das erfordert Geschick.
Heiner Baach setzt den Spargelstecher an. Das erfordert Geschick. © WP | Ina Carolin Lisiewicz

25 Kilo haben er und Henner Braach bisher gestochen. Trotz der Steine wächst der Spargel überwiegend gerade. Wenn der Spargelkopf erst einmal aus der Erde gestoßen ist, muss er schnell gestochen werden. Denn sobald er ans Licht kommt, würde der Spargel grün, wenn er zu lange am Licht wäre, rot, erläutert Thomas Münch.

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„Das hier ist nicht so wie Petersilie anbauen“, sagt Henner Braach. Der Spargelanbau und die -ernte erfordert viel Arbeit. Ein Traktor sorgt für die passenden Dammformen. Ansonsten gibt es kaum technische Unterstützung. „Wir setzen die Spargelpflanze mit der Hand“, so Thomas Münch. Die beiden Männer sind in der Saison jeden Tag auf dem Feld.

Die Herausforderungen

Erntehelfer in Spargelregionen würden acht bis zwölf Kilo pro Stunde stechen, in Beienbach seien es vier Kilo pro Stunde, erläutert Thomas Münch. Vorwiegend stechen er und Henner Braach den Spargel – ihre Familien unterstützen sie bei allem, wo sie können. Annika Braach ist in der Erntezeit fast jeden Tag auf dem Spargelfeld mit dabei, erzählt sie.

Thomas Münch hält eine Stange Spargel in die Höhe.
Thomas Münch hält eine Stange Spargel in die Höhe. © WP | Ina Carolin pfau

Außer der Schwierigkeit der Steine im Siegerländer Boden ist auch der Aufwand, den die beiden Beienbacher in die Direktvermarktung stecken müssen, hoch. Sie kümmern sich um den Verkauf komplett alleine. „Auch der Unkraut-Druck ist bei Dauerkulturen erheblich“, sagt Henner Braach über eine weitere Herausforderung beim Anbau.

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„Am Johannistag ist dann immer Schluss“, sagt Thomas Münch. Dann ist das Spargelstechen bis zur nächsten Saison vorbei. Darauf hätten sich alle Spargelanbauer einmal geeinigt, berichtet Thomas Münch. In Beienbach wird sich auch dadran gehalten. „Wir sind hier nicht der Nabel der Spargelwelt“, sagt Henner Braach und lacht.

Henner Braach, Thomas Münch und AAnnika Braach (von hinten) sortieren Spargel.
Henner Braach, Thomas Münch und AAnnika Braach (von hinten) sortieren Spargel. © WP | Ina Carolin pfau

Die Preise

17,50 (Klasse 1) oder 15 Euro (Klasse 2) kostet ein Kilo Spargel bei den Beienbacher Spargelbetrieben Braach und Münch. Der ist dann gewaschen, sortiert und 22 Zentimeter lang. „Das ist der Tellerdurchmesser im Restaurant“, erläutert Thomas Münch. Den Unterschied zwischen Klasse 1 und 2 macht vor allem die Optik aus. „Im Topf sind sie alle gleich“, so Thomas Münch. Klasse-1-Spargel ist 22 Zentimeter hoch, hat einen Durchmesser von 16 bis 25 Millimetern, ist gerade und hat einen „geschlossenen und festen Kopf“, erläutert Thomas Münch. Perfekter Spargel eben.

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Ein Kilo Rohspargel (ungewaschen, unsortiert, ungeschnitten) kostet 12,50 Euro. Günstiger wird es dann bei Spargelbruch (gewaschen und unsortiert), der perfekt für Aufläufe oder Ragout geeignet ist (9,50 Euro pro Kilo). Und zu allerletzt können Spargelliebhaber in Beienbach auch noch Spargelenden (ungewaschen und sortiert) kaufen, um sie etwa für ihre Suppen zu verwenden (4,50 Euro pro Kilo). Der Spargelschälservice kostet ein Euro bei Henner Braach und Thomas Münch.

Annika Braach mit der Ernte auf dem Feld. Spargel wächst normalerweise in wirtlicheren Gegenden… .
Annika Braach mit der Ernte auf dem Feld. Spargel wächst normalerweise in wirtlicheren Gegenden… . © WP | Ina Carolin Lisiewicz

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Bei den Beienbacher Spargelbetrieben ist der Spargelpreis immer gleich. „Es ist immer dieselbe Arbeit“, unterstreicht Thomas Münch. Die Preise werden in der Saison also nicht günstiger oder teurer wie in den Supermärkten. Die Beienbacher Spargelbetriebe Braach und Münch beliefern mittlerweile auch ausgewählte Restaurants aus der Region, wie etwa den Gasthof Klein in Deuz. „Wir wollen unser Produkt nicht verheizen. Daher geht es an ausgewählte Gastronomen“, betont Thomas Münch.

Oft wird der Spargel in dieser Maschine erst geschält, bevor er in die Supermärkte kommt.
Oft wird der Spargel in dieser Maschine erst geschält, bevor er in die Supermärkte kommt. © WP | Ina Carolin pfau

Die Faszination

„Früher wurde im Siegerland kaum Spargel gegessen“, sagt Henner Braach. Mittlerweile gehöre er zum Speiseplan dazu. Um Konkurrenzfähig zu bleiben, haben sich die Beienbacher Spargelbetriebe die Spargelschälmaschine und eine Sortiermaschine angeschafft. Denn immer häufiger gibt es auch bereits geschälten Spargel in den Supermärkten zu kaufen. „Wenn er geschält ist, hält er ein bis eineinhalb Tage. Danach gibt es einen enormen Qualitätsverlust“, so Thomas Münch.

Er isst seinen Spargel am liebsten mit Zitrone, Salz und etwas Zucker. „Das Kotelett darf nicht fehlen“, sagt er und lacht. Henner Braach und seine Familie isst den Beienbacher Spargel gerne auch einmal, wenn er im Ofen zubereitet wurde. Und was ist mit der Soße? Die darf natürlich auch nicht fehlen, sind sich Thomas Münch, Henner und Annika Braach einig. Und bloß nicht zu wenig davon.

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