Eichen. Acht Feuerwehreinheiten machen innerhalb eines Tages die Grundschule Eichen startklar für ihre neue Aufgabe.
So viel Leben hat die Grundschule Eichen seit Monaten nicht gesehen. Überall stehen Feuerwehrfahrzeuge und laufen Blauröcke“ herum. Es wird gehämmert, ausgepackt, eingeräumt. Männer schauen auf Listen und haken sie ab. Der Anlass: Das alte Schulgebäude an der Schulstraße soll ab sofort der Aufnahme von ukrainischen Flüchtlingen dienen. Insgesamt 99 Menschen werden hier nach den Plänen der Verwaltung Platz finden.
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Das Material, Tische, Betten, Spinde und Kühlschränke, wurde bereits in den Vortagen nach Eichen gebracht, seit 9 Uhr am Samstagmorgen sind 35 Mitglieder der Kreuztaler Feuerwehr bei der Arbeit. Sie wollen am gleichen Tag auch mit dem Aufbau fertig werden, sagt Jan Kleine, Leiter der Kreuztaler Feuerwehr. Einen Löschzug und sieben Löschgruppen hat er im Einsatz, jede Einheit mit einer fest umrissenen Aufgabe.
„Das ist die Feuerwehr, alles gut organisiert“, lobt Bürgermeister Walter Kiß, der wie Stadträtin Edelgard Blümel vor Ort ist und die Fortschritte mit Genugtuung verfolgt. Nicht alles ist perfekt. „Wieder ein kaputtes Bett“, ist über den Schulhof zu hören. Die Verantwortlichen müssen dieser Tage nehmen, was überhaupt auf dem knappen Markt ist. „Weil überall dringend gesucht wird“, zuckt Edelgard Blümel mit den Schultern. Daher ist sie froh, überhaupt alle Räume vernünftig bestücken zu können.
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Abriss des Schulgebäudes in Eichen in letzter Minute gestoppt
Im Grunde müsse jedes Bett nachgebohrt werden, weil Löcher fehlten, wirft Jan Kleine ein. Aber das Gebäude füllt sich trotzdem. Und das an einem Tag, an dem es eigentlich hätte abgerissen werden sollen. Die Adolf-Wurmbach-Grundschule ist offiziell zum 1. August 2021 ins Hauptschulgebäude umgezogen. Deshalb spricht Edelgard Blümel bezüglich des Altbaus auch nur von der „Schule U“, mit dem U für Ukraine. Wirklich „in letzter Sekunde“ sei der Abriss gestoppt worden, erklärt Walter Kiß und ist beim Rundgang noch einmal beeindruckt, was in den vergangenen zwei Wochen im Schulgebäude geschehen ist. Da wurden Zwischenwände eingezogen, um mehr Raum zu schaffen, Leitungen gelegt, sogar die alten Gardinen gewaschen, alles vorbereitet, um den erwarteten Menschen einen möglichst angenehmen Aufenthalt zu ermöglichen.
2015 seien in der Krombachhalle kleine Abteile errichtet worden, oben offen, mit wenig Privatsphäre. Das sollte es diesmal nicht sein. Wobei natürlich niemand wisse, was noch komme, schränkt Kiß ein und will bei weiter steigenden Flüchtlingszahlen auch nichts ausschließen. Aber erst einmal werden andere Wege verfolgt.
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Trotz des Leerstandes und der Vorbereitungen auf den Abriss war die Schule insgesamt noch in Ordnung, konnten Strom, Wasser und Gas schnell wieder angeschlossen werden. Es gibt viele Waschbecken auf den Fluren, zahlreiche Toiletten und eine funktionierende Küche aus dem früheren Ganztagsbetrieb. Duschen können die Menschen in dafür eingerichteten Containern. Eine Waschküche mit den nötigen Geräten wird am Samstag gegen Mittag fertig, jedes Zimmer hat einen Kühlschrank.
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Stadt Kreuztal will Notunterkünfte in Turnhallen vermeiden
„Wir müssen nicht ab Montag belegen, aber wir können“, atmet Edelgard Blümel auf, die dieser Tage mit ihrem Team, das sie ausdrücklich lobt, im Dauereinsatz ist. Gut 200.000 Euro kostet die Gesamtaktion, alles wird neu gekauft. Daneben hat die Stadt auch noch Mietwohnungen oder ganze Häuser in Reserve, einige Plätze seien daneben in den städtischen Unterkünften frei.
Wenn irgendwie möglich, sollen keine Turnhallen belegt werden. Auch nicht die direkt neben der Schule. 2015 sei es ebenfalls ohne Turnhallenbelegung gegangen. „Damals hatten wir 34 Wohnungen in der Erlersiedlung angemietet. Diesmal nur vier“, erzählt Edelgard Blümel. Dort sei fast alles vermietet. Aber es reiche auch noch, „wir bekommen ständig neue Angebote“.
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Schicksale: Zwölfköpfige Familie mit Hund und Katzen
Die Hilfsbereitschaft sei groß für die Menschen, „von denen jeder ein Schicksal mitbringt“. Nachdenklich spricht sie über einen 92-Jährigen, der jetzt mit seiner Frau gekommen sei und natürlich eine ebenerdige Unterkunft brauche. Eine zwölfköpfige Familie „mit einem großen Hund, Katzen und Katzenbabys“ habe sie auch anderweitig untergebracht. Das sei nichts für eine solche Einrichtung.
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Nach dem Verteilungsschlüssel müsste Kreuztal nach jetzigem Stand etwa 880 Menschen insgesamt aufnehmen. Aktuell seien „220 bis 230 da. Wir sind 50 im minus“. Soll heißen, es hätten eigentlich um die 300 zu sein, aber die entsprechenden Zuweisungen seien noch nicht erfolgt. Die Zahlen änderten sich daher aber auch ständig. Und wenn die 50 ganz kurzfristig kommen, die Schule ist bereit.
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