Kreuztal. Integrationsbeirat Kreuztal zeigt Geflüchteten aus der Ukraine, vorwiegend Frauen und Kinder, ihre neue Heimat – mit Sprach-Apps und Empathie.
Die kleine Gruppe läuft durch das Kreuztaler Einkaufszentrum. Ein Arm geht hoch, ein Finger zeigt auf das Schild mit der Aufschrift Apotheke. Die Spitze ist schon weiter, dort wird auf einen Arzt aufmerksam gemacht, der an der Ecke seine Praxis hat. „Und wenn die Schuhe kaputt sind“, ergänzt José Sobrino Ramirez, der Vorsitzende des Integrationsbeirates. Sein Stellvertreter Tibor Zachar hilft mit Gesten, hebt das Bein und deutet auf den Schuh.
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So oder ähnlich wird es in den kommenden Monaten wohl an jedem Sonntagnachmittag werden. Nach der Premiere am 3. April möchte der Kreuztaler Integrationsbeirat künftig jede Woche einen solchen Spaziergang anbieten, um neuangekommene Flüchtlinge aus der Ukraine mit den wichtigsten Anlaufstellen in der Stadt vertraut zu machen, Ärzte, Rathaus, Beratungsstellen, Geschäfte mit Produkten aus ihrer Heimat.
VHS plant Deutschkurse für Ukrainer in den Kreuztaler Villen in Dreslers Park
Unter anderem werde es auch in Dreslers Park gehen, sagt Tibor Zachar: „Wir gehen davon aus, dass die VHS in den Villen in den kommenden Monaten die Deutschkurse anbieten wird.“ Für die ersten Geflüchteten sei das ja schon angelaufen. Auch die Erler-Siedlung sei ein Ziel, erklärt Teresa Gomes, um die dortige Beratungsstelle zu zeigen. Sie ist ebenfalls für das Gremium vor Ort und geht von einer rund zweistündigen Wanderung durch Kreuztal aus. Es sei ja Sonntag, alle hätten Zeit.
Nach der Planung sollten immer wenigstens zwei Mitglieder des Integrationsbeirates vor Ort sein, stellt Tibor Zachar fest. Damit nicht immer die gleichen Personen den Sonntag opfern müssten, „haben wir einen Schichtdienst eingerichtet“. Auch die Ersatzmitglieder würden einbezogen, versichert José Sobrino Ramirez. Die hätten kein Stimmrecht im Gremium, seien aber genauso wichtig wie die anderen.
Per Sprach-App klappt die Kommunikation zwischen Kreuztalern und Ukrainern
Der Siegerländer mit spanischen Wurzeln stellt sich den Anwesenden mit Hilfe einer Sprachapp vor, die er zu seiner Freude gerade erst entdeckt hat und jetzt regelmäßig nutzen will. „Eine Frauenstimme, das geht ja gar nicht“, lacht Teresa Gomes über die Töne, die aus dem Mobiltelefon kommen. Eine der Ukrainerinnen berichtet später auf Englisch, dass sie selbst ein solches Hilfsmittel schon länger und mit Erfolg benutzt.
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Die meisten sind über den Messengerdienst Telegram vernetzt. José Sobrino Ramirez weiß um den problematischen Ruf der Plattform, „es lässt sich aber auch Gutes damit tun!“ Es sei nun einmal in Osteuropa die am stärksten genutzte App für Nachrichten. Alle Flüchtlinge nutzten sie.
Helfer mit Russisch- oder Ukrainisch-Kenntnissen in Kreuztal benötigt
Ein Mann ist dabei, ansonsten sind es Frauen unterschiedlichen Alters, ein paar Kinder. Gut 20 Personen dürften es insgesamt sein, die sich an diesem ersten Sonntag auf dem Roten Platz vor dem Rathaus getroffen haben. Einige stoßen auch noch später dazu, während sich der Himmel mehr und mehr aufklart, die Sonne für einen angenehmen Frühlingstag durch die Wolken bricht.
Die Führung hat Stefan Braun übernommen, der mit Dr. Maria Braun verheiratet ist, die aus der Ukraine stammt. Die beiden haben engen Kontakt dorthin und auch selbst bereits einige Menschen aufgenommen. Braun spricht die Sprache gut, ansonsten ist es ein wenig schwierig mit Muttersprachlern. Der Integrationsbeirat hatte in die Einladung auch die folgende Bitte geschrieben: „Alle Russisch oder Ukrainisch sprechenden Bürgerinnen und Bürger sind herzlich eingeladen, um zu helfen.“ Zumindest aus dem Kreis der russischstämmigen Kreuztaler sei nur sehr wenig Rückmeldung gekommen, bedauert Teresa Gomes. Obwohl es ja einige in der Stadt gebe. Aber da existierten wohl derzeit eher Barrieren.
Integrationsbeirat Kreuztal rechnet mit einigen Hilfsaufgaben in nächster Zeit
Aber es geht ja auch so. Mit den persönlichen Englischkenntnissen und den technischen Hilfsmitteln des digitalen Zeitalters. Wenn andererseits José Sobrino Ramirez berichtet, was er bislang von den Flüchtlingen erfahren hat, kommen eher Erinnerungen an die dunkelsten Zeiten der Zivilisation herauf. Die Frauen hätten wenig über die Flucht an sich erzählt, nur Teilaspekte, über die Bombardierungen in Kiew, das Zusammenraffen der allernötigsten Dinge für die Flucht, dass es „nicht immer nur freundliche Unterstützung unterwegs“ gegeben habe.
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Viele Kinder seien bei der Ankunft sehr apathisch gewesen, ganz offensichtlich unter Schock. Wie sollten sich junge Menschen, die in ihrer Heimat kurz vor dem Studium gestanden hätten, jetzt plötzlich hier ohne Sprachkenntnisse zurechtfinden, überlegt der Vorsitzendes des Integrationsbeirates. Es siehst so aus, als kämen auf ihn und seine Kollegen noch einige Aufgaben zu. Nicht nur der Hinweis, wo der nächste Kinder- oder HNO-Arzt zu finden ist.