Siegen. 100 „Respekt! Kein Platz für Rassismus“-Schilder hängen in Siegen-Wittgenstein, das jüngste am Kreishaus. Warum sind diese Schilder notwendig?

Nüchtern betrachtet ist es „nur“ ein Schild, das am Eingang des Kreishauses – von außen gut sichtbar – angebracht wurde. „Respekt! Kein Platz für Rassismus“ steht drauf. Tatsächlich ist es aber deutlich mehr als „nur“ ein Schild, wie Landrat Andreas Müller betont: „Es geht um die Gedanken, die dahinter stehen.“ Und die haben, auch wenn es bereits das 100. Schild dieser Art in Siegen-Wittgenstein ist, seit Beginn der Aktion im Kreisgebiet vor neun Jahren nicht an Relevanz verloren.

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Die SPD hatte im vergangenen Dezember im Kreistag den Antrag gestellt, die bundesweite „Respekt!“-Initiative der IG Metall aktiv zu unterstützen und das Schild am Kreistag anzubringen. Alle Parteien – mit Ausnahme der AfD – stimmten dafür. Mit Nummer 100 wurde es am Mittwoch eine besondere Position innerhalb des Siegen-Wittgensteiner Ablegers, angebracht an einem besonders prominenten Gebäude.

Siegen: „Respekt!“-Schild am Kreishaus – Zeichen gegen alle Arten von Diskriminierung

Schild Nummer 1, mit dem die Aktion im Kreis ihren Anfang nahm, hängt übrigens bei SMS in Hilchenbach. Stephan Klenzmann, freigestelltes Betriebsratsmitglied bei der SMS Group, war damals auf die Initiative (siehe Infobox) gestoßen und wollte die Idee ins Unternehmen tragen. Damals habe es Gegenwind gegeben – nicht, weil jemand wegen der klaren Positionierung gegen Rassismus Bauchschmerzen gehabt hätte, sondern weil die Befürchtung im Raum stand, ein solches Schild könne missverstanden werden: Nämlich als Hinweis darauf, dass der Betrieb ein Rassismus-Problem haben könne und deshalb aktiv dagegen vorgehen müsse. Stephan Klenzmann, längst als „Respekt!fluencer“ engagierte Größe der Initiative, konnte und kann dererlei Bedenken aber zerstreuen. Denn es geht nicht um plakative Bekenntnisse, sondern um eine differenzierte Betrachtung und Auseinandersetzung. Und um aktives Handeln.

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Auch wenn „Rassismus“ auf dem Schild und damit im Fokus steht, ist es Stephan Klenzmann einmal wichtig, die Perspektive für die „Respekt!“-Thematik weiter zu fassen und das ganz grundlegende Problem einzubeziehen: Diskriminierung, also „gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit“, wie er präzisiert. „Ich verstehe bis heute nicht, wieso Menschen andere pauschal aufgrund von Hautfarbe, Geschlecht oder sexueller Orientierung ablehnen können“, sagt Stephan Klenzmann und gibt damit nur einige Beispiele.

Siegen: Respekt!-Schild am Kreishaus – es gibt auch einen versteckten Rassismus

In seinen Vorträgen und Workshops spricht er deshalb auch über Sexismus oder Ressentiments gegenüber Menschen aufgrund einer Behinderung. Der zugrundeliegende Mechanismus ist immer derselbe: „ein pauschalisiertes Ablehnungskonstrukt“, sagt Stephan Klenzmann, bei dem es nicht um den individuellen Menschen sondern lediglich um einen einzelnen Aspekt der Person geht. Weil faktisch alle Leute Vorurteile hätten, sich dessen aber oft gar nicht so bewusst seien, sei „kein Haus von Diskriminierung frei“. Und darum sei es sich wichtig, sich aktiv damit auseinanderzusetzen und die Zusammenhänge zu verstehen.

Mehr als 2000 Standorte in Deutschland

Die Initiative „Respekt! Kein Platz für Rassismus“ wurde 2006 in Frankfurt am Main gegründet. Vorangegangen waren rassistische Angriffe – verbal und tätlich – im Fußball.

2011 wurde die IG Metall offizieller Partner. Die „Respekt!“-Schilder, die in Deutschland inzwischen an und in mehr als 2000 öffentlichen Gebäuden und Unternehmen angebracht wurden, seien „ein starkes demokratisches Zeichen“, sagt Irene Schulz, Bundesvorstand IG Metall. Es gibt außerdem eine Vielzahl flankierender Aktionen.

Dass Menschen sich aufgrund dieser unbewussten Denkmuster manchmal diskriminierend oder rassistisch verhalten, ohne sich darüber im Klaren zu sein – „dadurch ist es ja für den anderen nicht weniger verletzend“, sagt Landrat Andreas Müller. Handlungsbedarf besteht also. Die Beteiligung an der Initiative sieht er in einer logischen Linie mit dem deutschen Grundgesetz. „,Die Würde des Menschen ist unantastbar’“, zitiert der Landrat Paragraf 1. Folglich „verdient jeder Mensch Respekt, einfach weil er ein Mensch ist. Das ist die Grundlage unseres Zusammenlebens.“ Das soll das Schild allen, die das Kreishaus betreten oder daran vorbeigehen, immer wieder ins Gedächtnis rufen.

Mehr Infos zur Respekt!-Initiative gibt es auf respekt.tv

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