Siegen-Wittgenstein. Kreistag Siegen-Wittgenstein arbeitet die letzten Themen des Jahres ab, engagiert sich gegen Rassismus und für die A 45

Der Kreis Siegen-Wittgenstein tritt der Initiative „Respekt! Kein Platz für Rassismus“ bei – einer von 36 Tagesordnungspunkten, die der Kreistag im öffentlichen Teil seiner letzten Sitzung dieses Jahres behandelt hat.

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Respekt und Autobahn

Das sei „völlig nutzlose Symbolpolitik“, erwiderte Christian Zaum (AfD), Gymnasiallehrer aus Bad Laasphe, auf den SPD-Antrag, „ich habe jeden Tag mit respektlosen Schülern zu tun. Aber auch Linksgrüne wären nie auf die Idee gekommen, ein Schild vor der Schule anzubringen.“ Regine Stephan (AfD), pensionierte Lehrerin, holte weiter aus. Respekt werde überwiegend von „Schülern aus den muslimischen Kulturkreisen“ verlangt. Bei ihnen habe der Begriff eine „ganz andere Bedeutung: die Anerkennung des Patriarchats.“ Landrat Andreas Müller unterbrach die Wortmeldung, um Corie Hahn (CDU) Gelegenheit zu geben, den Abbruch der Diskussion zu beantragen. Dem schloss sich die große Mehrheit an.

Beschlossen hat der Kreistag die von SPD und CDU eingebrachte Resolution, die gesperrte A-45-Brücke über das Rahmedetal bei Lüdenscheid schnellstens neu zu bauen und die vorangehenden Verfahren „maximal beschleunigt“ zu gestalten. Meike Menn (Grüne) sah in den langen Umwegen für Autofahrer eine Chance für die Bahn auf der Ruhr-Sieg-Strecke. Das wiederum glaubte Hermann-Josef Droege (CDU) nicht: „Wegen der vielen Zwischenhalte.“ Die Bahn werde eher für den Güterverkehr eine größere Rolle spielen können. Die entstandene Situation zeige, „wie schlecht der Raum Siegen-Wittgenstein erschlossen ist“, sagte Michael Sittler (SPD). Die Region müsse weiterhin auch den Ausbau der Bahn-Siegstrecke fordern. „Ich habe die Hoffnung, dass sich wirklich etwas tut.“

Million für MGK Siegen nur unter Bedingungen

Bei zwei Gegenstimmen und zwei Stimmenthaltungen hat der Kreistag einer Beteiligung des Kreises an den Kosten derErweiterung des Museums für Gegenwartskunstzugestimmt. Eine Million Euro aus dem Kreishaushalt für das 15-Millionen-Euro-Projekt soll aber nur fließen, wenn die Gesamtfinanzierung sichergestellt und auch eine mögliche Beteiligung des Bundes geprüft worden ist. Hermann-Josef Droege (CDU) äußerte sich verärgert über die „Verweigerungshaltung“ des Museums, dem Kulturausschuss des Kreistags die Konzeption vorzustellen. „Mit dem Elfenbeinturm tun wir uns schwer“, sagte Guido Müller (FDP). Ziel sei es, „das Museum in der Region noch breiter zu verankern“, sagte Landrat Andreas Müller, „losgelöst vom Erweiterungsbau“. Mäzenin Barbare Lambrecht-Schadeberg will für den Anbau sieben Millionen Euro stiften. Entstehen sollen Ausstellungs- und Vortragsräume sowie Depoträume für die Bilder der wachsenden Sammlung.

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Bei zwei Stimmenthaltungen stimmte der Kreistag einem 30.000-Euro-Zuschuss für den Umbau der Remise an der Wasserburg Hainchen zu. Die ehemalige Wohnung im Obergeschoss soll den Gasträumen des zugeschlagen werden. Ullrich Georgi (Linke) mochte die Förderung der Gastronomie nicht mittragen. Darum allein gehe es nicht, stellte Hermann-Josef Droege (CDU) klar: Die Remise braucht aus Brandschutzgründen einen zweiten Rettungsweg, der im Zuge des Umbaus angelegt wird.

Der Siegerländer Hauberg soll „immaterielles Weltkulturerbe“ werden. „National haben wir es ja schon geschafft“, erinnerte Landrat Andreas Müller an die 2018 erfolgte Eintragung. Für die Kosten des Bewerbungs- und Nominierungsverfahrens stellt der Kreis 25.000 Euro bereit. Der Kreistag stimmte einstimmig zu.

Höchsttarif für Bus und Bahn

DenEinsatz eines Rangers in den Naturschutzgebieten des Kreises stimmte der Kreistag bei zwei Gegenstimmen und acht Stimmenthaltungen zu. Der Ranger soll in Naturschutzgebieten wie der Trupbacher Heide bei Siegen, dem Wetterbachtal in Burbach, der Ginsberger Heide in Hilchenbach, dem Littfelder Grubengelände in Kreuztal und dem Finkental in Bad Berleburg Führungen übernehmen, Besuchern Auskunft erteilen und die Einhaltung von Schutzvorschriften überwachen.

Bei einer Stimmenthaltung hat der Kreistag einem Höchsttarif“ für den öffentlichen Nahverkehrzugestimmt. Kosten, die über die mit diesem Höchsttarif erzielbaren Einnahmen herausgehen, erstattet der Kreis den Verkehrsunternehmen. Dies können im Jahr bis zu 7,5 Millionen Euro sein. Bereits im nächsten Jahr wird der Kreis den früher „eigenwirtschaftlichen“ Nahverkehr mit 10 Millionen Euro stützen, machte Landrat Andreas Müller in seiner Haushaltsrede deutlich. Auch das sei ein Grund, warum die SPD-Fraktion die für den nächsten Nahverkehrsplan erarbeiteten „Leitlinien“ noch nicht verabschieden wolle, erklärte Michael Sittler (SPD). Bei der Festlegung von Standards, die aus dem Kreishaushalt zu finanzieren seien, stellten sich „ganz andere Fragen, die beantwortet werden müssen“. Auch der Koalitionsvertrag der neuen Bundesregierung gebe Anlass, das Papier „neu zu betrachten“.

Sorge um die kleinen Metzgereien

Die Fleischbeschau wird teurer. Für jedes geschlachtete Rind zum Beispiel sollen Großbetriebe künftig 16,70 Euro statt 14,84 Euro bisher und Kleinbetriebe 24,15 Euro statt 19,14 Euro bezahlen. Drei Betriebe wenden sich gegen die Gebührenerhöhung: Das Fleisch werde für die Verbraucher teurer, regionale Vermarktung somit erschwert. „Wir benachteiligen unsere heimischen Metzger“, sagte Regine Stephan (AfD), die Gebührensatzung bevorzuge Großbetriebe. Eine Begünstigung kleiner Betriebe se aber mit dem EU-Beihilferecht nicht vereinbar, erwiderte Landrat Andreas Müller. „Im Vergleich sind wir immer noch günstig.“ Der Kreistag beschloss mit acht Gegenstimmen.

Statements auf Youtube

Kurzfassungen ihrer Haushaltsreden haben die Fraktionsvorsitzenden vor der Kreistagssitzung für eine Videoaufzeichnung gehalten. Links zu den sieben Filmen auf Youtube stehen auf der Seite siegen-wittgenstein.de, die Linken haben nicht mitgemacht.

Urspünglich hatte der Kreistag im März beschlossen, die Haushaltsdebatte per Streaming ins Internet zu übertragen. Davon sind die Fraktionsvorsitzenden dann aber abgekommen – sie Haben sich im Vorfeld auf die Video-Statements verständigt.

Der Kreis erweitert seine Wohnraumförderung. Künftig sollen auch Kauf und Modernisierung selbst genutzter Wohnungen unterstützt werden, Wohnungen mit Nachtspeicherheizung sollen nicht mehr ausgeschlossen werden. Damit wird die Konsequenz daraus gezogen, dass das Ziel nicht erreicht wurde, leerstehenden Wohnraum für den Wohnungsmarkt zu „reaktivieren“. „Anfragen bezogen sich überwiegend auf Zweitimmobilien, die nicht selbst bewohnt und ohnehin zur Vermietung vorgesehen waren“, heißt es in der Vorlage, „diese Mitnahmeeffekte sollen nicht unterstützt werden.“ Dagegen gab es sechs Gegenstimmen und zwei Stimmenthaltungen. Von „Symbolpolitik“ sprach Christian Zaum (AfD): „Grundsteuer und Grunderwerbssteuer müssen runter.“ Dass Nachtspeicheröfen kein Ausschlussgrund mehr sein wollen, sei „überhaupt nicht nachvollziehbar“, sagte Katrin Fey (Linke).

Vorerst kein Geld für Wanderparkplätze

Mit Mehrheit abgelehnt wurde der Antrag der SWM-Fraktion, 100.000 Euro für die Ertüchtigung der Wanderparkplätze bereitzustellen. Hermann-Josef Droege (CDU) verwies auf die noch laufenden Käferholzabfuhr: „Es macht überhaupt keinen Sinn, das Geld im Schlamm zu versenken.“ Ein solcher „Schnellschuss“ sei „völlig daneben“, meinte Michael Sittler (SPD): Schließlich sei es Ansinnen des fusionierten Naturparks Sauerland-Rothaargebirge, die Zahl der Parkplätze zu verringern. Landrat Andreas Müller verwies darauf, dass es keine Parkplätze in Kreiseigentum gebe. Abwarten mache keinen Sinn, sagte Markus Böhmer (SWM). Die Parkplätze, die als Holzlager genutzt werden, seien bekannt. Die anderen könnten hergerichtet werde. „Wir haben jetzt Corona. Die Menschen streben in die Natur. Es gibt ja nicht mehr viel, was man noch unternehmen kann.“

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