Kreuztal. AfD nimmt „Respekt“-Botschafter ins Visier. Kreis stellt sich vor den VHS-Referenten – mit den deutlichen Worten.

Gut sichtbar und plakativ setzen jetzt insgesamt 25 Schilder an städtischen Gebäuden ein Zeichen gegen Rassismus und für einen respektvollen Umgang miteinander. Die Stadt Kreuztal unterstützt damit die „Respekt!-Initiative“, die sich seit 2006 gegen Rassismus, Diskriminierung und Intoleranz richtet. Die Schilder wurden an den Eingängen zum Rathaus, den städtischen Sporthallen und Jugendeinrichtungen angebracht.

Standorte

Die „Respekt“-Schilder werden an Dreifach-, Zweifach-Realschulturnhalle, Otto-Flick-Halle, Turn- und Festhalle Buschhütten, Krombachhalle sowie an den Turnhallen der Grundschulen Littfeld, Eichen, Dreslers Park, St. Martin, der Hauptschule Eichen, der Kindelsberg­schule, an den Turnhallen Kredenbach und Fellinghausen angebracht.

Weitere Schilder sind für die Sportplätze Stählerwiese, Kreuztal, Eichen und Ferndorf sowie die drei Jugendtreffs vorgesehen.

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Die Aktion geht auf einen Antrag der Kreuztaler SPD-Fraktion zurück, der in der Ratssitzung im Dezember 2021 einstimmig beschlossen wurde. „Kreuztal ist eine soziale Stadt, in der Menschen mit vielfältigen kulturellen, biografischen und religiösen Hintergründen zusammenleben. Der respektvolle Umgang miteinander ist Grundvoraussetzung dafür, dass sich jede und jeder hier sicher fühlen kann“, sagt Bürgermeister Walter Kiß.

Populismus – die neue Rechte

Regionaler Vertreter der „Respekt“-Initiative ist der Betriebsrat und Gewerkschafter Stephan Klenzmann, der gemeinsam mit dem Bürgermeister das Schild am Rathaus angebracht hat. Klenzmann hat jetzt bei der Kreisvolkshochschule in Kreuztal einen Vortrag über „Populistische Strategien und ihre Netzwerke“ gehalten.

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Dabei stellt er Vorurteile und Abneigung gegen Andere, völkischen Rassismus und Antisemitismus, „Law-and-Order“-Politik und den Widerspruch zwischen einem „Ruf nach Freiheit“ auf der einen Seite und „dem gleichzeitigen Schrei nach dem Autoritären mit Führungsfiguren“ auf der anderen Seite als Eigenheiten des Rechtspopulismus heraus. Kennzeichen seien der „Verfall der Streitkultur“ und die „Verschiebung der Grenzen des Sagbaren“, das Umdeuten von Begriffen und das „Füttern“ von Ängsten. „Bedrohungsgefühle werden gezielt angeheizt, um sich dann als Retter zu inszenieren“, sagt Stephan Klenzmann, „Stärke ist die Mobilisierungsfähigkeit. Die neuen Medien spielen bei der Kommunikation eine primäre Rolle.“ Dabei werde die „durchlässige Grenze und offene Flanke zum Rechtsextremismus“ verdeckt.

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In seinem Vortrag zitiert Klenzmann Daten aus den Mitte-Studien der Friedrich-Ebert-Stiftung. Demnach meinen 20 Prozent der Bevölkerung, für Minderheiten werde „zu viel getan“. Und 23 Prozent meinen, dass nicht alle Menschen die gleichen Rechte haben sollten. 18,4 Prozent der Menschen mit deutlichen rechtspopulistischen Einstellungen befürworteten die Anwendung von Gewalt. Die AfD sieht Stephan Klenzmann im „Netzwerk der Neuen Rechten“, das die „Leerstelle zwischen Konservativismus und Neonazismus“ besetze. Dazu, so der Appell des Gewerkschafters, dürfe die Gesellschaft nicht schweigen: „Rassistische und rechtspopulistische Äußerungen darf man nicht unkommentiert stehen lassen.“

Die AfD und die VHS

„Populismus ist aus der Perspektive des Kreises Siegen Wittgenstein als demokratisches Randphänomen zu bewerten, das sich bestenfalls auf den Grenzlinien der freiheitlich demokratischen Grundordnung bewegt“, stellt die Kreisverwaltung dazu fest, „die angekündigte Veranstaltung versteht sich als Beitrag zum demokratischen Dialog.“

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Anlass für diese Feststellung war eine Anfrage der AfD-Fraktion im Schulausschuss des Kreistags, die das Gebot der parteipolitischen und weltanschaulichen Neutralität der Volkshochschule verletzt sah – aus Stephan Klenzmanns Sicht ein weiteres Indiz für die rechtspopulistische Strategie, Bildungsträger wie die VHS anzugreifen. Die Frage der AfD, ob die VHS „das Wirken anderer im Bundestag vertretener Parteien in ähnlicher Weise kritisch beleuchtet“, wird von der Kreisverwaltung verneint: Die AfD habe da ein „Alleinstellungsmerkmal“, ihre Zuordnung zu Ideologieelementen des Populismus sei wissenschaftlich belegt.

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„Die Eignung eines Referenten in Frage zu stellen, gehört dabei zum obligatorischen rhetorischen Umgang mit dem vermeintlich politisch Andersdenkenden“, heißt es weiter, „Herr Klenzmann zeigt in der Ankündigung Eindeutigkeit statt Einseitigkeit.“ Die weitere Frage der AfD nach der Behandlung von Linksextremismus und „im Bundestag vertretenen linken Parteien und deren Jugendorganisationen“ durch die VHS beantwortet die Verwaltung nicht. „Die Behauptung der Verflechtung des ‘Linksextremismus’ mit im Bundestag vertretenen ‘linken Parteien’ und deren Jugendorganisationen bedürfte einer Quellenangabe.“ Die AfD wird vom Verfassungsschutz als „Verdachtsfall“ beobachtet.

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