Siegen. Corona hat „Die Bremer Stadtmusikanten“ im Apollo in Siegen immer wieder ausgebremst. Doch das Team gibt nicht auf – und siegt dank Flexibilität.

Manchmal ist es wie verhext. So wurden am Montag endlich „Die Bremer Stadtmusikanten“ im Apollo-Theater aufgeführt, sozusagen als Aufwärmprogramm für weitere acht Vorstellungen, die im Laufe der Woche vorwiegend für Grundschulklassen und Schulanwärter der Kindergärten angeboten werden. Und dann erhält Intendant Magnus Reitschuster kurz vor Mitternacht einen Anruf, der ihm eine schlaflose Nacht beschert haben dürfte: Der Akteur, der den Räuberhauptmann spielt, meldet sich ab. Grund: Eine Corona-Infektion.

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Ein weniger erfahrener Theaterleiter hätte sicherlich die Segel gestrichen und alle weiteren Vorstellungen abgesagt. Natürlich wären viele Kinder enttäuscht gewesen, denn sie hatten sich auf ihren vermutlich ersten Theaterbesuch gefreut. Aus dem Treffen des Ensembles am Dienstag um 7.30 Uhr, 90 Minuten, bevor die erste Vorstellung beginnen soll, wird ein Krisentreffen. Aber ein Kreatives. Denn zum Team, das hinter der Bühne hilft, die Requisiten bereitzustellen und den Akteuren beim Umziehen zu assistieren, gehört Letizia Tahmaz, eine Studentin der Chemie aus Siegen. Und die hat auch Erfahrungen als Schauspielerin, denn sie gehörte zum Ensemble, das im Juni beim Freilicht-Festival im Leimbachstadion Werner Hahns Revue über den Siegener Frauenfußball präsentiert hatte. Die Lösung war geboren: Letizia übernimmt die Rolle und macht aus dem Räuberhauptmann eine Räuberhauptfrau.

Apollo-Theater Siegen: „Bremer Stadtmusikanten“ kurzerhand mit Räuberhauptfrau

Ihren Text kennt sie natürlich noch nicht. „Ich habe dann zum ersten Mal das Textbuch in die Hand genommen, um mir einen Überblick zu verschaffen“, sagt sie. Auf der Bühne wird es sie begleiten. Deklariert als dickes Tagebuch kann sie ihre Texte ablesen, wenn es nötig ist. So wird aus der normalen eine belesene Räuberhauptfrau. Ein anderes Problem wiegt schwerer: Die Rolle verlangt, dass einige Lieder gesungen werden. Die Lösung: Dalila Niksic, die die Katze spielt, als Regieassistentin bei allen Proben dabei ist und die Rollen des Stückes in- und auswendig kennt, präsentiert die Songs aus dem Off, so dass Letizia dabei nur die Lippen bewegen muss. Sie spielt die Rolle der selbstbewussten, starken und manchmal bösen Räuberhauptfrau so großartig, dass man meint, alles wäre von vorneherein so geplant gewesen.

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Hindernisse zuhauf gab es jedoch schon vorher. Als die Proben im September 2020 begannen, war geplant, dass „Die Bremer Stadtmusikanten“ als vorweihnachtliches Kinderstück im Dezember rund 40 Mal gespielt werden sollte. Der kulturelle Lockdown machte eine Verschiebung um ein Jahr notwendig. Doch dann schockierte die Nachricht vom plötzlichen Tod Werner Hahns, dem Regisseur des Stückes. Hinzu kam, dass ein Ensemblemitglied sich weder impfen noch testen lassen wollte. Die Konsequenz konnte nur die Trennung sein. Diese Rolle übernahm Dalia Niksic, die vorher Regieassistentin Werner Hahns war.

Siegen: „Die Bremer Stadtmusikanten“ nach mehreren Verschiebungen nun im Apollo

Auch aus der Wiederaufnahme der Stadtmusikanten für Dezember 2021 wurde nichts, da die Inzidenzen es nicht zuließen. Eine Corona-Erkrankung eines Ensemble-Mitglieds verhinderte dann die geplante Verschiebung auf Februar/März. „Traurig und tröstlich zugleich: Eine Inszenierung überlebt ihren Regisseur.“ Auch diese Hoffnung, die Magnus Reitschuster bei der Werkschau zu Ehren Werner Hahns aussprach, hing an einem seidenen Faden. Es ist zu wünschen, dass dieser Faden auch noch bis zum Wochenende hält.

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