Kredenbach. Von der Einwohner-Anmeldung bis zur Impfung: Das ehemalige Kredenbacher Krankenhaus soll erste Adresse für Kriegsflüchtlinge aus Ukraine werden.
Dienstag oder Mittwoch, schätzt Thiemo Rosenthal, ist der „Puffer“ einsatzbereit: Wenn in den Städten und Gemeinden Unterkünfte für Geflüchtete aus der Ukraine noch nicht bereit sind, finden die Ankommenden im ehemaligen Kredenbacher Krankenhaus vorerst Versorgung und ein Dach über dem Kopf. Diese Sammelunterkunft hatte für den Krisenstab, der vorigen Mittwoch einberufen wurde, „höchste Priorität“, berichtet der Dezernent für Gesundheit, Sicherheit und Bevölkerungsschutz beim Kreis Siegen-Wittgenstein.
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Sammelunterkunft: Vom Duschgel bis zur Kinderbetreuung
Um die 1000 Flüchtlinge aus dem Kriegsgebiet halten sich bereits im Kreisgebiet auf, schätzt Thiemo Rosenthal. Die meisten sind über Verwandte oder über privat organisierte Hilfsinitiativen in die Region gekommen. In Zukunft wird die Zuweisung an die Kommunen, die zentral über das Land gesteuert wird, eine größere Rolle spielen. Aufgabe der Städte und Gemeinden ist es dann, für Unterkünfte zu sorgen. Sie haben sich verabredet, Kredenbach als gemeinsame Puffereinrichtung zu betreiben.
Unterstützung gesucht
An vielen Stellen wird derzeit Verstärkung gesucht: Der Kreis Siegen-Wittgenstein hat Jobs in der Ausländerbehörde zu vergeben, die Stadt Kreuztal hat eine Sozialarbeiter- oder Pädagogenstelle für die Betreuung ukrainischer Flüchtlinge ausgeschrieben, die Stadt Netphen sucht ebenfalls einen Sozialarbeiter oder eine Sozialarbeiterin für die Betreuung von Menschen mit Flucht- und Vertriebenenhintergrund.
Die Stadt Hilchenbach meldet „dringenden Bedarf“ an Mobiliar: Betten ohne gebrauchte Matratzen, zweitürige Kleiderschränke, Esszimmertische, Stühle, außerdem Komi-Kinderwagen. Außerdem werden „dringend“ Helferinnen und Helfer gesucht, die Möbel tragen und aufbauen: soziales@hilchenbach.de
DRK-, Malteser- und Feuerwehr-Einheiten haben bereits das Gelände entrümpelt, die Einrichtung gesichtet, Außenbeleuchtung und ein Corona-Test-Zelt aufgebaut. Auch zehn Hundezwinger wurden errichtet, weil manche Kriegsflüchtlinge auch ihre Vierbeiner mitbringen. Parallel dazu läuft die Beschaffung der Ausstattung: „In jeder Stunde, die wir zögern, laufen Angebote aus“, berichtet Thiemo Rosenthal über den Hochdruck, mit dem die Ausstattung des Hauses beschafft wird: Betten, Matratzen, Decken, Windeln, Duschgel, Zahnpasta...
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Schließlich müssen Dienstleistungen organisiert werden, von der Verpflegung bis zum Wäscheservice. Und die Kinderbetreuung. Die werde gerade im Jugendamt organisiert, berichtet Thiemo Rosenthal. Alle freien Träger der Kitas im Kreisgebiet hätten zusagt, sich daran zu beteiligen.,
Ankommenszentrum: Erste Adresse für Ankommende
Die zweite große Aufgabe für Kredenbach ist das „Ankommenszentrum“: Alles, was die Geflüchteten behördlich zu erledigen haben, soll gebündelt dort angeboten werden – und im Idealfall genutzt werden, bevor die Fahrt zur Unterkunft in eine der elf Städte und Gemeinden des Kreises weitergeht. „Die Details erarbeiten wir gerade noch“, sagt Thiemo Rosenthal.
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Einwohnermeldeämter in Kredenbach
Erster Schritt ist die Anmeldung bei der Kommune, dei die Geflüchteten aufnimmt; dazu werden zumindest die größeren Städte eigenes Personal ihrer Meldestellen nach Kredenbach schicken.
Ausländerbehörde braucht Verstärkung
Danach sind die Ausländerbehörden von Kreis Siegen-Wittgenstein und Stadt Siegen gefragt. Die EU-Richtlinie für den „massenhaften Zustrom“ von Vertriebenen – eine Regelung aus den Balkan-Kriegen – ist in Kraft gesetzt worden; die Geflüchteten dürfen bis zu drei Jahren bleiben, ohne dass sie ein Asylverfahren anstrengen müssen. Die Behörde muss die Betroffenen allerdings „erkennungsdienstlich behandeln“, erklärt Dezernent Thiemo Rosenthal, mit biometrischem Foto, Fingerabdrücken und mehr: „Ein recht aufwändiges Verfahren.“ Im Zwei-Schicht-Betrieb wird der Kreis dafür zunächst acht Kräfte einsetzen. Die Personalsuche läuft, die Stellen sind am Wochenende ausgeschrieben worden.
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Gesundheit: Corona, Masern, Tuberkulose – Vorbeugung in Kredenbach
Drittes großes Thema für das Ankommenszentrum ist die Gesundheitsvorsorge. Da ist vor allem die wirksame Corona-Schutzimpfung, die viele Geflüchtete noch nicht haben, und da sind die Schutzimpfungen für Kinder gegen Masern, Mumps und Röteln; die Masern-Impfung ist Bedingung für die Aufnahme in Schule oder Kindergarten. „Wir hoffen, dass wir viele Leistungen fremdvergeben können“, also vor allem an niedergelassene Ärzte, sagt der Gesundheitsdezernent – schließlich wird die Kapazität des Gesundheitsamts nach wie vor durch die Bewältigung der Pandemie beansprucht. Im ehemaligen Krankenhaus geblieben sind die Ärzte: Die Diakonie Südwestfalen betreibt dort ein Medizinisches Versorgungszentrum, die Kreuztaler Familydocs haben dort eine Praxis eröffnet, und es gibt eine nuklearmedizinische Praxis – das zahlt sich jetzt aus: Am Röntgengerät für die Untersuchung auf die in der Ukraine noch verbreitete Tuberkulose wird das Ankommen nicht scheitern.
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Die Kosten der Einrichtungen in Kredenbach trägt zunächst der Kreis. Der wird sich das Geld von den Städten und Gemeinden wiederholen, deren Aufgaben dort erfüllt werden – entweder über eine vertragliche Regelung oder über die Kreisumlage. Bund und Land hätten finanzielle Unterstützung zugesagt, weiß Dezernent Thiemo Rosenthal: „Wie die aussehen wird, ist unbekannt.“
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